Mehr Gewalt, mehr Kriminalität, mehr unerlaubte Einreisen nach Deutschland

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Bericht der Bundespolizei für 2023 vorgelegt. 790.245 registrierte Straftaten bedeuten einen Höchststand seit 2012. Geplant: 1.000 zusätzliche Stellen bei der Bundespolizei und rund 310 Millionen Euro mehr Geld ab dem kommenden Jahr.
Die stationären Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze gibt es seit Mitte Oktober 2023. (Archivbild)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Montag in Rostock den Jahresbericht für 2023 der Bundespolizei vorgestellt.Foto: Patrick Pleul/dpa
Von 19. August 2024

Die Zahl der Treffer der Bundespolizei bei Personen-Fahndungen ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Das geht aus dem Jahresbericht der Bundespolizei 2023 hervor, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundespolizeipräsident Dieter Romann am Montag, 19. August 2024, in Rostock vorgestellt haben.

Zahl der unerlaubten Einreisen um 39 Prozent gestiegen

Demnach lag die Trefferzahl bei 235.529. Das ist laut Innenministerium der höchste Wert der vergangenen elf Jahre. 21.766 Haftbefehle konnten vollstreckt werden, auch das seien so viele wie noch nie. Das Straftatenaufkommen lag insgesamt bei 790.245 – das bedeutet den höchsten Wert seit 2012 und eine Steigerung um 12,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zur Verfolgung schwerer und organisierter Kriminalität führte die Bundespolizei im Jahr 2023 insgesamt 55 Ermittlungsverfahren, davon allein 52 Verfahren im Deliktsfeld der Schleusungskriminalität, was erneut eine Steigerung darstellt.

Auch im vergangenen Jahr bestimmte die irreguläre Migrationslage den Alltag der Bundespolizei. Die Zahlen im Bereich der unerlaubten Einreisen und der Schleusungskriminalität seien weiter hoch, so Faeser. Besonders stark gestiegen sind die Straftaten, die sich auf das Aufenthaltsrecht beziehen. Hier lag die Zahl bei 389.331 (plus 38,8 Prozent im Jahresvergleich).

Deutlich gestiegen ist auch die Zahl der unerlaubten Einreisen nach Deutschland. Sie erreichte mit 127.549 im vergangenen Jahr den höchsten Wert seit 2016. Gegenüber 2022 stieg die Zahl um 39 Prozent. Die meisten Fälle (32.893) registrierten die Beamten an der Landgrenze zu Polen, 28.099 an der Grenze zu Österreich, 18.539 zur Schweiz und 16.700 zu Tschechien. An den anderen deutschen Landgrenzen lagen die Zahlen jeweils unter 10.000. Auf dem Luftweg gab es knapp 14.000 registrierte illegale Einreisen.

Bei der Rückführung vollziehbar ausreisepflichtiger Personen hat die Bundespolizei auch im Jahr 2023 Unterstützung geleistet. 2023 konnten 21.206 Rückführungen vollzogen werden. Das ist eine Steigerung im Vergleich zu 2022, damals waren es 18.094.

Grenzschutz bleibt Kernaufgabe der Bundespolizei

Faeser sagte bei der Vorstellung des Berichts, dass die Bundespolizei „ein Garant für die Sicherheit der Menschen in Deutschland“ bleibe. Deshalb stärke man die Bundespolizei im kommenden Jahr unter anderem mit zusätzlichen 1.000 Stellen. Dazu gibt es auch mehr Geld aus dem Bundeshaushalt. Der Regierungsentwurf für den Etat sehe für 2025 zusätzlich 310 Millionen Euro vor. Ab 2026 stünden dann dauerhaft zusätzliche 312 Millionen Euro zur Verfügung, führte die SPD-Politikerin aus. „Damit stellen wir sicher, dass die Bundespolizei ihre hochprofessionelle Arbeit angesichts neuer Herausforderungen auch in Zukunft gut leisten kann“, sagte sie.

Romann verwies derweil darauf, dass der Grenzschutz eine der Kernaufgaben der Bundespolizei bleibe. „Aber wir schließen keine Grenzen, wir kontrollieren an den Grenzen“, fügte er hinzu. „Wir schränken dabei weder die Freizügigkeit noch den freien Warenverkehr ein.“

Auch bei Sexualdelikten (plus 14,9 Prozent), Taschen- und Gepäckdiebstählen (plus 16,4 Prozent) sowie Gewaltdelikten (plus 10,6 Prozent) wurden starke Anstiege verzeichnet. Mehr als die Hälfte aller Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei – nämlich rund 425.000 – wurden in Zügen, Bahnhöfen oder anderen Anlagen der Bahn begangen.

„Wie bereits in den letzten Jahren sind insbesondere die Großstadtbahnhöfe von Gewaltdelikten betroffen“, heißt es in dem Bericht. „Dennoch werden zunehmend auch schwerste Delikte in kleinstädtischen oder ländlichen Gebieten sowie in Zügen festgestellt.“

Rekordwert bei Angriffen auf Beamte

Einen Rekordwert seit Beginn der Erfassung im Jahre 2001 gibt es außerdem bei Angriffen auf Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei. Dem Bericht zufolge gab es insgesamt 2.979 Attacken im Dienst. 792 Beamte erlitten dabei Verletzungen, davon allein 145 beim Einsatz im Januar 2023 Lützerath, wo Menschen gegen den Braunkohletagebau protestierten.

Fußtritte, Faustschläge, Anspucken, Bisse sowie Kopf- und Körperstöße stehen laut Bilanz ganz oben. Jeder siebte Angriff gehe aber auch mit dem Einsatz von Gegenständen einher. Flaschen, Steine und „Dinge des täglichen Gebrauchs“ kamen dabei am häufigsten zum Einsatz.

In 22 Fällen wurden Bundespolizeiangehörige mit Schusswaffen bedroht, wozu auch Attrappen und Schreckschusswaffen zählen. Die häufigsten Angriffe gab es während der alltäglichen Aufgabenwahrnehmung der Bundespolizei, überwiegend bei Streifengängen, kriminalpolizeilichen Ermittlungen oder der Begleitung von Rückführungen.

Auch bei Veranstaltungen und Fußballeinsätzen kam es laut Jahresbericht 2023 zu Attacken. Insgesamt wurden 291 Bundespolizistinnen und -polizisten beim Einsatz zur Unterstützung der Polizeien verschiedener Bundesländer angegriffen.

In der Hälfte aller Fälle waren Alkohol und Drogen im Spiel

Fast die Hälfte der 2.979 Täterinnen oder Täter (49 Prozent) standen teils unter erheblichem Alkohol- oder Drogeneinfluss. Sie waren im Durchschnitt 33 Jahre alt und zu 78 Prozent männlich. Annähernd die Hälfte stand unter zum Teil erheblichem Alkohol- und/oder Drogeneinfluss (49 Prozent). 60 Prozent waren bereits polizeilich in Erscheinung getreten. Bei annähernd einem Viertel von ihnen (24 Prozent) handelte es sich um Mehrfach- oder Intensivtäterinnen oder -täter. 49 Prozent der ermittelten Angreifer besaßen die deutsche Staatsangehörigkeit.

Verbotene Gegenstände im Gepäck sammelte Kontrollpersonal privater Dienstleister, das im Auftrag der Bundespolizei tätig ist, in großen Mengen auf Flughäfen ein. 41,5 Millionen Fluggäste wurden Kontrollen unterzogen. Dabei kassierte das Sicherheitspersonal 571.745 gefährliche oder nach dem Luftsicherheitsgesetz verbotene Gegenstände ein. Das waren 33,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Kontinuierlich gestiegen ist auch die Zahl der Gewaltdelikte auf Bahnhöfen. Wie aus dem Bericht ebenfalls hervorgeht, registrierten Beamte im vergangenen Jahr 25.640 Delikte (2022: 23.110). Dies ist ein Anstieg von elf Prozent – im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 sind es gar 42 Prozent mehr. Zwar seien vorwiegend Bahnhöfe in Großstädten betroffen, heißt es in dem Bericht. Doch seien auch zunehmend Gewaltdelikte in Kleinstädten oder ländlichen Regionen festzustellen.

(Mit Text von Agenturen)

 

 



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