Merkel ruft zum Schutz des Grundgesetzes auf – Politiker fordern Ergänzungen

Das Grundgesetz ist keine Selbstverständlichkeit – für die frühere Kanzlerin Angela Merkel. Auch „die, die nach uns kommen“ sollten noch „das Glück des Grundgesetzes haben“. Politiker der im Bundestag vertretenen Parteien wünschen sich Veränderungen und Ergänzungen.
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Die frühere deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ehemaliger Bundeskanzler Gerhard Schröder (r.) während eines Staatsaktes vor dem Kanzleramt zur Feier des 75-jährigen Bestehens des Grundgesetzes am 23. Mai 2024 in Berlin, Deutschland.Foto: Christian Marquatdt - Pool/Getty Images
Epoch Times23. Mai 2024

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zum Schutz des Grundgesetzes aufgerufen. „Ich hatte in meiner Kindheit nicht damit gerechnet, dass ich auch an diesem Grundgesetz mit beteiligt sein kann und es leben darf“, sagte sie dem ARD-Hauptstadtstudio am Rande des Staatsakts zu 75 Jahre Grundgesetz am Donnerstag.

Ich stimme dem zu, was heute auch der Bundespräsident gesagt hat: Wir müssen es schützen.“

Das Grundgesetz sei keine Selbstverständlichkeit. „Und deshalb schaue ich heute fröhlich auf diesen Tag – aber eben auch entschieden, dafür zu kämpfen, dass die, die nach uns kommen, auch noch das Glück des Grundgesetzes haben“, so Merkel.

Die jüngsten Vorfälle von Gewalt gegen Wahlkämpfer und Lokalpolitiker vor der Europawahl bezeichnete sie als ein besonders großes Problem.

„Denn unser Land lebt ja natürlich von der Kommunalpolitik, von den Menschen vor Ort, die sich engagieren“, sagte die ehemalige Kanzlerin. „Und wenn die Angst haben müssen um sich und ihre Familien und nicht so viel Schutz wie vielleicht ich oder andere genießen, dann ist das ein großes Problem. Und deshalb müssen wir gemeinsam wehrhaft sein.“

Das Grundgesetz, das 1949 in der Nachkriegszeit in Westdeutschland verabschiedet wurde, ist die moderne deutsche Version einer Verfassung und dient als rechtliche Grundlage für das politische System und die Garantie der grundlegenden individuellen Rechte und Freiheiten.

Politiker fordern Ergänzungen

Politiker der im Bundestag vertretenen Parteien wünschen sich Veränderungen und Ergänzungen. „Wir sollten Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen. Eine Verankerung im Grundgesetz würde sicherstellen, dass bei allen staatlichen Maßnahmen und Entscheidungen die Interessen von Kindern vorrangig berücksichtigt werden“, sagte der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, dem „Spiegel“.

Der Vizefraktionschef der FDP im Bundestag, Konstantin Kuhle, forderte ein „Update in Sachen Zivil- und Katastrophenschutz“. Der Koalitionsvertrag sehe etwa vor, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit einer sogenannten Zentralstellenfunktion auszustatten.

„Hierfür müsste eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Artikel 73 des Grundgesetzes eingefügt werden“, sagte Kuhle dem Nachrichtenmagazin.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, Till Steffen, wünschte sich eine noch klarere Erwähnung des Klimaschutzes in der Verfassung. Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes, in dem sich die wichtigen Grundprinzipien fänden, sollte nach Ansicht Steffens ergänzt werden. „Er sollte lauten: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer, sozialer und ökologischer Bundesstaat“, sagte Steffen.

Direktwahl des Bundespräsidenten

Der Jurist und frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler plädierte für eine Direktwahl des Bundespräsidenten und eine Volksabstimmung bei der Übertragung von Hoheitsrechten an zwischenstaatliche Institutionen. Auch will er die Stellung der Abgeordneten im Bundestag stärken.

So sollte „die Ausübung eines Fraktionszwangs untersagt“ werden und „Zuwiderhandlungen“ die Abstimmung ungültig machen. Die Abgeordneten sollten im Bundestag künftig auch nicht mehr „nach Fraktionszugehörigkeit, sondern nach alphabetischer Reihenfolge Platz nehmen“, regte Gauweiler als Ergänzung des Artikels 42 an.

Martina Renner, Bundestagsabgeordnete der Linken, erinnerte im „Spiegel“ an den „dezidiert antifaschistischen“ Charakter des Grundgesetzes. „Es war die Erfahrung des Faschismus, die den Hintergrund der Formulierung bildet. Dieses Erbe gilt es immer wieder neu zu verteidigen“, sagte die Linken-Politikerin und verwies die grundgesetzliche Möglichkeit eines Parteienverbots, wenn die Demokratie in Gefahr sei.

„Ein solches Verbot könnte das Bundesverfassungsgericht gegen die AfD verhängen“, so Renner. „Einiges spricht dafür, dass dies nicht im Konflikt mit dem Grundgesetz stünde, sondern eben seinem antifaschistischen Auftrag gerecht werden würde.“ (dts/red)



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