Medikamenten-Lieferengpässe: Apotheker werfen Politik „Lippenbekenntnisse“ vor

Rund 500 Lieferengpässe verzeichnet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zum Auftakt der Herbst/Winter-Saison. Der Hessische Apothekerverband macht die Politik für die „unhaltbare Situation“ in den Apotheken verantwortlich.
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Nicht alle Medikamente sind derzeit in allen Apotheken erhältlich.Foto: bernardbodo/iStock
Von 28. September 2024

Lieferengpässe für Medikamente gehören in Deutschland schon seit einigen Jahren zum Alltag. Auch für die bevorstehende Herbst/Winter-Saison warnen Vertreter der Gesundheitsbranche.

„Jedes zweite Rezept ist von Lieferengpässen betroffen“, konstatiert der Apothekerverband Nordrhein in der „Welt am Sonntag“. „Wir gehen genauso schlecht vorbereitet in diesen Winter wie bereits in den vergangenen Jahren.“

Daran ändern auch das von der Bundesregierung im vergangenen Jahr verabschiedete Lieferengpassgesetz und andere Initiativen nichts. „Die Gesetze entfalten bislang keinerlei Wirkung“, kritisiert der Hessische Apothekerverband (HAV).

„Die Apotheken könnten wegen massiver Lieferengpässe und unzureichender politischer Maßnahmen nicht mehr in vollem Umfang ihrem hoheitlichen Auftrag nachkommen, die Menschen in Deutschland mit Arzneimitteln zu versorgen“, so Holger Seyfarth, HAV-Vorsitzender.

Die Versorgung bei lebenswichtigen Medikamenten sei in Gefahr, die Konsequenzen für die Patientenversorgung „gravierend“. Die Verantwortung „für diese unhaltbare Situation“ liege bei der Politik. Der Verband sprach von „Lippenbekenntnissen“; die Lage verschärfe sich zusehends.

Mehr als 1.500 Medikamente seien zumindest kurzfristig nicht lieferbar, berichtete das „Handelsblatt“. „Mittlerweile fehlt in fast jedem Anwendungsgebiet mindestens eine Dosierungsvariante“, so Seyfarth weiter.

Laut dem Verband Pro Generika, der Hersteller rezeptfreier Medikamente vertritt, wurden weder bei Kinderarzneimitteln noch bei Antibiotika Anreize für den Ausbau der Produktion geschaffen. Neben Antibiotika würden auch wichtige Asthmamittel fehlen.

„Welche Medikamente konkret und in welchem Ausmaß betroffen sind, ändert sich ständig und ist auch regional sehr unterschiedlich“, erklärte Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärzteverbandes.

Lieferengpässe für 500 Mittel

Aktuell verzeichnet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) insgesamt 498 Lieferengpässe (Stand 27.09.2024). Im Vorjahr lag die Anzahl mit 1.000 deutlich höher – allerdings beginnt die Erkältungssaison gerade.

Das Bundesgesundheitsministerium teilte mit, es gebe keine Versorgungsknappheit von Arzneimitteln, sondern sprach von „punktuellen Lieferengpässen in einem sehr komplexen Markt.“

Die Ursachen für die Lieferengpässe sind vielschichtig und liegen nach Auskunft der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) unter anderem in den Strukturen der stark globalisierten und spezialisierten Arzneimittelherstellung. Für manche Wirkstoffe gibt es nur noch wenige Hersteller weltweit. Produktionsausfälle oder Qualitätsprobleme in einer einzelnen Anlage können dann bereits ausreichen, die Arzneimittelversorgung der Patienten in Europa zu gefährden.

Wie das BfArM informiert, sind Apotheken im Rahmen einer Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen angehalten. Das Institut definiert Lieferengpässe als „eine über voraussichtlich zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung einer Auslieferung im üblichen Umfang oder eine deutlich vermehrte Nachfrage, der nicht angemessen nachgekommen werden kann“.

(Mit Material von dts)



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