Merz weicht aus: Kommt nach der Wahl die Mehrwertsteuererhöhung?

Im letzten TV-Duell vor der Bundestagswahl des TV-Senders der „Welt“ haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) unter anderem über die Mehrwertsteuer diskutiert.
Scholz sprach sich für eine Senkung der indirekten Steuer aus. „Zunächst mal möchte ich, dass wir im Supermarkt, in den Lebensmittelgeschäften die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel reduzieren“, sagte er. „Das ist, wenn man sehr viel Geld verdient, nicht viel. Aber wenn man sehr wenig Geld hat und sehr genau rechnen muss, ist das eine Unterstützung für die täglichen Einkäufe.“
Merz schloss dagegen auf Nachfrage von „Bild“-Chefredakteurin Marion Horn eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht aus. „Ich möchte die Mehrwertsteuer nicht erhöhen. Ich glaube, das wäre auch der falsche Weg“, sagte er. Und weiter: „Wissen Sie, wir werden möglicherweise auch Koalitionsverhandlungen zu führen haben.“ Hat sich Merz hier eine Hintertür offen gelassen? Bei manchem Beobachter werden Erinnerungen an 2005 wach.
2005: 2 Prozent gefordert – 3 Prozent bekommen
Damals hatte die Union unter ihrer damaligen Kanzlerkandidatin Angela Merkel im Wahlkampf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte angekündigt. Die SPD unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder lehnte damals die von ihr so bezeichnete „Merkel-Steuer“ ab und betonte, dass es mit der SPD keine Erhöhung gäbe. Nach der Wahl bildeten Union und SPD in der Großen Koalition eine Regierung: Die Mehrwertsteuer stieg nicht, wie von der Union angekündigt, um zwei Punkte, sondern um drei. Der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) musste die Mehrwertsteuererhöhung in seinem Haus umsetzen. Olaf Scholz betonte deshalb im Duell, dass sich das Desaster von damals nicht wiederholen dürfe.
Nach Äußerungen der Kanzlerkandidaten im TV-Duell warnt die FDP vor einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nach der Bundestagswahl. „Plötzlich hält sich die CDU die Hintertür für Steuererhöhungen offen“, kritisierte Fraktionschef Christian Dürr. Dabei sei das Leben für die Menschen durch die Inflation schon deutlich teurer geworden. „Jetzt ausgerechnet die Mehrwertsteuer anzuheben, wäre ein Schlag ins Gesicht für die hart arbeitende Mitte und für Beschäftigte mit kleinen Einkommen, die es ohnehin schon schwer haben“, sagte Dürr der „Deutschen Presse-Agentur“.
Dürr sagte auch, damit blinke Merz schon vor der Bundestagswahl steuerpolitisch nach links. „Mit der FDP wird es das nicht geben“, betonte er. Es ist allerdings noch vollkommen offen, ob die FDP überhaupt in den Bundestag kommt und damit für eine Koalition infrage käme. Umfragen sehen sie aktuell bei 4 bis 5 Prozent.
Anhebung Mehrwertsteuer auf 20 Prozent
Ökonomen hatten schon vor Wochen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ins Spiel gebracht. Anfang Januar hatte das ifo-Institut in München eine grundlegende Reform des deutschen Steuer- und Abgabensystems vorgeschlagen. Unter anderem forderten die Forscher einen Anstieg des Mehrwertsteuersatzes von 19 auf 20 Prozent.
Die Argumente dafür: Durch die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes sollen Spielräume geschaffen werden, um Steuern an anderer Stelle zu senken, Arbeitsanreize zu erhöhen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhöhen. „Wenn direkte Steuerlasten auf Einkommen und Unternehmensgewinne reduziert werden sollen, muss die Politik dafür im Haushalt Spielräume schaffen“, heißt es in der ifo-Studie.
Das Bundesfinanzministerium schätzt, dass eine Erhöhung des regulären Mehrwertsteuersatzes um einen Prozentpunkt dem Staat zusätzliche Einnahmen in Höhe von 15,9 Milliarden Euro pro Jahr bringen würde. Sollte auch der ermäßigte Satz von derzeit 7 auf 8 Prozent angehoben werden, könnten Bund, Länder und Kommunen mit weiteren 3,5 Milliarden Euro jährlich rechnen. Diese Zahlen sind in der aktuellen Ausgabe der Datensammlung zur Steuerpolitik aufgeführt.
Auch das Institut für Weltwirtschaft in Kiel sieht eine Anhebung der Mehrwertsteuer laut „Welt“ positiv, insbesondere angesichts der nachlassenden internationalen Wettbewerbsfähigkeit. „Der Vorschlag geht in die richtige Richtung“, erklärte Jens Boysen-Hogrefe, stellvertretender Leiter der Konjunkturabteilung. Ein Austausch hoher Einkommen- und Unternehmenssteuern gegen eine höhere Umsatzsteuer könnte dazu beitragen, den Rückgang der Gewinne in der deutschen Exportindustrie abzumildern.
Ähnliche Einschätzungen gibt es beim Institut der deutschen Wirtschaft. Auch dort wird erwartet, dass eine solche Steuerreform die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands stärkt. „Eine Verlagerung der Steuerlast von der Einkommensteuer hin zur Umsatzsteuer wäre sinnvoll, um die Arbeitsanreize zu verbessern und das Wirtschaftswachstum zu fördern“, sagte Tobias Hentze, Leiter des Bereichs Steuern und soziale Sicherung gegenüber „Welt“.
CDU-Generalsekretär Linnemann mit klarer Ansage
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann versuchte am Donnerstagvormittag, das Thema Mehrwertsteuererhöhung im Nachrichtensender „Welt TV“ wieder einzufangen. Es sei „schon verrückt“, wenn man Merz bei der Mehrwertsteuerdiskussion Pläne für eine Steuererhöhung unterstelle, obwohl er für 100 Milliarden Steuerentlastung stehe. „Jetzt Steuererhöhung? Nein. Sie können doch in dieser Phase keine Steuererhöhungen machen. Das hat Friedrich Merz klar gesagt, er möchte das nicht“, so Linnemann. „Da sind wir sehr klar. Steht ja auch im Wahlprogramm, dass wir jetzt die Steuern nicht erhöhen.“ Das gelte nicht nur für die Mehrwertsteuer, sondern ganz allgemein, betonte Linnemann.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion