Meuthen: Höchstens 20 Prozent sind beim „Flügel“ – AfD-Chef will für Parteivorsitz kandidieren
Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen schätzt, dass knapp jedes fünfte Mitglied seiner Partei dem rechtsnationalen „Flügel“ von Björn Höcke zugerechnet werden kann.
„Diejenigen, die sich explizit dem „Flügel“ zugehörig fühlen, das sind wahrscheinlich nicht einmal 20 Prozent der Mitglieder. Aber das ist nur ein grober Richtwert“, sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Wenn man diejenigen mitzählt, die mit dieser Strömung der Partei sympathisieren, dann sind wir vielleicht bei 30 Prozent.
Stark sei der „Flügel“ vor allem in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, sagte Meuthen. Im Westen sei die Anhängerschaft generell kleiner, „aber da wäre Baden-Württemberg wohl vorne“.
„Flügel“ lose organisiert
Der „Flügel“ kennt keine formale Mitgliedschaft. Die Strömung war 2015 vom Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke gegründet worden.
Zu ihren prägenden Persönlichkeiten zählen zudem der Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz und der Landtagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider.
Der Verfassungsschutz stuft den „Flügel“ als Verdachtsfall für rechtsextremistische Bestrebungen ein. Für die Gesamtpartei gilt das nicht. Nach einem Treffen des „Flügels“ am 6. Juli schlugen die Wogen in der Partei hoch.
Mehr als 100 Funktionäre und Mandatsträger der AfD veröffentlichten einen Appell, in dem sie den „exzessiv zur Schau gestellten Personenkult um Björn Höcke“ monierten sowie Höckes „spaltende Kritik am Bundesvorstand und den Schiedsgerichten der AfD“.
Sondersitzung zum Flügel-Streit fällt aus
Meuthen gehört zwar nicht zu den Unterzeichnern, hat sich aber mit dem Anliegen der Initiatoren solidarisiert. Um den Streit aufzuarbeiten, war ursprünglich für diesen Donnerstag eine Sondersitzung des Parteivorstandes zum Thema „Flügel“ angesetzt. Dass darauf nun verzichtet wird, findet Meuthen richtig.
Die Situation hat sich durch innerparteiliche Gespräche schon entspannt – das Feuer ist bereits unter Kontrolle.
Damit bezog er sich auf eine Erklärung von Kalbitz und Höcke am 16. Juli an. Darin heißt es, „unbenommen sparsamer sachlicher Kritik“ stehe der „Flügel“ hinter dem amtierenden Bundesvorstand und seinen beiden Vorsitzenden.
Auf die Frage nach den aktuell wichtigsten politischen Gegnern der AfD antwortete Meuthen:
Das ist ein reiches Feld. Da können wir zuerst über alle Grünen sprechen. Wir können über die Sozialdemokraten und die Linke sprechen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer stünden für einen Politik-Entwurf, der auch die CDU „zu unserem Gegner macht“.
Da von der Leyen „massiv linke Positionen“ vertrete, könne er sich auch nicht darüber freuen, dass nun eine Deutsche Kommissionspräsidentin sei.
Meuthen will für Parteivorsitz kandidieren
Meuthen will auf einem Parteitag Ende November erneut für den Parteivorsitz kandidieren. Dass ihm das wegen der Parteispenden-Affäre misslingen könnte, glaubt er nicht. „Ich habe nicht mehr als eine Unachtsamkeit begangen“, sagte der AfD-Vorsitzende.
Er hätte damals genauer hinschauen sollen, „allerdings wäre ich in hundert Jahren nicht auf die Idee gekommen, dass hieraus ein Parteispenden-Zusammenhang konstruiert werden kann“.
Meuthen hat 2016 im baden-württembergischen Landtagswahlkampf von der Schweizer Werbeagentur Goal AG Unterstützungsleistungen im Gegenwert von 89 800 Euro erhalten.
Motto „Wende 2.0“
Zu den im Herbst anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen tritt die AfD mit dem Motto „Wende 2.0“ an. Der Blick der Partei und ihrer Anhänger auf die DDR ist ambivalent.
„In den östlichen Landesverbänden, da sieht man, was man gewonnen hat durch die Wende. Aber man sieht ein Stück weit auch, was verloren ging“, beschrieb Meuthen die Stimmungslage.
Da sei einerseits die Empfindung, man habe soziale Sicherheit verloren. Der Zorn auf die Treuhand sei immer noch sehr präsent „und zum Teil auch nachvollziehbar“.
Dass es regionale Unterschiede in den Wahlprogrammen gebe, sei grundsätzlich legitim, findet Meuthen.
Wenn die Menschen im Osten eine hohe Präferenz für staatliche Angebote haben, dann wird man mit Konzepten, die eher freiheitlich sind, zum Beispiel nach dem Vorbild der Schweiz, dort nicht so erfolgreich sein können.
Ein ursprünglich für September geplanter „Sozialparteitag“, bei dem sich die AfD auf ein Konzept zur Sicherung der Rente einigen wollte, war abgesagt worden. (dpa)
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