Köln vor Besuch im Ausnahmezustand – Proteste laufen an – Erneutes Treffen von Merkel und Erdogan am Vormittag

Erdogan fliegt gegen Mittag weiter nach Köln, wo er am Nachmittag an der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee teilnehmen will. Eine geplante Veranstaltung vor der Moschee, zu der Tausende Anhänger Erdogans erwartet wurden, wurde aus Sicherheitsgründen untersagt. Die Ditib hatte 48 Stunden vorher noch keine Planung für die Außenveranstaltung vorgelegt.
Epoch Times29. September 2018

Kurz vor dem Eintreffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln haben dort die ersten Proteste gegen den Staatsbesuch begonnen. Im rechtsrheinischen Stadtteil Deutz versammelten sich am Samstagvormittag mehrere hundert Demonstranten eines Kölner Bündnisses gegen den Erdogan-Besuch, wie ein AFP-Reporter berichtete. Zu den Teilnehmern an der Demonstration zählten auch viele Kurden. Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie „Stoppt die Erdogan-Diktatur“ und „Erdogan – go home“.

Insgesamt werden zu der Demo mehrere tausend Teilnehmer erwartet. Später soll es auch eine Protestversammlung von Aleviten geben. Erdogan selbst wird am Nachmittag in Köln erwartet. Er will dort in Köln-Ehrenfeld die neue Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union Ditib eröffnen.

Die Kölner Polizei ist auf einen Großeinsatz vorbereitet und mit mehr als 3000 Beamten im Einsatz. Bei den beiden Großdemonstrationen werden insgesamt mindestens 10.000 Teilnehmer erwartet.

Niemand wird in die Nähe der Moschee kommen

Die Polizei hat wichtige Straßen und das Gebiet an der Zentralmoschee abgesperrt. Die Stadt warnte erneut davor, ohne Einladung zur Moschee zu kommen. Die Lage war am Samstagvormittag noch ruhig, wie die Polizei mitteilte. Auch an der Deutzer Werft, wo linke und kurdische Erdogan-Gegner am Vormittag eine große Kundgebung geplant haben, war anfangs nur wenig Andrang. Insgesamt sind in Köln mehrere Tausend Polizisten im Einsatz. Es herrscht die höchste Sicherheitsstufe.

Niemand wird auch nur in die Nähe der Moschee kommen“, betonte die Stadt am Samstagmorgen. „Ein Einlass ist nur mit einer Einladung möglich.“

Die türkische Islam-Organisation Ditib hatte auf Facebook zu der Veranstaltung an der Moschee eingeladen und mit bis zu 25 000 Besuchern gerechnet. Die Kölner Behörden hatten dafür ein ausreichendes Sicherheitskonzept verlangt, etwa zu Sanitätern und Fluchtmöglichkeiten – nach eigenen Angaben vergeblich.

Ditib reagierte mit Unverständnis. „Mit Bedauern entgegnet DITIB dieser Verfügung und kann die Begründungen nicht nachvollziehen“, hieß es in einer auf Facebook verbreiteten Mitteilung. Der Verband werde der Anweisung aber folgen – „gemäß unseres Respektes gegenüber dem Recht“.

Nach Angaben der Polizei war die Ursache für die Absage der Außenveranstaltungen, dass das Sicherheitskonzept der Ditib für die Veranstaltung in und vor der Moschee sowie im inneren Grüngürtel zwischen Venloer Strasse und Vogelsanger Strasse nicht vorlag. Die Ditib wurde aufgefordert, das Konzept bis Freitag morgen bei der Stadt Köln vorzulegen. 48 Stunden vor dem Staatsbesuch in Köln konnte die Einsatzplanung deswegen noch nicht abgeschlossen werden.

Das Programm des türkischen Präsidenten in Köln war kurz vor Beginn seines Besuchs nochmal umgeworfen worden. Für das Treffen mit Laschet, das ursprünglich auf Schloss Wahn stattfinden sollte, musste eilig ein neuer Ort gefunden werden, weil die Schlossbesitzer einen Empfang Erdogans aus politischer Überzeugung abgelehnt hatten. Nun soll es auf dem militärischen Teil des Flughafens stattfinden.

Laschet hat bereits deutlich gemacht, dass er kritische Themen wie die Pressefreiheit in der Türkei und die Lage der dort inhaftierten Deutschen ansprechen will. Auch die Ditib forderte er auf, sich zurückzuhalten: „Grundsätzlich muss Ditib sich wieder auf die theologische, seelsorgerische Arbeit konzentrieren, nicht Politik machen“, sagte der CDU-Politiker der „taz am Wochenende“. „Nicht Gülen-Leute beobachten oder für die Besetzung von Syrien beten. Da ist eine Grenze überschritten“, sagte Laschet.

Keiner vom Bund und der Stadt Köln geht zur Moschee-Eröffnung

Die türkische Führung macht die Bewegung um den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Laschet kommt nicht zur Moschee-Eröffnung, auch der Bund und die Stadt Köln werden nicht vertreten sein.

Die Kölner Zentralmoschee der Türkisch Islamischen Union Ditib – sie ist der Religionsbehörde Diyanet in Ankara direkt unterstellt – wird schon seit einiger Zeit genutzt. Die offizielle Eröffnung hatte sich nach Streit der Ditib mit Architekten und einem Bauunternehmen aber immer wieder verzögert. Der größte Dachverband in Deutschland steht unter anderem wegen seiner großen Nähe zu Erdogan, Spitzelaffären einiger Ditib-Imame und zunehmender Abschottung unter Druck.

Die Eröffnung der Moschee durch Erdogan ist hoch umstritten. Lamya Kaddor vom Liberal-Islamischen Bund sagte im Vorfeld: „Das ist eine fatale Botschaft an die Mehrheitsgesellschaft, aber auch an die Muslime als religiöse Minderheit.“

Diese sei sehr bunt, theologisch und politisch unterschiedlich eingestellt und sehe sich nur zu einem kleineren Teil von Erdogan repräsentiert.

Erneutes Treffen von Merkel und Erdogan

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kam am letzten Tag seines Staatsbesuchs in Deutschland erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Im Zeichen des eher frostigen Vortags trafen sich sich am Samstagvormittag zu einem Frühstück im Kanzleramt. Zuvor hatte es kaum Anzeichen für eine Wiederannäherung im deutsch-türkischen Verhältnis gegeben, selbst beim Staatsbankett am Vorabend wurden die Differenzen überdeutlich.

Erdogan fliegt gegen Mittag weiter nach Köln, wo er am Nachmittag an der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee teilnehmen will. Eine geplante Veranstaltung vor der Moschee, zu der Tausende Anhänger Erdogans erwartet wurden, wurde aus Sicherheitsgründen untersagt. Die Zeremonie soll nun nur mit geladenen Gästen stattfinden. Zuvor ist am Flughafen Köln/Bonn noch ein Gespräch Erdogans mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) geplant. Es sind mehrere Kundgebungen angemeldet.

Zum Auftakt des Staatsbesuchs hatte es am Freitag kaum Anzeichen für eine Wiederannäherung im deutsch-türkischen Verhältnis gegeben. Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnten die Einhaltung der Pressefreiheit und der Menschenrechte an. Merkel sprach nach einem Treffen mit Erdogan von weiterhin „tiefgreifenden Differenzen“. Der türkische Präsident wies deutsche Vorwürfe am Abend bei einem Staatsbankett nochmals in aller Deutlichkeit zurück. (dpa/afp)

 

 



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