Mehr als tausend Corona-Atteste gefälscht: Ärztin muss in Haft

Das Amtsgericht Dresden verurteilt Bianca W. wegen verschiedener Delikte. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre und zehn Monate Haft gefordert. Nach 16 Monaten U-Haft bleibt die Verurteilte auf freiem Fuß, bis das Urteil rechtskräftig ist.
Titelbild
Das Amtsgericht Dresden verurteilte die Ärztin Bianca W. unter anderem wegen des Ausstellens falscher Maskenatteste zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten.Foto: David Ebener/Archiv/dpa
Von 17. Juni 2024

Wegen mehr als 1.000 gefälschter Maskenatteste und Impfunfähigkeitsbescheinigungen sowie wegen Betrugs und Verstoß gegen das Waffengesetz hat das Amtsgericht Dresden am heutigen Montag, 17. Juni, die Ärztin Bianca W. zu einer Haftstrafe verurteilt.

Laut „Welt“ muss die 67-Jährige für zwei Jahre und acht Monate hinter Gitter. Das Gericht blieb damit hinter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von vier Jahren und zehn Monaten.

Richter lässt Saal räumen und unterbricht Verhandlung

Bei der Urteilsverkündung kam es demnach zu tumultartigen Szenen und Zwischenrufen von mehreren Dutzend Unterstützern der Ärztin, sodass der Vorsitzende Richter den Saal räumen ließ. Nach Angaben von „tag24“ verhängte der Richter als zusätzliche Strafe ein dreijähriges Berufsverbot.

Der Prozess begann im November vergangenen Jahres, in Untersuchungshaft saß die Ärztin bereits seit Februar 2023. Nun kommt sie aber zunächst frei. Der Richter setzte den Haftbefehl aus, bis das Urteil rechtskräftig ist. Die Freilassung ist an einige Auflagen geknüpft, unter anderem muss sich die Ärztin einmal pro Woche bei der Polizei in ihrem Heimatort Moritzburg melden.

Für die Staatsanwaltschaft galt es als erwiesen, dass die Ärztin in den Pandemiejahren 2021 und 2022 an fünf Sammelterminen im ganzen Bundesgebiet Atteste auf Bestellung ausfertigte. Laut „Sächsische Zeitung“ hatte sie dabei rund 50.000 Euro kassiert.

Die „Bild“ schrieb, dass sie in 1.003 Fällen Atteste geschrieben habe. Sie habe sie ohne Untersuchung an die Empfänger ausgegeben und für etwa je 30 Euro verkauft. Bei der Urteilsverkündung von Richter Jürgen Scheuring sei es dann zu der lautstarken Unterbrechung der gut 100 Sympathisanten der Ärztin gekommen.

Anhänger stimmen Nationalhymne an

Sie riefen unter anderem „Schämt Euch“ und „Freiheit“ und begannen die Nationalhymne zu singen. Darauf unterbrach der Richter die Verhandlung und ließ den Saal räumen. Nachdem sich die Situation wieder beruhigt hatte, durften die Zuschauer zur Verlesung der Urteilsbegründung zurück in den Saal.

Wie die „Sächsische Zeitung“ weiter vermeldete, war W., die im Dresden nahe gelegenen Moritzburg praktizierte, die Approbation bereits 2013 entzogen worden. Grund sei ihre Weigerung gewesen, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Zudem sei das Vorgehen der Aufsichtsbehörde auch eine Folge des „auffälligen Verhaltens“ der Frau. So habe sie gegenüber Behörden angegeben, sie werde „im Einwohnermeldeamt als zwangsinternierte Person geführt“. Ein Gerichtsvollzieher habe 2019 festgestellt, dass die heute 67-Jährige über keinerlei Einkünfte verfügt haben soll.

Das Nachrichtenportal „t-online“ schrieb unter Verweis auf Auskünfte der Staatsanwaltschaft Dresden, dass sich W. als Mitglied der „Reichsbürger“-Gruppe des „Indigenen Volkes der Germaniten“ bezeichnet habe.

LKA-Mitarbeiter mit Attest von W. im April freigesprochen

Das Amtsgericht Dresden sprach Ende April dieses Jahres einen Personenschützer des Landeskriminalamtes frei, der sich bei Bianca W. ein Maskenbefreiungsattest besorgt hatte. Das berichtete ebenfalls „tag24“. Demnach sei der Mann zu der Ärztin gefahren und sei mehr als 20 Minuten untersucht worden. Dabei habe Bianca W. unter anderem ein Bioresonanzgerät benutzt, das wissenschaftlich allerdings nicht anerkannt werde.

Das Attest habe er am 11. September 2020 erhalten, es aber erst Ende Oktober im Landeskriminalamt vorgelegt, weil sich Kollegen darüber beschwert hätten, dass er im Dienst keine Maske trage. Eine Untersuchung bei einem Polizeiarzt habe keine Gründe für eine Einschränkung ergeben.

Dennoch plädierte auch die Staatsanwaltschaft auf Freispruch. Sie begründete dies damit, dass sich der LKA-Mitarbeiter „über 20 Minuten“ habe untersuchen lassen. „Dem Angeklagten ist nicht nachzuweisen, ein Attest eingereicht zu haben, das nicht seinem Zustand entspricht“, so die Staatsanwältin.



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