Maskenbefreiung für ein Kind führt ins Räderwerk der Behörden
Der Spießrutenlauf beginnt für Lukas, als er ein Attest erhält, das ihn vom Tragen einer Gesichtsmaske befreit. Es ist das erste Corona-Jahr 2020. In vielen Ländern der Welt herrscht der Ausnahmezustand. Die Pandemie hat die Menschheit fest im Griff. Die Angst regiert allerorten. Lukas hat Probleme mit der Maske.
Er bekommt nicht genug Luft, ihm wird schwindlig, erzählt seine Mutter Martina (alle Namen geändert) im Gespräch mit Epoch Times. Die Kinderärztin stellt ein Attest für den damals Elfjährigen aus. Es wird das einzige von ihr bleiben, sie fürchtet um ihre Zulassung, gesteht sie der Mutter bei einem erneuten Termin. Martina sucht und findet einen anderen Arzt, da das Attest alle drei Monate erneuert werden muss.
Gedanken an Selbstmord
Für Lukas ist das Maskentragen unerträglich, doch das, was ihn nach der medizinisch begründeten Befreiung erwartet, haben weder er noch seine Eltern erwartet. In der Schule wird er ausgegrenzt, massiv verbal attackiert – von Mitschülern wie auch Lehrern. Er gilt als Gefährder, den man nun behandeln darf wie einen Aussätzigen.
Die Mitschüler merken schnell, dass sie so etwas wie einen Freibrief haben. Ihre Angriffe gegen den Jungen bleiben ohne Konsequenz, und so mobben sie Lukas bei jeder Gelegenheit. „Bring Dich doch um, Du bist es nicht wert zu leben“, rufen sie ihm auf dem Schulhof zu. Die Pöbeleien bleiben nicht ohne Folge.
Lukas zieht sich zurück, wird immer stiller, in die Schule mag er überhaupt nicht mehr gehen. Seine Mutter zieht die Reißleine. Sie meldet ihn krank, sucht das Gespräch mit der Schulleitung. Dort hat man kein Verständnis für die Probleme des Kindes. Martina meldet ihren Sohn an einer anderen Schule an, doch auch dort ist es keinen Deut besser.
Eines Tages entdeckt die Mutter am Hals ihres Sohnes einen Striemen. Sie beschleicht ein Verdacht, den sie auch nicht loswird, obwohl ihr Lukas versichert, dass die Wunde das Resultat einer Rangelei sei. Erst einige Tage später gesteht er ihr, dass er sich das Leben neben wollte. Auf dem Dachboden wollte er sich erhängen, ließ den Entschluss dann aber glücklicherweise wieder fallen.
Behörden drohen Mutter mit Haft
Für Martina ist das Maß nun voll. Sie meldet Lukas von der Schule ab und macht sich auf die Suche nach einer Alternative. Sie wird sich später für eine Online-Schule entschließen. Doch zuvor gerät sie in das Räderwerk der Behörden. Weil ihr Sohn Ende 2021 einige Wochen unentschuldigt in der Schule fehlt, soll sie nun 1.400 Euro Strafe zahlen. Es ist ein verworrenes Geflecht aus Vorwürfen, Schreiben mit Aktenzeichen, angeblichen Gerichtsurteilen, verschwundenen Schreiben und zahllosen Telefonaten. Weil sich Martina weigert zu zahlen, droht ihr nun sogar Erzwingungshaft.
Lukas Geschichte ist kein Einzelfall, viele ähnliche Schicksale sind Epoch Times bekannt. Und viele betroffene Eltern hadern mit dem Umstand, dass die in Deutschland gültige Schulpflicht wenig Spielräume lässt. In vielen Ländern ist das anders geregelt. So etwa in Österreich, wo es eine Unterrichtspflicht gibt. Nachfolgend kommen sowohl Befürworter der Schulpflicht als auch der Bildungspflicht zu Wort und stellen ihre Standpunkte vor.
Pro Schulpflicht
Dr. Karin Broszat, Landesvorsitzende des Realschullehrerverbandes Baden-Württemberg, sagt:
Das Recht auf Schule und die Schulpflicht sind zwei Seiten derselben Medaille. Die Schulpflicht und somit das Recht auf Schule gehören zu den größten Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft zum Wohle der Kinder. „Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung. Das öffentliche Schulwesen ist nach diesem Grundsatz zu gestalten.“ So steht es im Artikel 11 der Landesverfassung von Baden-Württemberg.
Schulpflicht als Schutz des Rechts auf Bildung
Dafür wurde eine Vielfalt von staatlichen und staatlich anerkannten privaten Schulen mit unterschiedlichen Schularten gegründet. Die Pflicht, Schulen zu besuchen, ist als Schutz dieses wichtigen Rechts auf Bildung zu verstehen, weil Eltern oder externe Personen und Gruppen die ,Berufung‘ der Kinder bis in Extreme divergierend, möglicherweise in missbräuchliche Richtungen sehen könnten. Es ist eine überflüssige, weil irreleitende Diskussion, wenn versucht wird, den Begriff der ,Schulpflicht‘ gegen den der ‚Bildungspflicht‘ auszuspielen oder unter bloßer Beibehaltung des Grundwortes ‚Pflicht‘ das Bestimmungswort neu priorisieren zu wollen.
Zentrale Bildungsziele
Bildungspflicht ist von jeher sinnhaft bereits untrennbar mit Schulpflicht verbunden. Es gibt einheitliche Fächerkanons und zentrale Bildungsziele, die Schüler auf vielen unterschiedlichen Wegen erreichen können. Leistung auf diesen Wegen – in jeglicher Hinsicht – kann von Kindern und Jugendlichen aber nur dann erwartet werden, wenn man sie als Gesellschaft auch vorgibt und vermittelt.
Schule ist aber noch mehr als ein Ort, an dem allgemeines und erweitertes Wissen vermittelt und soziales Miteinander gelebt wird. Schule ist insbesondere auch ein Schutzraum für Kinder und Jugendliche und ihre Entwicklung. Unsere freiheitliche Gesellschaft und gelebte Demokratie sind nur deshalb möglich, weil es Schulen gibt, die ausnahmslos allen Kindern die notwendigen Voraussetzungen zur Kommunikation und die Fähigkeiten zu Diskussion und Diskurs vermitteln. Das beinhaltet sowohl das Erlernen von Kulturtechniken sowie die Orientierung an kulturellen Normen und Werten.
Schwachstellen analysieren und beheben
Lehrkräfte werden in ihrem Studium darauf vorbereitet, diese komplexe Aufgabe für die unterschiedlichen Kinder zu übernehmen. Die Schulpflicht wird deswegen infrage gestellt, weil Eltern zunehmend und zu Recht Schwachstellen im staatlichen Schulsystem kritisieren. Die Schulpflicht wegen dieser Schwachstellen aufzugeben, ergibt keinen Sinn!
Hier schüttet man das Kind mit dem Bade aus. Das ideologisch motivierte politische Ausspielen von Elternhaus gegen Schule reißt lediglich vermehrt Gräben auf. Viel sinnvoller – und deswegen im schulpolitischen Alltag anstrengender – ist es, die eigentlichen Schwachstellen im staatlichen Schulsystem analysierend zu benennen und realistisch zu beheben.
Fehlentwicklungen eine Gefahr für die Gesellschaft
Schwachstellen und falsche Weichenstellungen sind: Vereinheitlichung der Schularten, sodass diese nicht mehr der Unterschiedlichkeit unserer Kinder gerecht werden können; Einsickern von politischen Einzelinteressen in das staatliche Schulwesen; Aufweichen und Nivellieren von Fächer- und Bildungskanons; Abkehr vom Leistungsgedanken usw. All die falschen Weichenstellungen und nachfolgend schulischen Fehlentwicklungen bergen eine große Gefahr für unsere Gesellschaft, für ihre ökonomische wie geistige Prosperität und damit schlussendlich ihren Zusammenhalt.
Contra Schulpflicht
Juliane Neumann, Sprecherin der Parlamentarischen Gruppe Bürger für Thüringen im Thüringer Landtag, erklärt:
Bildungspflicht statt Schulanwesenheitspflicht
Aus Sicht der parlamentarischen Gruppe „Bürger für Thüringen“ schränken die aktuellen Gesetze die Kinder und ihre Eltern in der Wahl eines geeigneten Bildungsweges stark ein. Die sogenannte Schulpräsenzpflicht legt fest, dass Schüler physisch am Unterricht im Schulgebäude teilnehmen müssen.
Bis zum Ende des zehnten Schuljahres kann man diese Pflicht gemäß Thüringer Schulgesetz nur aussetzen, wenn man ein Gutachten von Fachärzten oder Sonderpädagogen beim Schulamt vorlegt und dieses akzeptiert wird. Das Ruhen der Pflicht kann bis zu einem Jahr genehmigt werden. Werden die Voraussetzungen hierfür nicht mehr erfüllt, gilt wieder die Pflicht.
Corona-Maßnahmen prägten Schulalltag
Besonders in den vergangenen beiden Jahren wurde den Schulkindern und Eltern, aber auch den Lehrern und Pädagogen aufgrund der staatlich angeordneten Corona-Maßnahmen viel abverlangt. Stundenlanges Maskentragen, Sicherheitsabstände, ständiges Lüften, Corona-Tests, aber auch Schulausfälle und die Diffamierung der Ungeimpften prägten das Unterrichtsgeschehen.
Zwar wurde die Schulanwesenheitspflicht aufgrund von Corona vorübergehend ausgesetzt, jedoch gilt sie seit dem Schuljahr 2022/23 wieder in allen Bundesländern. Die Landtagsgruppe „Bürger für Thüringen“ hat deshalb die Petition „Etablierung informeller Bildungsmöglichkeiten für junge Menschen in Thüringen“, die im Namen der jungen Menschen eingereicht wurde, unterstützt. Das Ziel der Petition ist die Änderung des Thüringer Schulgesetzes, sodass die Kinder und Jugendlichen die Bildungsart nach ihren individuellen Stärken und Bedürfnissen wählen können.
Rechte der Kinder und Eltern stärken
Die gewünschte Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen würde die Rechte der Kinder und Eltern stärken. Die soziale Kompetenz der Kinder kann auch außerhalb des Schulgebäudes gefördert werden, beispielsweise durch Freundschaften, Familie und Vereine.
Nicht jedes Kind sammelt positive Erfahrung im Klassenraum. Aus diesem Grund sollten Kinder das Recht haben, auch alternative Bildungsformen, Digitalunterricht oder Online-Schulen wahrzunehmen. Der Lehrermangel und Unterrichtsausfall aufgrund von Krankheit stellen ein großes Problem für die Bildung im Freistaat dar.
Laut der Schulstatistik Thüringen sind von den 317.071 geplanten Unterrichtsstunden im vergangenen Schuljahr 2021/2022 an allgemeinbildenden Schulen mindestens 78.298 Unterrichtsstunden, also circa 25 Prozent ersatzlos ausgefallen.
Alternativen tolerieren
Was bringt also eine Schulpräsenzpflicht, wenn nur die Schüler aber kein Lehrer anwesend ist? Bildung sollte so ausfallfrei wie möglich erfolgen. Deshalb sind die oben genannten Bildungsalternativen neben dem bestehenden Präsenzunterricht zu tolerieren.
Anmerkung der Redaktion: Die Petition konnte bis zum 28. November 2022 von jedem unterzeichnet werden: von Erwachsenen, von Minderjährigen, von Bürgern aus Thüringen, aber auch allen anderen Bundesländern. Eine Anhörung im Thüringer Landtag erfolgt ab 1.500 Mitzeichnungen. Das Ziel ist erreicht, es haben 4.215 Menschen unterschrieben.
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