Polizei bestätigt Sichtung – Löwin im Süden von Berlin: Wie soll man sich verhalten?

Wie verhält man sich bei der Begegnung mit einem Wildtier? Ein Experte gibt Empfehlungen. Das Tier ist laut einem Medienbericht in den Vororten Kleinmachnow und Teltow.
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Auch bei Stahnsdorf wird nach der Großkatze gesucht.Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images
Epoch Times20. Juli 2023

Mit einem Großaufgebot haben Einsatzkräfte am Donnerstag zwischen Berlin und Potsdam nach einer offenbar entlaufenen Löwin gesucht. Diese könnte sich im Berliner Ortsteil Zehlendorf befinden, wie die Polizei am Nachmittag mitteilte. Einsatzkräfte würden gegebenenfalls sicherstellen, dass Veterinäre das Tier gefahrlos betäuben können, hieß es. Es wurde zudem um Hinweise gebeten, wo sich das Wildtier vor seinem Ausbüxen aufhielt.

Die Beamten hatten bereits rund zwei Stunden zuvor mitgeteilt, dass es „eine mögliche Sichtung des Tiers im Süden Berlins nahe der Stadtgrenze zu Brandenburg“ gegeben habe. Das Veterinäramt und der Stadtjäger seien zum Sichtungsort alarmiert worden. Zahlreiche Einsatzkräfte, Drohnen und Hubschrauber mit Wärmebildkameras suchten seit der Nacht nach der Raubkatze. Tierärzte und Jäger beteiligten sich ebenfalls. Dabei gingen die Behörden ersten Einschätzungen zufolge davon aus, dass es sich bei dem Wildtier tatsächlich um eine Löwin handelt.

Weit über 100 Kräfte seien bei Kleinmachnow südlich von Berlin im Einsatz, berichtet die „Welt“. Das sagte ein Polizeisprecher. Auch ein Hubschrauber, Tierärzte und Jäger unterstützten dabei die Einsatzkräfte. Schwerpunkt der Suche war zunächst der Bereich Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Anwohner wurden vor dem Verlassen ihrer Wohnung gewarnt – auch mithilfe von Lautsprecherdurchsagen.

Herkunft unklar

Eine Überprüfung der Aufnahmen durch Experten ergab laut Polizei, dass es sich wahrscheinlich um eine Löwin handelte. Es sei jedoch nicht davon auszugehen, dass diese andere Tiere gerissen habe, sagte eine Sprecherin später. Unklar war noch, woher das Wildtier gekommen sein könnte. Die Polizei nahm Ermittlungen zur Herkunft auf. Aktuell vermisse jedoch kein Tierpark oder Zoo, keine Tierschutzeinrichtung und kein Zirkus ein solches Tier, hieß es.

Es gebe keinen Hinweis, dass solch ein Tier in der Region gemeldet sei, sagte der Bürgermeister von Kleinmachnow, Michael Grubert (SPD), bei einer Pressekonferenz. „Uns ist in der Region Kleinmachnow-Teltow-Stahnsdorf von keinem Privatbesitz solch eines Tiers bekannt.“ Sollte es gefunden werden, soll es nach Möglichkeit betäubt und dem Tierschutz übergeben werden.

Da noch kein Zoo oder Zirkus das Tier als vermisst meldete, geht die Tierschutzorganisation Vier Pfoten davon aus, dass es aus privater Haltung stammt. Die Organisation nahm dies zum Anlass, um strengere Haltungsgesetze zu fordern. „Vorfälle wie diese ließen sich vermeiden, wenn es endlich bundesweit einheitliche Regelungen in Bezug auf die Privathaltung und den Handel von exotischen Tierarten geben würde“, erklärte Nadine Ronco Alarcón. Es gebe schlicht Arten, die nicht für die private Haltung geeignet seien.

Korrektes Verhalten bei Begegnung

Wer zufällig dem Wildtier begegnet, sollte nicht plötzlich agieren. „Das Wichtigste ist, dass die Tiere das Gefühl haben, die Kontrolle über die Situation zu behalten“, sagte Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung der dpa in Berlin. Nach Einschätzung der Polizei handelt es sich bei dem gesuchten Tier wahrscheinlich um eine Löwin.

„Was vermieden werden muss, ist der Überraschungseffekt“, wenn etwa eine Löwin plötzlich mit einem Menschen konfrontiert werde. „Das ist eine Situation, wo sie einen Kontrollverlust der Situation erlebt.“ Daraus könnten sich Reaktionen ergeben, weil sich das Tier gefährdet fühlt und sich deswegen eventuell verteidigen würde.

Hofer verwies auf Empfehlungen in Gebieten mit Grizzlybären in den USA. Wanderer sollten dort „kleine Bimmeln an ihre Rucksäcke montieren, damit sie die Bären nicht überraschen. Wenn der Bär weiß, dass ein Wanderer kommt, ist er nicht überrascht, dann hat er die Kontrolle über die Situation und kann sich überlegen, wie er damit umgeht.“

Hunde sind gefährdet

Hofer warnte vor Spaziergängen mit Haustieren. „Was Sie auf jeden Fall nicht mit sich nehmen sollten, ist ein Hund“, sagte der Zoologe. „Der Hund ist auf jeden Fall gefährdet.“ Auch die Kombination Hund und Hundeführer sei für einen Löwen Angst erregender als ein Mensch ohne Hund.

Die Überlebenschance für das Raubtier hat nach Einschätzung Hofers auch mit dessen Herkunft zu tun. „Es hängt davon ab, ob diese Löwin ursprünglich mal aus der Wildnis kam und auf irgendeine Weise nach Europa gebracht wurde oder ob es sich etwa um einen Zirkuslöwen handelt, der vielleicht mit der Flasche aufgezogen wurde.“

Das seien unterschiedliche Ausgangssituationen. „Eine von Hand aufgezogene Löwin geht mit Menschen völlig anders um, Menschen waren immer Teil ihrer Umgebung und sie ist damit vertraut.“

Wenn Löwen Beute machen

Ein Faktor könnte auch der Hunger des Tieres sein. Hätte die Löwin ein Wildschwein erlegt und gefressen, „wäre sie satt und würde sich einen Verdauungsschlaf gönnen.“ Das hänge aber auch davon ab, inwieweit das Tier durch die Suchaktion getrieben werde.

Ein Wildschwein würde als Nahrung für ein paar Tage ausreichen. Das Tier müsse dann nicht unbedingt sofort wieder jagen. Bei Löwen in natürlichen Lebensräumen wie etwa der Serengeti in Ostafrika sei es üblich, dass sie in der Nähe der Beute blieben.

„Die Löwen bleiben beim Riss eines größeren Beutetiers so lange, bis dieses Beutetier aufgefressen ist. Wenn sie fertig damit sind, bleiben sie meistens noch für ein paar Stunden in der Nähe, bevor sie sich irgendwo anders hinbegeben.“

Vermutlich meiden werde das Tier zum Beispiel offene, belebte Straßen. „Also wenn es darum geht, kann ich mit dem Auto zu meinem Einkauf im Supermarkt fahren: Das ist völlig problemlos möglich“, sagte Hofer. (dpa/mf)



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