Vor dem Besuch in der Türkei: Merkel äußert „Sorge“ über Entwicklungen in der Türkei

Merkel wies den Vorwurf zurück, dass sie sich mit dem Flüchtlingsabkommen in eine einseitige Abhängigkeit von der Türkei begeben habe.
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Angela Merkel vor einer Flagge der TürkeiFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times22. Mai 2016

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich vor ihrem Besuch in der Türkei besorgt über die Zustände dort geäußert und die Regierung zu Änderungen gemahnt. "Natürlich bereiten uns einige Entwicklungen in der Türkei große Sorgen", sagt sie in einem Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.). Merkel monierte, dass "der Prozess der Annäherung und Aussöhnung mit den Kurden im letzten Jahr abgebrochen" sei.

Die PKK sei auch aus deutscher Sicht eine terroristische Vereinigung, bekräftigte die Kanzlerin, sagte aber weiter: "Wir wollen, dass die kurdische Bevölkerung ihren gleichberechtigten Platz und eine gute Zukunft in der Türkei hat." Die vom türkischen Parlament beschlossene Aufhebung der Immunität von Abgeordneten sei "mit schwerwiegenden Folgen" für kurdische Politiker verbunden, das erfülle sie "mit großer Sorge".

Merkel kündigte an, dass sie mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Montag über "alle wichtigen Fragen" sprechen werde. Merkel wies den Vorwurf zurück, dass sie sich mit dem Flüchtlingsabkommen in eine einseitige Abhängigkeit von der Türkei begeben habe. "Es gibt natürlich wechselseitige Abhängigkeiten, Sie können es auch einfach die Notwendigkeit zum Interessenausgleich nennen", sagte sie der F.A.S.

Ausgleich heiße nicht völlige Übereinstimmung mit der Politik eines Landes. Sie äußerte grundsätzlich: "Wir werden deshalb immer auch Kritisches in der Entwicklung eines Landes ansprechen, und zwar öffentlich wie nichtöffentlich." Merkel nannte den Interessenausgleich mit der Türkei fair. Es liege auch nicht im Interesse der Türkei, "wenn entlang ihrer Küste eine der größten Menschenschmuggelaktivitäten stattfindet, die man sich vorstellen kann".

Die Kanzlerin äußerte sich gegenüber der F.A.S. erstmals zum jüngsten Streit zwischen Ankara und Brüssel über die Aufhebung der Visumpflicht für Türken. Die 2013 vereinbarten Bedingungen müssten zuvor erfüllt werden, sagte sie. Und weiter: "Das betrifft nun mal die Standards in der Türkei und erfordert dort Änderungen."

Änderungen am Anti-Terror-Gesetz, wie die EU sie fordert, hatte der türkische Präsident kürzlich abgelehnt. Merkel sagte dazu: "Ich konzentriere mich darauf, genau zu beobachten, wie die Türkei mit ihren Zusagen umgeht. Bis jetzt setzt sie sie verlässlich um, und natürlich werde ich mit dem türkischen Präsidenten über den Stand der Dinge sprechen."

Der Ablauf der Reise nach Istanbul

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist heute zu einem Kurzbesuch nach Istanbul. Am Abend will sich Merkel mit Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft treffen.

Ob Mitglieder der pro-kurdischen HDP, andere kurdische Organisationen oder regierungskritische Journalisten dabei sein werden, war zuletzt noch offen.

Am Montag nimmt die Kanzlerin am ersten Nothilfegipfel der Vereinten Nationen (UN) teil, bei dem sie auch eine Rede halten will. Bei dem Gipfel geht es unter anderem um eine bessere Koordinierung der Hilfe für die 125 Millionen Menschen, die laut UN derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Voraussichtlich am frühen Montagnachmittag wird die Kanzlerin mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über das vom Scheitern bedrohte Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei sprechen. Erdogan lehnt eine von der EU als Bedingung verlangte Änderung der türkischen Terrorgesetze ab. Nach dem Willen der EU soll die Türkei die weit gefasste Definition von Terrorismus umgestalten, damit die Gesetze tatsächlich der Verfolgung von Terroristen dienen – und nicht gegen politische Gegner wie die Kurden oder unliebsame Journalisten missbraucht werden können.

(dts Nachrichtenagentur / dpa)



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