Maaßen im Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“: „Viele in der CDU teilen meine Position“
In einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“ verneint der Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (CDU) die Frage, ob er sich als „Sarrazin der CDU“ wahrnehme. Auch wenn er häufiger als ein Kritiker der jetzigen Flüchtlingspolitik in Erscheinung trete. Er selbst würde sich anders wahrnehmen und fühle sich weder alleine noch isoliert.
Im Gegenteil er hat eher den Eindruck, dass viele in der CDU seine Positionen teilen würden. Er höre öfter, wie gesagt würde: „Endlich sagt mal jemand das, was wir uns schon lange denken“. Man sähe ja auch am CDU-Parteitag, wo Annegret Kramp-Karrenbauer nur ein bescheidenes Ergebnis erzielt hätte, dass die Sehnsucht nach einer Umkehr in der CDU groß wäre, so Maaßen.
Allerdings stößt Maaßen in der eigenen Partei regelmäßig auf Widerstand. So wollte die CDU-Führung Maaßen nicht im Fraktionssaal der Union eine Rede halten lassen und die Frauenunion strebt danach, ihn von einer Veranstaltung wieder ausladen zu lassen. Doch Maaßen erklärt im Interview, dass er keiner Auseinandersetzung aus dem Weg gehen wolle. Denn es ginge ja nicht um ihn sondern darum, die Politik zu verändern.
Für ihn ist die CDU seine Heimat, die er nicht verlassen will, nur weil ihm die Parteiführung nicht passt. Doch er fände es schade, dass niemand den Dialog mit ihm beziehungsweise mit den Kollegen von der Werte-Union suche. Stattdessen würde man sie in teilweise sehr aggressiver Form öffentlich angreifen.
Eine einseitig politische Sicht, nach dem Motto „auf dem rechten Auge blind zu sein“, dementiert er. Sein Großvater sei von den Nazis misshandelt worden, sein Onkel wäre von ihnen verfolgt worden. Ihn in die „rechte Ecke zu stellen“, empfinde er als unverschämt.
Isolieren, diskreditieren und dann neutralisieren, das sind Vorgehensweisen totalitärer Staaten
Isolieren, stigmatisieren, diskreditieren und dann neutralisieren, das wären Vorgehensweisen totalitärer Staaten gegen Oppositionelle. „Dieser Giftkasten der Totalitaristen sollte bei uns geschlossen bleiben“, erklärt Maaßen in dem Interview.
Was eine mögliche Koalition mit der AfD angeht, macht Maaßen deutlich, dass er die AfD derzeit nicht als koalitionsfähig für die CDU erachte. „Aber man weiß ja nie. Es kann sein, dass die AfD in zehn Jahren eine ganz andere Partei ist als heute“, so das CDU-Mitglied gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“.
Für Maaßen liegt die schwindende Unterstützung in der Bevölkerung für die CDU nicht an der Parteiführung, sondern es wären Probleme grundsätzlicherer Natur.
Im Moment schaut die CDU nur noch, wie sie sich neue Wählerreservoire erschließen kann. Das Grundgesetz aber weist den Parteien eine andere Aufgabe zu“, so Maaßen. Aufgabe der Politik wäre, der politischen Willensbildung des Volkes zu dienen. „Die Parteien sollten bestimmte Werte haben und für diese Werte werben“, so der ehemalige Verfassungsschutzpräsident.
Aber das würde die CDU nicht mehr machen. Stattdessen sei sie programmatisch entkernt. Die CDU würde mit der Brille eines Marketingmanagers einem Trend hinterherrennen, der von den Leuten um Greta Thunberg gemacht worden sei und der auch von Journalisten mit befeuert würde, erklärt Maaßen. Er erwarte von seiner Partei, dass sie sich darüber klar werde, was für eine Umweltpolitik sie wolle und wie sie die Wähler für diese Politik gewänne.
Wenn sie nicht mit ihren Werten und Positionen überzeugen könne, bedeutet das möglicherweise auch, dass die CDU nicht mehr die stärkste Kraft sei und auch nicht mehr den Regierungschef stellen würde. Die SPD sei ähnlich orientierungslos, wie die CDU. Daher empfehle er auch der SPD, eine Werte-Union zu gründen also eine Werte-SPD, die der Sozialdemokratie noch einmal vermitteln würde, wofür sie stünde und warum die Menschen sie wählen sollten.
Werte müssten in der CDU wieder in den Vordergrund genommen werden
Für einen Kurswechsel bei der CDU nannte Maaßen drei Punkte. Zunächst müssten Werte in den Vordergrund genommen werden. Zudem solle man sich nicht von Trends und Umfragen treiben lassen. Und Drittens, solle sich die CDU nicht nur auf das Umweltthema konzentrieren. Er sehe noch „drängendere Probleme“ in Deutschland, wie eine sich anbahnende Rezession, die sich in einer neuen Finanzkrise zeigen könnte, eine desaströse Europapolitik und eine in weiten Teilen nicht funktionierende Migrations- und Integrationspolitik.
Seine Forderung nach einen Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Migrationspolitik der Regierung in den letzten Jahren, sieht er darin bestärkt, dass mit der Aufnahme von Migranten aus Ungarn möglicherweise ein Rechtsbruch durch die Regierung vollzogen wurde. Denn man hätte sie möglicherweise im September 2015 vom Bahnhof in Budapest auf der Grundlage eines Gesetzes nach Deutschland geholt, welches nur für die Rettung von Menschen in Katastrophenfällen gelte, zum Beispiel bei Schiffbruch, Erdbeben, Überschwemmungen.
Wenn dies zutreffend sein sollte, hätte die Bundesregierung 2015 und danach offensichtlich das Recht gebrochen, da es sich bei der Einreise von Asylsuchenden aus Budapest nicht um einen Katastrophenfall handelte. Der Verfassungsrechtler und frühere Bundesminister Rupert Scholz (CDU), erklärt Maaßen, spräche im Zusammenhang mit der Migrationspolitik von einem fortlaufenden Verfassungsbruch der Bundesregierung. Mit dieser Aussage stünde Scholz nicht alleine.
Für Maaßen verstärke sich der Eindruck, dass damals – und vielleicht auch heute – unter dem Primat der Politik und der privaten Moral der Spitzenpolitiker, das Recht zurücktreten musste. Somit verstünde er, dass die für die Aufnahme von Millionen Asylsuchenden verantwortlichen Politiker eine öffentliche Diskussion über ihr damaliges und heutiges Handeln scheuten, wie der Teufel das Weihwasser. Denn es würde für sie persönlich nicht ohne Konsequenzen bleiben, wenn es tatsächlich so sei, wie er befürchte. Spitzenpolitiker von CDU, CSU, SPD und Grünen müssten sich dann sehr unangenehme juristische Fragen gefallen lassen, so der Jurist und Ex-Verfassungsschutzpräsident.
Maaßen: „Islamistischen Extremismus sehe ich nach wie vor als große Gefahr an“
Bezogen auf den Mordfall an dem CDU-Politiker Walter Lübcke erklärt Maaßen, dass man den Rechtsextremismus ernst genug genommen hätte. Er erklärt, dass man wohl gesehen hätte, dass der Rechtsextremismus gewaltbereiter geworden und aggressiver geworden sei und er sich nicht nur gegen Sachen, sondern auch gegen Menschen richten würde.
Der linke Extremismus sei in anderer Weise gefährlich. Man denke nur an den G-20 Gipfel in Hamburg oder die Proteste gegen den Braunkohletagbau, so Maaßen. Das sei eine Gewalt, die einschüchternd und nötigend wirke. Sie hätte eine andere Zielrichtung als der Rechtsterrorismus. Den islamistischen Extremismus sehe er nach wie vor als große Gefahr an. Er entstehe schleichend und hätte eine völlig andere Vorstellung vom Zusammenleben in Deutschland.
Diese Menschen wollten im Grunde einen Staat auf Basis der Scharia, der islamischen Rechtsordnung, berichtet Maaßen. Mit Seehofer wäre er „im Reinen“. Man hätte sich nach seiner Entlassung als Verfassungsschutzpräsident im Anschluss an seine Aussage zu Chemnitz ausgesprochen.
Auf die Frage, ob es ihn selbst in die Politik ziehe, antwortete Maaßen, dass er den politischen Betrieb über Jahrzehnte aus der Perspektive eines Ministerialbeamten begleitet hätte. Er wisse, wie der Bundestag arbeite, und er hätte viele Politiker kommen und gehen sehen.
Mir wäre es lieber, ich müsste mich nicht einbringen und könnte mich meinen privaten und anwaltlichen Geschäften widmen“, erklärt das CDU-Mitglied, der „Augsburger Allgemeinen“. (er)
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