Markus Söder: „Ich möchte keine Berliner Verhältnisse im Freistaat Bayern, meine Damen und Herren“
Markus Söder hat gerade eine seiner Wahlkampfreden im Bierzelt in Anger im Berchtesgadener Land gehalten. Noch hat die heiße Phase des Wahlkampfes nicht begonnen. Das Bierzelt ist seine Arena, draußen, nahe bei den Leuten. Hier will der bayerische Ministerpräsident kämpfen bis zur Landtagswahl am 14. Oktober. Für die CSU und natürlich auch für sich.
Söder wird in den nächsten Wochen noch mächtig zulegen müssen: In einer neuen Forsa-Umfrage für RTL/n-tv liegt die Regierungspartei in Bayern nur noch bei 37 Prozent.
Dabei sehen mehr als ein Drittel der Wähler in Söder und der CSU das „größte Problem Bayerns“. Erst dahinter nennen die Befragten die Flüchtlinge (28 Prozent) und den angespannten Wohnungsmarkt (26 Prozent). Andere Umfragen taxierten die CSU zuletzt mit 38 Prozent auch nicht viel besser.
Markus Söder: Berlin?
Söder geht auf maximale Distanz zu Berlin. Er will nicht mit denen in einen Topf geworfen werden, die in den Augen vieler Bürger politisch nichts auf die Reihe bekommen. Bis auf Ausnahmen wie den konservativen CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der an diesem Dienstag in Nürnberg zu einer Wahlkampfveranstaltung eingeladen wurde, ist wenig Unterstützung aus Berlin vorgesehen.
Und das gilt offenbar auch für die Spitzenleute der CSU in Berlin. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der zwar respektiert, aber nicht sonderlich beliebt ist in der Partei, und Parteichef und Bundesinnenminister Horst Seehofer sind im Wahlkampf kaum eingeplant.
Ich möchte keine Berliner Verhältnisse im Freistaat Bayern, meine Damen und Herren“, erklärt Söder.
37 Prozent ist „der beste Wert, den eine Volkspartei in Europa überhaupt hat“
Sehr zum Leidwesen der CSU, die immer noch hofft, ihre absolute Mehrheit im bayerischen Landtag verteidigen zu können, tritt im Wahlkampf mehr und mehr die Koalitionsfrage in den Vordergrund. Mit den Freien Wählern allein reicht es derzeit nicht, sie liegen bei 7 bis 8 Prozent. Und ob die FDP die Fünf-Prozent-Hürde schafft, ist keineswegs sicher. Sollten Wähler tatsächlich mit Blick auf die Koalitionsfrage ihr Kreuzchen vergeben, könnte dies der CSU noch mehr schaden.
Was macht man in solch einer Situation? Man kann die Aussagekraft der Umfragen in Zweifel ziehen und auf frühere Fehlleistungen etwa im Saarland verweisen, wo bis zuletzt niemand von einem Sieg Annegret Kramp-Karrenbauers ausging, oder in NRW, wo Hannelore Kraft unerwartet von Armin Laschet abgelöst wurde, und dies auch noch mit einem denkbar schlechten CDU-Ergebnis. Oder man hofft auf die Unentschlossenen. 50 Prozent, so Prognosen, entscheiden sich erst kurzfristig vor dem Wahltag.
Oder man macht den Zerfall der politischen Strukturen national wie international verantwortlich. Die etablierten Parteien bekommen heftige Konkurrenz von wenig organisierten und auf eine Führungspersönlichkeit konzentrierten populistischen oder populären Bewegungen; siehe etwa Frankreich mit Emmanuel Macron und der „En Marche“-Bewegung.
Die Opposition gibt auch nicht viel her für den Wahlkampf, so dass man sich wenigstens mit einem veritablen Gegenkandidaten streiten könnte, wie zuletzt mit Christian Ude von der SPD. Doch die liegt bei 12 bis 13 Prozent. Die Grünen profitieren am meisten vom Umfragetief der CSU: Einer Online-Umfrage des Instituts Civey im Auftrag von „Augsburger Allgemeinen“ und „Spiegel online“ zufolge kommen sie auf 15 Prozent (Forsa: 17). Aber eine Koalition mit den Grünen kommt für die CSU wohl nicht in Frage.
Es sei noch nie so schwer gewesen, Volkspartei zu sein, wie heute, machte Söder im Sender n-tv deutlich. Selbst die große Koalition in Berlin würde derzeit nicht mehr auf 50 Prozent kommen. 37 Prozent seien „der beste Wert, den eine Volkspartei in Europa überhaupt hat“, argumentiert Söder.
Aber eigentlich ist es die AfD, die im bayerischen Wahlkampf wie ein Menetekel über der CSU schwebt. Sie liegt laut Forsa mit 13 Prozent auf Platz drei in Bayern, kam jedoch in den vergangenen Monaten auch nicht mehr nennenswert weiter. Aber solange das Thema Flüchtlinge weiter schwelt, ist auch das Thema AfD nicht erledigt.
Die großen Probleme würden nicht angepackt: Hauptthema Flüchtlinge
Die Unzufriedenheit mit der Politik ist generell sehr hoch. Die großen Probleme würden nicht angepackt – Hauptthema Flüchtlinge, heißt es.
Parallel zu Söders Bierzeltwahlkampf wird natürlich auch in den sozialen Medien und an der Haustür für die CSU geworben. Und hier geben die CSU-Haustürwahlkämpfer unumwunden zu, ihre größte Angst bestehe darin, dass ein AfD-Wähler die Tür aufmache – oder Fragen nach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kämen. (dpa)
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