Merz wirft Ampel „finanzpolitische Trickserei“ vor und fordert von Scholz die Vertrauensfrage

Fünf Euro pro Tonne mehr für die CO2-Steuer, dafür weniger Geld für den Klima- und Transformationsfonds und ein wenig Kreativität in Sachen Schuldenbremse – das sind die Kernpunkte des neuen Bundeshaushalts 2024. Im Bundestag gab's dafür reichlich Kritik.
Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hofft im Januar auf die Vertrauensfrage.
Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hofft im Januar auf die Vertrauensfrage.Foto: Bildschirmfoto/YouTube/Deutscher Bundestag
Von 13. Dezember 2023

Nach seiner Regierungserklärung zu den Haushaltsberatungen für das Jahr 2024, zum bevorstehenden Treffen des Europäischen Rats und zur Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 13. Dezember einigen Widerspruch im Plenarsaal einstecken müssen.

Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) warf der Regierung einen „Formelkompromiss“ und „finanzpolitische Trickserei“ vor. Davon abgesehen sei das „Asylpaket“ der Ampel „krachend gescheitert“, so Merz: Teile der Ampelkoalition seien nicht einmal bereit, 600 zusätzliche Abschiebungen mitzutragen. Dabei sei Deutschland schon jetzt „an der Leistungsgrenze angekommen“.

Er schlug dem Kanzler vor, das am 6. November mit allen Ministerpräsidenten geschnürte „Asylpaket“ noch einmal als „Gesetzgebungspaket“ im Januar vorzulegen und diesen Schritt mit der Vertrauensfrage zu verbinden: „Wenn Sie das nicht machen, wird das nächste Jahr genauso chaotisch beginnen, wie das Jahr 2023 zu Ende geht“, prophezeite Merz. Das veranlasste die SPD-Vorsitzende Saskia Esken wenig später zum Konter: Friedrich Merz‘ Wunsch nach einem Bruch der Koalition und Neuwahlen sei gescheitert (Video auf „YouTube“).

Dobrindt: „Selbsthilfegruppe mit Gedächtnislücke“

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von „Haushaltstricksereien“ und warf Scholz Führungsschwäche vor. Die Regierung der vergangenen Wochen erinnere ihn an eine „Selbsthilfegruppe mit Gedächtnislücke“. Die Zusage, keine Steuererhöhungen auszusprechen, sei nicht gelungen.

Insgesamt sei die Ampel nicht die „Lösung des Haushaltsproblems“, sondern „das Haushaltschaos per se“. Immerhin hätten sich sowohl die SPD als auch die Grünen auf ihren jüngsten Parteitagen gegen die Schuldenbremse ausgesprochen. Doch dafür werde die Ampel nie die Zustimmung der Unionsfraktion erhalten.

AfD fordert „Wohlstandspolitik im Sinne der Bürger“

Tino Chrupalla, der Co-Bundessprecher der AfD, kritisierte die Ampel dafür, „offenen Auges in die Sackgasse“ zu gehen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) führe einen „grünen Wirtschaftskrieg“, den er nicht gewinnen werde: Die russische Wirtschaft steige, die deutsche Wirtschaft dagegen schrumpfe. „Industrieverbände warnen vor Deindustrialisierung“, gab Chrupalla zu bedenken, „uns wurden dafür ‚Verschwörungstheorien‘ vorgeworfen“. Deutschland brauche nun „endlich eine Wohlstandspolitik im Sinne der Bürger“.

Chrupallas Parteikollege Harald Weil hob auf die hohen Kosten ab, die jeder deutsche Steuerzahler zu begleichen habe, nämlich 240 Euro netto im Jahr für die EU, mindestens 600 Euro für die Migration und 3.600 Euro für die Sanktionen gegen Russland. Zudem stünden 130 Milliarden Kosten für den Ukraine-Beitritt zur EU im Raum.

Taurus-Flugkörper an die Ukraine liefern – ja oder nein?

Johannes Vogel, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, und die beiden grünen Abgeordneten Robin Wagener und Anton Hofreiter stärkten der Regierung im Grundsatz den Rücken, verlangten allerdings, der Ukraine endlich auch Taurus-Marschflugkörper zu schicken. Auch der CDU-Abgeordnete Gunter Krichbaum schloss sich dieser Forderung an.

Für einen möglichst schnellen Waffenstillstand vor Ort machte sich dagegen Gregor Gysi (Linke) stark. Der fraktionslose MdB Robert Farle lobte den Kanzler dafür, dass er bislang keine Taurus-Flugkörper geliefert habe. Er sehe eine künftige Ukraine ohnehin lieber in einer „Mittlerrolle zwischen der EU und Russland“.

Ampelspitzen stellen Haushaltsplan 2024 vor

Nach wochenlangem Ringen hatten die drei Spitzenvertreter der Ampelkoalition kurz zuvor ihre Änderungsvorschläge für den Bundeshaushalt 2024 im Kanzleramt vorgestellt.

Auch mit dem neuen Etat solle der „klimaneutrale Umbau“ Deutschlands „kraftvoll“ vorangetrieben, der soziale Zusammenhalt gestärkt und die Ukraine „in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland“ weiter unterstützt werden, stellte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gleich zu Beginn der Präsentation klar: „Die Regierung hält an ihren Zielen fest“ (Video auf „YouTube“).

CO₂-Steuer mit fünf Euro Aufschlag

Um das 17-Milliarden-Euro-Loch im Bundeshaushalt zu stopfen, sollen Benzin, Diesel und Gas noch teurer werden als ursprünglich geplant: Die Steuer für eine Tonne CO₂ soll ab Januar 45,00 statt 40,00 Euro betragen.

Die Bürgerinnen und Bürger würden damit nicht überlastet, denn man würde ja lediglich „auf den Preispfad der Großen Koalition zurückkehren“, erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) unter Verweis auf die CO₂-Steuerpolitik der Vorgängerregierung. Diese hätte ab 2024 ebenfalls 45,00 Euro verlangt. Die „Ampel“ wollte den derzeitigen CO₂-Preis von 30,00 Euro ursprünglich lediglich um zehn Euro erhöhen. „Diese Koalition ist handlungs- und einigungsfähig, auch bei sehr schwierigen Aufgaben“, sagte Lindner. Zu der Tatsache, dass er stets versprochen hatte, Steuererhöhungen zu vermeiden, äußerte sich der Finanzminister nicht.

Der Preis für die Tonne Kohlendioxid klettert mit dem neuen Jahr also um 15,00 Euro. Nach Angaben des Nachrichtenportals „NiUS“ könnte das erhoffte Einnahmeplus damit von „rund 10,9 Milliarden Euro“ auf beinahe 17 Milliarden steigen. Außerdem solle eine „Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge“ kommen.

Kürzungen und Einsparungen

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November seien auch weitere „Kürzungen und Einsparungen“ nötig geworden, erklärte Kanzler Scholz. Nun sollten „klimaschädliche Subventionen“ abgeschafft, die „Ausgaben einzelner Ressorts etwas“ abgesenkt und Bundeszuschüsse verringert werden (Video auf „YouTube“).

Die Kürzung „klimaschädlicher Subventionen“ soll nach Angaben von Finanzminister Lindner drei Milliarden Euro bringen. Dazu gehöre die bereits im Koalitionsvertrag anvisierte „Plastikabgabe“.

Weitere 1,5 Milliarden Euro sparen wolle man, indem man ukrainische Kriegsflüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriere. Dem gegenüber stünden allerdings acht Milliarden für Waffenlieferungen an Kiew, „voraussichtlich“ sechs Milliarden für die Versorgung ukrainischer Asylsuchender auf deutschem Boden und Finanzhilfen in nicht näher spezifizierter Höhe für den ukrainischen Staatshaushalt.

Die Unterstützung der Ukraine stemmen wir aus dem Regelhaushalt, so wie wir es geplant haben und vor allem so lange wie nötig“, so Olaf Scholz.

Zwölf Milliarden Euro weniger als ursprünglich geplant wolle man 2024 für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) ausgeben, sagte Scholz. Bis 2027 sollen sich die Kürzungen auf 45 Milliarden summieren. Nach den Worten des Kanzlers bleibe er mit einem „Gesamtvolumen von 160 Milliarden Euro“ dennoch „das zentrale Instrument des Bundes für den klimaneutralen Umbau unseres Landes“.

Im KTF soll es nach Aussage von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zudem Umschichtungen geben, um das Budget für die Bahn nicht kürzen zu müssen. Die Kosten für die Bahn sollten ab 2024 nämlich anders finanziert werden als bisher geplant. Einzelheiten nannte er nicht, betonte aber, dass es sich nicht um eine Einsparmaßnahme handele.

15 Milliarden Entlastung bei Lohn- und Einkommensteuer

Finanzminister Lindner ergänzte, dass er beispielsweise „Privatisierungserlöse von nicht benötigten Bundesbeteiligungen teilweise“ nutzen wolle, „um die Bahn zu stärken“. Es werde ab 2024 zudem Entlastungen in Höhe von 15 Milliarden Euro „bei der Lohn- und Einkommensteuer“ und „drei Milliarden Stromsteuersenkung“ geben. Für das „voll weiter im Haushaltsplan“ vorgesehene Wachstumschancengesetz erbat er die Beteiligung der Unionsfraktion. In keinem Fall werde es eine „Reduzierung von sozialen Standards geben“, legte sich Lindner fest. „Durch mehr Treffsicherheit bei Sozialleistungen“ hoffe er allerdings auf eine Ausgabensenkung von 1,5 Milliarden Euro.

Wirtschaftsminister Habeck erklärte, dass er selbst und die Ministerien für Bauen und Verkehr allerdings bestimmte Sparmaßnahmen akzeptiert hätten. Auch das Arbeitsministerium trage seinen Teil bei, ergänzte Lindner.

Habeck kündigte an, die „Umweltprämie“ für E-Automobile früher als gedacht auslaufen zu lassen und beispielsweise bei der Solarindustrie zu kürzen. „Das tut mir weh, aber das ist der Preis dafür, dass die zentralen Bestandteile, die Säulen des KTFs, erhalten bleiben“, sagte Habeck. Gemeint seien „der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft“, „die Dekarbonisierung der Industrie“, außerdem „Bürgerprogramme, die Beibehaltung der EEG-Umlage […] oder auch die Förderung im BEG, also die Förderung der Wärmewende“.

Schuldenbremse nicht in Stein gemeißelt

Für den Fall, dass es zu einer Verschärfung der Lage der Ukraine im Krieg gegen Russland kommen sollte, will sich die Regierung offenbar eine Aufhebung der Schuldenbremse vorbehalten. Dann stehe ein „Überschreitungsbeschluss“ aufgrund einer Notsituation gemäß Artikel 115, Absatz 2 GG im Raum.

Einen solchen Beschluss wolle die Regierung definitiv auf den Weg bringen, um 2024 rechtssicher 2,7 Milliarden Euro für die Bewältigung der Ahrtal-Katastrophe ausgeben zu dürfen, erklärte Scholz. Dieses Vorhaben bedürfe allerdings ebenfalls noch der Prüfung und der Zustimmung der „größten Oppositionspartei“, also der Union.

Die aktuellen Vereinbarungen sollten nun so schnell wie möglich im Kabinett beschlossen werden, kündigte Scholz an. Danach solle das Papier vom „Haushaltsgesetzgeber“ verabschiedet werden. Einen exakten Zeitplan nannte der Kanzler nicht.

BVerfG-Urteil brachte Ampel in Geldnot

Hintergrund der ganzen Haushaltsdebatte ist die schwere Krise, mit der sich die „Ampel“ nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. November beschäftigen muss.

Das BVerfG hatte entschieden, dass es grundgesetzwidrig sei, übrig gebliebene Milliardenbeträge aus dem Corona-Sonderfonds nachträglich für klimapolitische Maßnahmen zu verwenden. Das „Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021“ (2. NHG 2021) sei somit nichtig. Das höchste deutsche Gericht war damit einer Klage der Unionsfraktion im Bundestag gefolgt (Az: 2 BvF 1/22).



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