Maas bietet Taliban Geld für Afghanistan – gegen Bedingungen
Die Europäische Union hat den radikalislamischen Taliban Bedingungen für weitere Hilfszahlungen für Afghanistan und diplomatische Kontakte gestellt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte am Freitag im slowenischen Kranj, die Außenminister der 27 Mitgliedsländer hätten sich im Grundsatz auf gemeinsame „Prüfsteine“ für die erwartete Taliban-Regierung in Kabul geeinigt. Dazu zähle die freie Ausreise für europäische Staatsbürger und Afghanen sowie freier Zugang für humanitäre Helfer.
Als weitere Bedingungen nannte Borrell die Achtung von Frauenrechten und der Pressefreiheit, die Bildung einer „inklusiven und repräsentativen Regierung“ sowie eine Zusage der Taliban, dass Afghanistan nicht erneut Zufluchtsort für Terroristen werden dürfe.
Menschen- und Frauenrechte müssen gewahrt werden
Der EU-Einigung liegt ein deutsch-französischer Vorschlag zugrunde. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte bei seinem Eintreffen in Slowenien am Donnerstag ähnliche Bedingungen an die Taliban genannt.
Er kündigte an, dass unter diesen Voraussetzungen auch deutsche Hilfsgelder wieder fließen könnten, die nach der Machtübernahme der Taliban eingefroren wurden. Die Bundesregierung hatte Afghanistan jährlich rund 430 Millionen Euro für einen Fünf-Jahres-Zeitraum zugesagt.
Voraussetzung sei allerdings eine Regierung, die nicht nur aus Taliban besteht, erklärte Außenminister Heiko Maas zu Beginn von Beratungen mit Amtskollegen aus anderen EU-Ländern in Slowenien. Zudem müssten grundlegende Menschen- und Frauenrechte gewahrt werden und Afghanistan dürfe zu keinem „neuen Hort für Terrorismus“ werden.
„Die meisten Menschen (…) werden aufgrund der geschlossenen Grenzen Afghanistan nicht verlassen können“, sagte Maas. „Deshalb muss man den Menschen in Afghanistan jetzt helfen, und dafür muss man auch mit den Taliban sprechen.“
Chinas Einfluss wächst
Der SPD-Politiker forderte die EU-Partner auf, bei dem Thema an einem Strang zu ziehen. „Es gibt in Afghanistan eine neue Realität – ob uns das gefällt oder nicht. Und wir haben jetzt keine Zeit mehr, die Wunden zu lecken“, sagte er. Wenn die Europäische Union eine Rolle spielen wolle, müsse man jetzt schnell handeln. Maas spielte damit darauf an, dass zum Beispiel China Macht und Einfluss in der Region ausbauen könnte.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich ähnlich. „Wir werden mit ihnen reden (…) müssen, um praktische Probleme zu lösen“, räumte er mit Blick auf die neuen Machthaber in Afghanistan ein. Dabei gehe es unter anderem darum, weitere schutzbedürftige Menschen außer Landes zu bringen. Eine echte politische Anerkennung werde es allerdings nur geben können, wenn die Taliban im Einklang mit den Werten der EU handelten, betonte der Spanier. Über die genauen Bedingungen werde man jetzt diskutieren.
Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sagte, er erwarte eine „sehr klare gemeinsame Sprache“. Es gebe eindeutig keinen Vertrauensvorschuss, sondern einen „Misstrauensvorschuss“ gegenüber den Taliban. Zur Frage der Anerkennung erklärte er: „Es ist ein Unterschied, ob wir auf technischer Ebene Gespräche haben mit ihnen oder ob wir sie als legitime Vertretung des Staates Afghanistan anerkennen.“
Schallenberg sprach sich zudem erneut gegen Aufnahmezusagen der EU für fluchtwillige Afghanen aus. „Ich glaube (…), dass wir vorsichtig sein müssen, was für Signale wir in die Region schicken“, warnte er.
Asselborn will mehr Migranten aufnehmen
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn kritisierte hingegen, manche Regierungen in der EU glaubten, Europa könne nur bestehen, wenn es so wenig wie möglich Flüchtlinge habe. „In dieser Situation müssen wir bereit sein, den Menschen in Afghanistan zu helfen, die um ihr Leben kämpfen“, sagte er. Europa müsse „selbstverständlich“ Menschen aufnehmen.
Die baltischen Staaten und Polen forderten unterdessen ein stärkeres Engagement gegen die Versuche des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko, sich mit dem Durchschleusen von Migranten aus Ländern wie dem Irak oder Afghanistan für EU-Sanktionen zu rächen. Man brauche jetzt noch deutlich härtere Strafmaßnahmen, sagte der lettische Außenminister Edgars Rinkevics. Sie sollten sich zum Beispiel gegen Tourismus-Organisationen richten.
Die Beratungen der Außenminister werden an diesem Freitag fortgesetzt. Am Ende des Treffens soll dann auch noch der Umgang mit China Thema sein. Hintergrund dieses Gesprächsblocks sind vor allem Pekings Bemühungen, sich mit massiven Investitionen Macht und Einfluss in anderen Weltregionen zu sichern. Zudem ist die EU weiter besorgt über die militärische Aufrüstung der Volksrepublik und das Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong. (dpa/afp/dl)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion