Mehr sauer als süß
Die Verstimmung Chinas über das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Dalai Lama im Kanzleramt hält offenbar unvermindert an. Letzte Woche war der deutsch-chinesiche Rechtsstaatsdialog in München geplatzt, nun soll das traditionelle Frühstück des chinesischen Außenministers mit seinem deutschen Kollegen während der laufenden UN-Woche in New York nicht stattfinden. Angeblich wegen „terminlicher Gründe“, wie das Auswärtige Amt am Montag in Berlin mitteilte.
Außenamtssprecher Martin Jäger ließ die Frage nach einem direkten Zusammenhang der Frühstücksabsage mit dem Empfang des Dalai Lama am vergangenen Sonntag offen. Merkels Amt nahm unterdessen Kontakt zur chinesischen Botschaft in Berlin auf, um die Irritationen auszuräumen. Ihr außenpolitischer Berater Christoph Heusgen habe Botschafter Ma Canrong dargelegt, dass es keine Änderung der deutschen Chinapolitik gebe und dass der Dalai Lama sich für einen friedlichen Weg zur religiösen und kulturellen Autonomie des tibetischen Volkes einsetze, sagte Regierungssprecher Thomas Steg.
Merkels Gespräch mit dem Dalai Lama sei eine „Selbstverständlichkeit“ gewesen. „Solche Gespräche müssen möglich sein“, sagte Steg. Man gehe davon aus, dass der Botschafter Heusgens Erklärungen aufmerksam aufgenommen habe und dass die Führung in Peking davon erfahre.
Koch „verwundert“ über den Umgang Chinas mit dem Dalai Lama
Hessens Ministerpräsident Roland Koch sagte der Epoch Times, er habe gegenüber seinen chinesischen Gesprächspartnern schon im Juli dieses Jahres seine „Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht, wie sehr die Religionsfreiheit eingeschränkt ist und wie mit dem Dalai Lama umgegangen wird.“ Dazu gehöre auch, dass Bilder Seiner Heiligkeit in China nicht öffentlich gezeigt werden dürften. Er habe daher an einen offenen Dialog mit dem Dalai Lama appelliert. „Dazu muss in Peking aber zunächst eine politische Entscheidung getroffen werden,“ erklärte Koch weiter. „Dafür ist wiederum nicht ewig Zeit, sondern es muss noch zu Lebzeiten des jetzigen Dalai Lama geschehen. Meine Gespräche in Peking fanden jedenfalls in einem offenen Dialog statt. Ich konnte meine Anliegen offen vortragen,“ schloss der CDU-Politiker.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hob hervor, dass Deutschland die demokratische Entwicklung in China unterstützen müsse. Im rbb-Inforadio sagte der SPD-Politiker: „China ist eine der großen Zukunftsmächte der Welt.“ Es müsse jedoch die Freiheit geben, „mit jedem zu reden, mit dem man anständigerweise reden wolle“. Dennoch unterstütze Deutschland keine Separationsbestrebungen Tibets. „Wir sind an dieser Stelle angemessen politisch zurückhaltend“, sagte Thierse.
Grünen-Chefin Claudia Roth nannte den Empfang „ein wichtiges Signal“. Wichtig sei es jedoch auch, die Achtung der Menschenrechte in China selbst voranzutreiben. Dabei habe auch die deutsche Wirtschaft eine Verantwortung. Sie müsse etwa auf gute soziale Standards achten.
Eine Kultur, die vor allem Ruhe, Frieden und Weisheit ausstrahlt
Koch fasziniert an Tibet auch das Land mit seiner Jahrhunderte alten Kultur, die „zutiefst geprägt ist von der tibetischen Form des Buddhismus, dem Lamaismus. Es ist eine Kultur, die vor allem Ruhe, Frieden und Weisheit ausstrahlt.“ Vor allem wünsche er sich, dass die tibetische Kultur im Ganzen noch sehr, sehr lange fortbestehe und dass sie in ihrem ganzen Umfang vom tibetischen Volk ohne Einschränkungen gelebt werden dürfe,“ sagte Koch. Ebenso erhoffe er sich, „dass die chinesische Führung anerkennt, dass der Dalai Lama im Westen – insbesondere in Deutschland – als religiöser Führer ein anerkannter Gesprächspartner ist. Ich wünsche mir, dass das dazu beiträgt, dass auch die Politik in Peking eines nicht allzu fernen Tages direkte Gespräche mit ihm aufnehmen wird.“
(ap/jel)
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