Linkspartei tritt mit Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete zur EU-Wahl an
Die Linkspartei hat in jüngster Zeit wenig an zählbaren Erfolgen auf überregionaler Ebene verbuchen können. Aktuelle Umfragen sehen für sie auf Bundesebene eine Zitterpartie um die Fünf-Prozent-Hürde – zumal es 2025 keine „Rettung“ über Direktmandate mehr geben wird. Nun wagt die angeschlagene Partei offenbar eine Flucht nach vorn. Im kommenden Jahr wird für sie mit Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete eine prominente Kandidatin bei der EU-Wahl ins Rennen gehen.
Ikone des „Widerstands“ gegen Salvini
Die nach eigenen Angaben „Bewegungslinke“ hat am Montag, 17. Juli, auf Twitter bestätigt, mit dem Parteivorstand in diesem Sinne übereingekommen zu sein. Sie wird demnach als parteilose Kandidatin auf der Europawahlliste der Linken kandidieren.
Leute, ich kandidiere für’s Europaparlament! Damit habt ihr nicht gerechnet? Dann ratet erstmal mit wem… mit @dieLinke! Warum es mich als Bewegungs-Ökologin parteilos nach Brüssel zieht und weshalb wir die LINKE #GemeinsamNeu machen müssen, möchte ich hier erklären. pic.twitter.com/HUijQNioNL
— Carola Rackete (@CaroRackete) 17. Juli 2023
Carola Rackete ist vor allem im Jahr 2019 in die Medienschlagzeilen gekommen. Trotz einer Hafensperrung ist sie damals mit 40 Migranten an Bord der „Sea Watch 3“ in Lampedusa eingelaufen. Damit hatte sie sich den Anweisungen des Zolls widersetzt, italienische Behörden nahmen die „Seenotretterin“ fest. Unter anderem warf man ihr Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte vor.
Rackete hat „in Erfüllung einer Pflicht“ gehandelt
Deutsche Medien und zahlreiche Politiker feierten Rackete als Ikone des Widerstands gegen die Politik des damaligen italienischen Innenministers Matteo Salvini. Dieser hatte angekündigt, die Häfen seines Landes für irreguläre Einreisen zu schließen.
Rückendeckung bekam Rackete unterdessen von italienischen Gerichten, die sie zeitnah aus der Untersuchungshaft freiließen. Die Verpflichtung zur Rettung auf See nach internationalem Seerecht wiege schwerer als veränderte gesetzliche Regelungen in Italien. Die Kapitänin, so die Richterin, habe „in Erfüllung einer Pflicht“ gehandelt.
In den darauffolgenden Jahren hat die Tochter eines Oberstleutnants a. D. der Bundeswehr jedoch die „Seenotrettung“ gegen ein Engagement für „Extinction Rebellion“ eingetauscht.
Kann Rackete die Linke aus dem Umfragetief holen?
Mit ihrer Kandidatur will Rackete „den Weg für eine neue Kooperation sozialer Bewegungen“ mit der Linkspartei ebnen. Ihr Mandat will sie „mit Gruppen teilen, die sonst keinen Zugang zum Parlament hätten: EU-Einwohner:innen ohne EU-Pass und Bewegungen aus dem Globalen Süden“.
Rackete will das „sozial-ökologische Desaster“ bewältigen. Dazu will sie „der Jagd nach Profiten spätestens dort einen Riegel vorschieben, wo es um unser aller Überleben geht“. Sie fordert, fossile Konzerne zu vergesellschaften, Naturräume zu schützen und Agrarsubventionen sowie generell Reichtum umzuverteilen.
Carola Rackete soll einem Bericht der „Welt“ zufolge auf Platz 2 der Liste kandidieren. Nach einer jüngst veröffentlichten Umfrage des Instituts „wahlkreisprognose.de“ würde die Linkspartei derzeit nur 2,5 Prozent der Stimmen bekommen. Da es bei der EU-Wahl 2024 voraussichtlich nach wie vor keine einheitliche Sperrhürde geben wird, dürfte dies jedoch für ein Mandat ausreichen.
Wagenknecht-Partei könnte vor allem im Osten durchstarten
Die Kandidatur von Carola Rackete soll aus Sicht der Linkspartei offenbar auch ein Signal der Geschlossenheit sein angesichts einer möglichen Konkurrenz durch Ex-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.
Das Institut „wahlkreisprognose.de“ hat für seine EU-Wahlumfrage auch eine mögliche Kandidatur einer Wagenknecht-Partei der Befragung zugrunde gelegt. Sollte eine solche Liste antreten, würde diese aus dem Stand mit 8,5 Prozent der Wählerstimmen rechnen können. In mehreren ostdeutschen Ländern würde die Partei sogar Kopf an Kopf mit der CDU im Rennen um Platz 2 liegen – hinter der AfD.
Insgesamt könnte die CDU demnach bei der EU-Wahl mit 23 Prozent rechnen, die AfD mit 22 und die SPD mit 15. Die Grünen, 2019 auf einer Woge medialer Unterstützung auf mehr als 20 Prozent gelangt, würden unterdessen auf 13 Prozent abstürzen. Wohl auch deshalb dürfte die Linkspartei versuchen, mit einer Kandidatin Carola Rackete von deren Absturz zu profitieren. Sie könnte dabei eine gewisse Wirkung vor allem auf junge Wähler aus dem Umfeld aktivistischer Klimagruppen entfalten. Derzeit liegt die Linkspartei jedoch noch hinter der FDP (3,5 Prozent) und den Freien Wählern (drei Prozent).
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