LNG-Terminal in Mukran erhält Betriebsgenehmigung – Gemeinde reicht zeitgleich Klage ein
Das Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern hat dem Unternehmen Deutsche ReGas die endgültige Genehmigung zum Betrieb eines Flüssiggasterminals im Hafen von Mukran auf Rügen erteilt. Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) übergab am Mittwoch, 10. April, dem ReGas-Geschäftsführer Ingo Wagner und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Stephan Knabe, die Genehmigung.
Im Hafen von Mukran sollen zwei schwimmende LNG-Terminals verankert werden. Ein erstes Schiff, die „Energos Power“, liegt seit Ende Februar bereits im Hafen; das Amt für Landwirtschaft und Umwelt hatte eine Genehmigung für den Probebetrieb erteilt. Das Schiff wandelt Flüssigerdgas – aktuell aus Norwegen – zurück in Erdgas um, welches dann ins deutsche Netz eingespeist werden kann. Laut NDR wird das zweite Spezialschiff im Sommer erwartet.
Eine rund 50 Kilometer lange Ostsee-Anbindungsleitung ist bereits verlegt, um die Terminals mit dem deutschen Fernleitungsnetz in Lubmin östlich von Greifswald zu verbinden.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist das Terminal wichtig für die Sicherheit der Energieversorgung auch im Falle eines kalten Winters oder falls andere Lieferwege ausfallen sollten. Kritiker sprechen hingegen von nicht benötigten Überkapazitäten und fürchten um die Umwelt von Rügen und den für die Insel wichtigen Tourismus.
Minister Backhaus bezeichnete die Genehmigung in einer Pressemitteilung als ein „rechtssicheres Verfahren“. Für die Behörde gebe es bei der wasserrechtlichen Erlaubnis Ermessensspielraum. Sie erwarte in Mukran jedoch keine nachteiligen Auswirkungen auf öffentlich-rechtliche Belange, die dem überragenden Interesse der Allgemeinheit an einer sicheren Gasversorgung entgegenstehen würden.
Gemeinde Binz kündigt Klage an
Das sieht neben mehreren Bürgerinitiativen und Umweltverbänden auch die Nachbargemeinde Binz ganz anders. Sie erklärte, dass sie umgehend beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klage einreichen werde, so ein Sprecher. Die Gemeinde argumentiert, dass für eine Sicherung der Energieversorgung im Winter das Terminal vor Rügen nicht mehr notwendig sei. Rügen sei im Gegensatz zu anderen LNG-Standorten kein Industriegebiet, sondern mit 1,2 Millionen Feriengästen die meistbesuchte Insel Deutschlands. Die Gemeinde warnt vor „horrenden Schäden für Tourismus, Natur und Klima“.
Backhaus teilte hingegen mit, dass die „Schutzgüter Mensch und Natur“ im Fokus der Zulassungsbehörden gestanden hätten. „Dies mündet in 190 Nebenbestimmungen und Auflagen der Zulassungsentscheidungen. Dazu gehören unter anderem das Lärm- und Wassermonitoring sowie Anforderungen an die Sicherheit vor dem Eingriff Unbefugter oder durch Cyber- und Drohnenangriffe.“
Er begründet die zweite Zulassung eines schwimmenden LNG-Terminals in Mecklenburg-Vorpommern mit dem „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands“.
Wir reden hier über Notwendigkeiten, um für unsere Bürger, aber auch unsere Wirtschaft eine verlässliche Gasversorgung zu gewährleisten.“
Der Bund als auch die EU würden davon ausgehen, dass das LNG-Vorhaben „auch über das Jahr 2024 hinaus aus Gründen der Versorgungssicherheit von essenzieller Bedeutung für Deutschland und die europäischen Nachbarstaaten ohne Küstenzugang ist“, so der Umweltminister. Er sei erleichtert, dass es sich um eine vorübergehende Lösung handeln würde. Die jetzige Genehmigung ist bis zum Jahr 2043 befristet.
Backhaus betonte: „Aber wir müssen die Menschen auch mitnehmen.“
Bürgerinitiative: Umweltprüfung wurde mit Einzelgenehmigungen umgangen
Genau dies sei aus Sicht der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen jedoch nicht geschehen, so das Mitglied Thomas Kunstmann. Die Landesregierung habe sich zwar gelegentlich geäußert und gesagt, sie sei eigentlich nicht für LNG und der Bund müsse besser kommunizieren. „Das war aber oft einen Tag, bevor eine neue feststehende Entscheidung zum LNG-Terminal öffentlich gemacht worden ist.“
Die Landesregierung hat jedoch nicht glaubhaft die Interessen der Mehrheit der Bürger Rügens berücksichtigt“, so Kunstmann.
„Dieser Tag wird in die Annalen Rügens eingehen, und das nicht als Feiertag.“ Denn es sei eine bittere Pille, die man trotz aller Auflagen für das LNG-Terminal schlucken müsse. Sie kämen auch zu spät. Die wasserrechtlichen Auflagen hätten vor der Probeinbetriebnahme und der jetzigen Genehmigung erteilt werden müssen, erklärt Kunstmann.
Enttäuscht sei die Bürgerinitiative auch darüber, dass die Landesregierung versprochen hätte, alle Teilgenehmigungen wie ein Gesamtpaket zu behandeln und zumindest eine substanzielle Prüfung der Umweltverträglichkeit durchzuführen. Auf Druck des Bundes habe Backhaus jedoch wieder Abstand genommen. Bis jetzt wären alleine elf Genehmigungen erteilt worden.
Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung für das LNG-Projekt, wie es normalerweise notwendig ist, wurde vorab bereits durch das Beschleunigungsgesetz ausgeschlossen.
Laut Kunstmann wäre man bei einer Prüfung als Gesamtpaket möglicherweise auch zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen. Dies habe die Landesregierung durch die Einzelgenehmigungen umgangen.
Die Ostsee als sensibles Ökosystem mit dem Hering, den Seegraswiesen, den Robben und anderen geschützten Tierarten und Meeresbewohnern sei in seinen Augen durch das LNG-Terminal und die industrielle Nutzung des Hafens Mukran gefährdet.
Studien sehen keine Gasmangellage
Die Hauptkritik der Bürgerinitiative bleibe trotz der Genehmigungen bestehen, so Kunstmann. „Immer wieder wird von der politischen Aussage ausgegangen, dass es eine Gasmangellage gibt und man mit dem Terminal die Energieversorgung des Landes sichern würde.“ Fachleute aus dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, aber auch andere Institute hätten jedoch immer wieder belegt, dass es diese Mangellage nicht gebe. „Dieses Terminal hätte somit gar nicht gebaut werden müssen, weil die Versorgungslage das gar nicht erforderte.“
Für ihn ist die Aussage von Backhaus, dass es keine wesentlichen wasserrechtlichen Beeinträchtigungen geben soll, nicht nachvollziehbar.
In der Mitteilung von Minister Backhaus zur Betriebsgenehmigung heißt es zudem, dass der Hafen Mukran mit der Anbindung an das deutsche Gasnetz neue Chancen und Möglichkeiten eröffnen würden, „von der Transformation zur wasserstoffbasierten Wirtschaft zu profitieren.“
Für die Bürgerinitiative sei jedoch der Beweis bis jetzt nicht erbracht, dass die Röhren wasserstofftauglich sind. Thomas Triller, Leiter des Bergamtes Stralsund, hätte bei einer Sitzung des Umweltausschusses des Kreistages Vorpommern-Rügen am 21.11.2023 in Stralsund auf Nachfrage mitgeteilt, dass der Antragsteller und dies ist auch der jetzige Betreiber der Rohrleitungen „Gascade“ die Tauglichkeit behauptet habe.
Habeck: Notlage bei Gasversorgung noch nicht überwunden
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat das geplante LNG-Terminal auf Rügen gegen Kritik verteidigt. „Unter dem Strich geht es um ein Projekt, das Bestandteil der nationalen Energiesicherheitsstrategie ist“, sagte Habeck am Rande einer Konferenz in Rostock.
Mukran sei ein großer Hafen, wo im Grundsatz Industrie eigentlich hingehöre. „Insoweit ist es von den schwierigen Alternativen sicherlich die beste, die wir gefunden haben.“ Auch wenn bei der Gasversorgung die Notlage gebannt sei, sei sie nicht überwunden. Es sei falsch und fahrlässig zu behaupten, das Terminal sei nicht notwendig, da keine Notlage mehr befürchtet werden müsse.
Er hoffe, dass es bei dem Projekt über das „Wie“ zu einer Befriedung komme. „Das Ob kann ich nicht infrage stellen“, sagte Habeck. „Das ist ein wichtiges Projekt, und wir werben, und im gewissen Sinne kämpfen wir auch politisch dafür, dass es realisiert wird.“
Nach Plänen des Bundes soll das Terminal in Mukran im Norden Rügens noch im kommenden Winter betriebsbereit sein.
Bürgerinitiative plant weitere Aktionen
Laut Kunstmann sind auf Rügen weitere Aktionen geplant, wie Mahnwachen und Demonstrationen. Auch eine weitere Bundestagspetition will man demnächst starten. „Denn der Bundestag als Gesetzgeber ist aus unserer Sicht diejenige Institution, die das Beschleunigungsgesetz noch mal kippen oder ändern kann, weil es keine Gasmangellage gibt und weil es die Ostsee und die Küstenlandschaften auf Rügen gefährdet.“
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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