Merkel rät in Corona-Krise: „Lieber eine Sekunde länger in die Augen schauen und lächeln“
Bundesliga-Fußball vor leeren Rängen, abgesagte Konzerte und Messen, die tiefe Löcher in die Kassen von Hotels und Gastronomie reißen. Allmählich stürzt Deutschland mehr und mehr in die Corona-Krise. Zur Entwicklung im Land informierten am heutigen Mittwoch um 11.30 Uhr Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Gesundheitsminister Spahn (CDU) und der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, in einer gemeinsamen Pressekonferenz.
„Das Virus ist angelangt, es ist da“, sagte Merkel. Es gäbe keine Therapie und keinen Impfstoff. Um politisch zu handeln, sind die Behörden von dem abhängig, worüber Wissenschaftler informieren. Wöchentlich sei zu sehen, dass die Einschätzungen immer „klarer“ werde.
Gefährdete Menschen müssen geschützt werden
Derzeit liege keine Immunität der Bevölkerung vor. Dies bedeute, dass voraussichtlich 60 bis 70 Prozent der Deutschen infiziert werden, so Merkel. Aus diesem Grund seien besonders Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen zu schützen. Das Gesundheitssystem dürfe nicht überlastet werden.
Mit Maßnahmen solle nun erreicht werden, dass Infektionen verzögert und das Virus eingedämmt werde. Es gehe darum, Zeit zu gewinnen, so Merkel. Wichtig sei, dass alle Behörden, Feuerwehr, Polizei und medizinisches Personal in der Corona-Krise gut arbeiten können. Und auch die Wirtschaft müsse aufrechterhalten werden. Das zentrale Problem sei nicht, ob ein Fußballspiel vor Publikum stattfinde oder nicht.
Kein Exportverbot, sondern nur Einschränkungen
Eine enge Abstimmung zum Vorgehen soll innerhalb der EU stattfinden. Renommierte Virologen stünden dabei beratend zur Seite. Es ginge nicht darum, sich innerhalb der EU voneinander abzuschotten. Im europäischen Rat habe Merkel erklärt, dass es kein Exportverbot für Schutzausrüstungen im Kampf gegen das Corona-Virus gebe, sondern Exportbeschränkungen. Es ginge nicht darum, nichts mehr zu exportieren, sondern die Maßnahmen müssten „in die richtigen Hände“ gelangen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ergänzte, dass nicht „der Bargeldkoffer“ darüber entscheiden dürfe, wohin die Atemschutzmasken gingen. Zudem sollten die Atemschutzmasken dem Pflegepersonal vorbehalten bleiben.
Da das Virus nicht spurlos an der Wirtschaft vorübergehe, sollen Hotels, Veranstaltern und Betrieben Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Dazu diene letztlich auch das Kurzarbeitergeld. Liquiditätshilfen sollen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verfügung gestellt werden.
In der morgigen Ministerpräsidentenkonferenz soll ein gemeinsam abgestimmtes Handeln koordiniert werden.
Spahn: Gesundheitssystem muss aufrechterhalten werden
Das oberste Ziel sei, das Virus einzudämmen und die Ansteckungszeit zu verlängern, um das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten, sagte Spahn. Je weniger Menschen sich gleichzeitig anstecken, desto besser könne das medizinische Personal die Patienten behandeln. Schließlich seien die Symptome nicht neu. Bei intensivmedizinischer Pflege mit 28.000 Intensivbetten stehe Deutschland zwar gut da. Allerdings stünden diese Betten derzeit auch nicht leer.
Aus diesem Grund habe sich das Ministerium auch dafür entschieden, Großveranstaltungen abzusagen. Spahn zeigte sich dankbar dafür, dass verschiedene Bundesländer mit polizeilichen Verfügungen gestern seiner Empfehlung gefolgt sind. Das bedeute aber nicht, dass alle Veranstaltungen unter 1.000 Teilnehmer stattfinden sollten. „Ich weiß, dass beim Fußball vielen Fans das Herz blutet.“ Spahn appellierte an die Rücksicht auf die älteren und gefährdeten Bürger. Er rät dringend davon ab, einfach weiter zu machen wie bisher. Es ginge darum, dass alle „auf ein Stück Alltag verzichten“, um andere und sich selbst zu schützen – zum Wohle der Gesellschaft.
Besonders appellierte er an die jüngeren Menschen. Ein 20-Jähriger dürfe nicht denken, dass ihn das Virus nichts angehe. Spätestens wenn er mit der Familie oder Älteren Kontakt habe, müsse besondere Vorsicht walten.
Spahn hob das Arbeiten im Homeoffice hervor, das seien „kluge Entscheidungen“. „Gesundheit rangiert vor ökonomischen Fragen“, aber das Zusammenleben müsse trotz Virus weitergehen – mit einer Balance aus Verzicht und einem normalen Alltag. Verhindern könne man die Ausbreitung des Virus ohnehin nicht. Es sei denn, man säße alleine auf einer Insel und lasse niemanden rauf, so Spahn.
RKI will Infektionen verzögern
Aus wissenschaftlicher Sicht betonte RKI-Chef Lothar Wieler, dass das Institut seit dem 6. Januar dabei sei, die Situation zu analysieren. Aus diesem Grunde könne eine Einschätzung gegeben werden, wie sich das Virus ausbreitet. 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung würden sich mit dem Coronavirus infizieren. Unklar sei die Geschwindigkeit und der Zeitraum. Je länger dies dauere, desto besser sei es. Bis dahin könnten dann auch Therapeutika und Impfstoffe entwickelt werden. Ein Virus verbreite sich nicht wie eine Welle, so Wieler.
Im Gegensatz zu Italien hätten sich die Ärzte in Deutschland bereits frühzeitig darauf verständigt, Menschen auf das Virus zu testen. So konnte man bereits in früher Phase „in die Epidemie hineinschauen“. Natürlich werde es auch in Deutschland schwere Krankheitsverläufe und mehr Todesfälle geben, so Wieler.
Um das Virus einzudämmen, tauscht sich das RKI mit anderen Wissenschaftlern aus. So können Empfehlungen ständig angepasst werden. Dieser Prozess könne noch Monate oder Jahre dauern.
Ansteckung vermeiden
Am besten sei es, dass man besonders Gefährdete gar nicht erst einer Infektionsgefahr aussetze, sagte Wieler. Aus diesem Grunde soll es in Zukunft weitere Empfehlungen geben, die derzeit abgestimmt werden.
Die Krankenhäuser müssten sich zudem bereits jetzt darauf vorbereiten, dass es in Zukunft noch mehr Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen und Lungenentzündungen geben wird. Diese müssten intensivmedizinisch behandelt werden. „Wir sind am Anfang einer Epidemie“, so Wieler.
Um unnötigen Kontakt zu vermeiden, könne man das Begrüßungsritual einfach anpassen, auch wenn es weit verbreitet ist, dass man sich die Hände schüttelt. Merkel hatte dafür eine einfache Lösung: „Lieber eine Sekunde länger in die Augen schauen und lächeln.“
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