Neuer Traditionserlass: Von der Leyen gibt Bundeswehr neues Traditionsverständnis vor

Die Bundeswehr hat einen neuen Traditionserlass: Er gibt vor, dass die Soldaten bei der Suche nach Vorbildern den Blick künftig vor allem auf die mehr als 60 Jahre lange Geschichte der Bundeswehr richten sollen.
Titelbild
Symbolbild.Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Epoch Times28. März 2018

Als roter Faden zieht sich durch den neuen Traditionserlass der Bundeswehr die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Vergangenheit. Besonders zur Wehrmacht grenzt sich die Bundeswehr in dem elfseitigen Dokument deutlich und mehrfach ab. Tradition sei die „bewusste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit“, heißt es zu Beginn des Erlasses.

Im vergangenen Jahr war innerhalb der Bundeswehr erneut heftig über ihren Umgang mit der Vergangenheit diskutiert worden. Auslöser war im April unter anderem die Festnahme von Oberleutnant Franco A., der einen rechtsradikal motivierten Anschlag geplant haben soll. Bei der Aufarbeitung des Falls wurden Wehrmachtsdevotionalien in Kasernen entdeckt.

Danach gelobte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) umfangreiche Reformen und eine Modernisierung des Selbstverständnisses der Streitkräfte – ein Schritt war die nun abgeschlossene Überarbeitung des Traditionserlasses. Der vorherige Erlass stammt aus dem Jahr 1982.

Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen“, heißt es darin bereits.

Im Jahr 1965 war die erste Fassung derartiger „Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundeswehr“ unterzeichnet worden. Bereits damals ging es darum, eine unkritische Anlehnung an die Vergangenheit zu unterbinden – denn die Bundeswehr war auch mit Hilfe vieler ehemaliger Wehrmachtssoldaten aufgebaut worden.

Auseinandersetzung mit Nationaler Volksarmee der DDR ebenfalls im Erlass

Neu ist der Ansatz des neuen Erlasses also nicht. Dennoch mahnt er besonders die Auseinandersetzung mit der Wehrmacht und erstmals auch der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR am bislang ausführlichsten an.

Grundsätzlich pflege die Bundeswehr keine Tradition von ‚Personen, Truppenverbänden und militärischen Institutionen der deutschen (Militär-)Geschichte, die nach heutigem Verständnis verbrecherisch, rassistisch oder menschenverachtend gehandelt haben‘, heißt es.

Die gesamte Geschichte deutscher Streitkräfte wird nachgezeichnet. Ausführlich begründen die Verfasser, warum die Wehrmacht absolut nicht „traditionswürdig“ ist; gleiches gelte für die NVA. Bei beiden Institutionen wurde aber eingeschränkt: Die Aufnahme einzelner Angehöriger „in das Traditionsgut der Bundeswehr“ sei nach einer Einzelfallbetrachtung und sorgfältigem Abwägen grundsätzlich möglich.

Absoluter ist die Formulierung in Bezug auf „historische Exponate“ wie Wehrmachtsdevotionalien. Diensträume dürfen – mit einigen wenigen Ausnahmen – grundsätzlich nicht mit solchen ausgeschmückt werden. Im vorherigen Traditionserlass stand bloß: „Die Art und Weise, in der wehrkundliche Exponate gezeigt werden, muss die Einordnung in einen geschichtlichen Zusammenhang erkennen lassen.“

Europahymne und Europafahne als Symbole der Bundeswehr aufgenommen

Nicht nur im Umgang mit der Vergangenheit schlägt der neue Traditionserlass einen anderen Ton an. Von der Leyen wies nach der Unterzeichnung am Mittwoch in Hannover darauf hin, dass der Erlass von 1982 viele aktuelle Entwicklungen noch gar nicht berücksichtigen konnte.

In einem Kapitel über Symbole und Zeichen der Bundeswehr finden sich zudem jetzt nicht mehr bloß die Nationalhymne und andere deutsche Symbole, sondern auch die Europahymne und die Europafahne – „als Bekenntnis zur europäischen Verteidigungsidentität“.

Neben der Unterzeichnung des Erlasses benannte die Ministerin zudem die Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover um. Sie trägt nun den Namen des in Afghanistan getöteten Feldjägers Tobias Lagenstein.

Die Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover, die nach einem General des Ersten Weltkrieges benannt wurde… Foto: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH/AFP/Getty Images)

… heißt nun Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne. Foto: HOLGER HOLLEMANN/AFP/Getty Images

(afp/dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion