Maaßen wird Parteigründer: WerteUnion will bereits im Herbst in drei Landtage

Auf der Mitgliederversammlung der WerteUnion in Erfurt haben die Stimmberechtigten dem Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen das Mandat zur Parteigründung erteilt. Bereits im Herbst will man in drei ostdeutschen Ländern zur Landtagswahl kandidieren.
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WerteUnion wird in den kommenden Wochen eine politische Partei.Foto: Über dts Nachrichtenagentur
Von 20. Januar 2024

Aus der WerteUnion wird in den kommenden Wochen eine politische Partei. Das Mandat dazu hat am Samstag, 20. Januar, die Mitgliederversammlung der Vereinigung in Erfurt ihrem Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen erteilt. Maaßen soll unter dem identischen Namen eine „konservativ-liberale Partei“ auf den Weg bringen. Der Auftrag erging einer eigenen Mitteilung zufolge mit großer Mehrheit.

Die Gründung werde zeitnah genug erfolgen, um eine Teilnahme an den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zu ermöglichen – in der Mitteilung ist offenbar aufgrund eines Redaktionsversehens von Mecklenburg-Vorpommern die Rede.

Maaßen: CDU hat mit Merz „letzte Chance“ ungenutzt gelassen

In seiner Grundsatzrede erklärte Maaßen, die WerteUnion sei die „Union 1.0“. In ihren Reihen fänden sich die legitimen Nachfolger von Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl. Die Wahl von Friedrich Merz zum Bundesvorsitzenden sei die „letzte Chance“ gewesen, die CDU wieder auf diesen Weg zu bringen.

Diese jedoch sei nicht nur teilweise von den Grünen nicht mehr unterscheidbar. Ihre Spitzenpolitiker böten sogar der „SED/Linken“ eine Zusammenarbeit an – oder hielten es mit Kai Wegner, der in Berlin „vor der Wahl rechts blinkt und nach der Wahl links abbiegt“. Demgegenüber sei, so Maaßen, jetzt „der richtige Zeitpunkt, dem Bürgertum in Deutschland etwas anzubieten“.

Es folgen Bekenntnisse zur „christlich-abendländischen Kultur“, zur sozialen Marktwirtschaft – und man wolle konsequent gegen jede Form des Extremismus sein, aber auch gegen „Brandmauern“.

Potenzial bei 15 Prozent – wie viel ist davon mobilisierbar?

Was die Erfolgschancen des politischen Projekts anbelangt, sind die Erwartungen höchst unterschiedlich. Das Potenzial der Maaßen-Partei wurde von INSA jüngst mit 15 Prozent angegeben, wobei immerhin fünf Prozent erklärt hätten, die WerteUnion „sicher“ wählen zu wollen.

Das Potenzial stellt jedoch nur den Bereich der möglichen Wähler dar. Inwieweit die WerteUnion dieses tatsächlich bei Wahlen ausschöpfen kann, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab, auch kurzfristigen. Es reicht auch nicht aus, dass Gründer Hans-Georg Maaßen als Person den Wählern bekannt ist. Diesen muss auch im Augenblick der Stimmabgabe aktuell bewusst sein, dass Maaßen eine Partei gegründet hat, die zur Wahl steht.

Zum Vergleich: Im Jahr 2021 hatte INSA dem Team Todenhöfer ein Potenzial von neun Prozent attestiert – ein halbes Jahr nach dessen Gründung. Von allen Befragten wussten nur 30 Prozent, dass es die Partei gibt. Am Ende erhielt der Publizist 0,5 Prozent der bundesweiten Zweitstimmen.

Erst vor etwas mehr als einer Woche hatte Forsa dem BSW ein aktuelles Ergebnis von vier Prozent bei der Sonntagsfrage attestiert. INSA sah unterdessen die Wagenknecht-Partei bei 14 Prozent. Die Meinungsforscher machten deutlich, dass es bereits einen Unterschied bei den Antworten der Befragten ausmache, wonach davon jeweils gefragt werde.

Zieht die WerteUnion CSU und FDP unter die Fünf-Prozent-Hürde?

Keine Erfolgschancen für das Maaßen-Projekt sieht Wolfgang Schroeder, Politikwissenschaftler an der Uni Kassel. Er traut der Partei bei einem realen Urnengang „nicht mehr Potenzial als 0,5 Prozent bis zwei Prozent“ zu. Er begründet dies damit, dass sich die WerteUnion schon seit Längerem „aus dem Korridor der Christdemokraten entfernt“ habe.

Deshalb seien nur wenige Wähler von CDU und CSU für die WerteUnion ansprechbar. Eher könne Maaßen noch Stimmen aus dem Segment rechts davon abgreifen. Insgesamt sei dieses Potenzial jedoch ausgeschöpft.

Maaßen betonte in seiner Rede vor den etwa 300 erschienenen Mitgliedern der WerteUnion, dass man das Ziel verfolge, 2025 zur Bundestagswahl anzutreten. Dies könnte für die Union, aber auch für die FDP zu einem realen Bedrohungsszenario werden. Bundesweit kämpfen die Liberalen jetzt schon um das Überschreiten der Fünf-Prozent-Hürde.

Sollte die WerteUnion es neben den Freien Wählern schaffen, der CSU entscheidende Prozentpunkte abzunehmen, könnten die Christlichsozialen ebenfalls den Einzug verfehlen. Direktmandate würden nach dem neuen Wahlrecht in diesem Fall unbeachtlich.

Chancen von Unionsabspaltungen seit Ende der 2000er-Jahre gestiegen

Andererseits haben sich in der Vergangenheit mehrfach Parteien rechts der Union zumindest temporär oder regional etablieren können. In den 1980er-Jahren waren Die Republikaner aus der CSU heraus entstanden. Bis in die 1990er hatten sie phasenweise Wahlerfolge.

Im Jahr 1993 folgte die kurzlebige Statt-Partei in Hamburg. Auch an der Gründung der Schill-Partei waren neben dem parteilosen namensgebenden Richter vor allem frühere Exponenten der CDU beteiligt.

Dauerhafter blieben spätere Projekte, die gänzlich oder teilweise von früheren Unionspolitikern getragen waren. Die Freien Wähler hatten zwar einen kommunalpolitischen Vorlauf, als überregionale Partei entstanden sie jedoch erst Ende der 2000er. Und mit dem Ministerpräsidentensohn Florian Streibl und der Landrätin Gabriele Pauli spielten abtrünnige CSU-Politiker dabei eine wichtige Rolle.

Die Wahlalternative 2013, aus der später die AfD entstand, war ebenfalls stark von früheren Christdemokraten beeinflusst. Auf kommunaler Ebene gelang es 2022 der erst zwei Jahre zuvor aus dem örtlichen CDU-Vorstand in Freital gegründeten Konservativen Mitte, mit 60,8 Prozent den OB-Posten zu verteidigen.

WerteUnion und Maaßen haben in Thüringen Heimvorteil, aber auch harte Konkurrenz

Für die WerteUnion könnte es einen Vorteil darstellen, dass ihre ersten Wahlantritte in ostdeutschen Bundesländern stattfinden. In Thüringen genießt Maaßen sogar einen gewissen Heimvorteil. Eine Chance für die Gruppierung könnte es darstellen, dass in den ostdeutschen Bundesländern die Milieubindungen kaum eine Rolle spielen und die Wählerfluktuation hoch ist.

Vor allem die CDU entfaltet dort – außer in Sachsen – kaum noch nennenswerte Bindungswirkung. Andererseits stellt die AfD dort eine Konkurrenz dar, die in der Lage ist, den rechten Rand zu binden. Dazu kommt, dass das Bündnis Sahra Wagenknecht in den drei Bundesländern ebenfalls eine Kandidatur anstrebt. Wähler, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen, aber auch nicht zur Wahl der AfD bereit sind, könnten sich auch dort wiederfinden.

Die WerteUnion wird zum einen für die Wähler erkennbar herausarbeiten müssen, wo die Unterschiede und auch der wahltaktische Mehrwert gegenüber der AfD – und möglicherweise auch zum BSW – liegen. Zum anderen wird sie interne Konfliktbereiche zudecken müssen, und solche zeichnen sich bereits jetzt ab. Ein Bereich wird dabei unter anderem die Außenpolitik sein, wo sich unter den Unterstützern Anhänger einer Eskalationspolitik gegenüber Russland ebenso finden wie Befürworter eines Endes der Unterstützung für die Ukraine.



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