Mehr Hacker-Angriffe auf kritische Infrastruktur gemeldet
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat einem Medienbericht zufolge eine deutliche Zunahme von Hacker-Angriffen auf Betreiber kritischer Infrastrukturen registriert.
In der zweiten Jahreshälfte 2018 habe das BSI von 157 solchen Attacken erfahren, davon 19 auf das Stromnetz, berichtete die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf bislang unveröffentlichte Zahlen. Im vorherigen Berichtszeitraum (01.06.2017 bis 31.05.2018) erreichten das BSI nach eigenen Angaben 145 Meldungen, im entsprechenden Zeitraum davor waren es 34.
Auch der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz teilt die Einschätzung, die Qualität der Angriffe habe sich verändert: „Früher handelte es sich bei den Hackerattacken auf die kritische Infrastruktur vor allem um Spionageangriffe. Nun gibt es immer häufiger Sabotageangriffe.“
Viele Cyber-Attacken werden nicht gemeldet
Bei den Behörden vermutet man, dass die tatsächliche Zahl der Hackerangriffe auf die Infrastruktur noch sehr viel höher liege. Es gebe eine „entsprechende Dunkelziffer“, so das BSI. Den Sicherheitsbehörden zufolge halten viele Versorger Cyber-Attacken geheim, weil sie Imageschäden vermuten.
„Wir müssen davon ausgehen, zahlreiche Angriffe bislang überhaupt nicht zu sehen“, sagte auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz. Die meisten Angriffe finden somit unbemerkt von der Öffentlichkeit statt, etwa solche auf mittelgroße Versorger wie Stromverteilzentren und Stadtwerke.
In Deutschland werden zu den Betreibern kritischer Infrastrukturen Organisationen und Einrichtungen aus den Bereichen Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen, Staat und Verwaltung sowie Medien und Kultur gezählt.
Online-Angriffe, die kritische Infrastruktur wie Kraftwerke lahmlegen, sind ein Schreckensszenario für einen Cyberkrieg. Beim BSI können Konzerne derartige Vorfälle melden – je nach Größe und Relevanz müssen sie dies auch.
Recherchen der „Welt am Sonntag“ ergaben, dass es in Deutschland bereits mehrmals Sabotageangriffe von Hackern gab, die spürbaren Schaden verursachten. Dass viele Cyber-Attacken nicht gemeldet würden, liegt nach Ansicht von Grünen-Politiker von Notz daran, dass die Aufsichtsbehörde BSI nicht unabhängig ist, sondern dem Bundesinnenministerium unterstellt ist. „Für ein funktionierendes Frühwarnsystem brauchen wir Vertrauen in die Unabhängigkeit des BSI“, sagte er.
Forderung nach einer zentralen Bundesbehörde zur Cyber-Sicherheit
Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), forderte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Die Stromversorgung als Herzschlag der digitalen Gesellschaft muss im Interesse der nationalen Sicherheit auch Teil der deutschen Cyber-Sicherheitsarchitektur werden.“
Eine zentrale Bundeszuständigkeit zur Cyber-Sicherheit sei notwendig, um mit schlanken Strukturen und kurzen Entscheidungswegen frühzeitig auf Cyber-Bedrohungen aller Art zu reagieren. Die Stadtwerke und Netzbetreiber müssten dabei einbezogen sein.
Die Bundesregierung will mit einer neuen Agentur für Cybersicherheit den Schutz vor Angriffen im Internet stärken. Angesiedelt werden soll sie in der Region Halle-Leipzig. (dpa)
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