Linke will 13.000 Migranten aus Moria aufnehmen – Was sagen die anderen Parteien?

In einem lebhaften Schlagabtausch haben die Fraktionen im Bundestag am Freitag (11. September) über die Aufnahme von Flüchtlingen debattiert.
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Ein Blick in die Sitzung im Bundestag am 9. September.Foto: Maja Hitij/Getty Images
Von 11. September 2020

Die Oppositionsfraktionen mit Ausnahme der AfD forderten Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, sich einer Unterbringung von Flüchtlingen durch aufnahmebereite Kommunen und Bundesländer nicht länger in den Weg zu stellen. 

Auch der Koalitionspartner SPD sprach sich dafür aus. Seehofer allerdings lehnte ein Einlenken und einen deutschen Alleingang ab: Er beharrte weiter auf einem europäischen System zur Verteilung von Flüchtlingen.

Der Bundesinnenminister verwies im Plenum auf den großen Flüchtlingszuzug des Jahres 2015: „Ich nehme den Satz ‚2015 darf und soll sich nicht mehr wiederholen‘ sehr ernst“, sagte er. Wenn Deutschland nun wieder ohne europäische Abstimmung Flüchtlinge aufnähme, „dann wird sich das Jahr 2015 wiederholen, dann wird es die europäische Lösung nicht geben“. 

Er halte allenfalls „punktuelle“ Aufnahme in Notsituationen für möglich – so wie nun nach dem Brand im griechischen Lager Moria.

SPD zu Seehofer: „Werfen Sie Ihr Herz über die Hürde“

Die SPD rief Seehofer auf, seinen Widerstand gegen die Flüchtlingsaufnahme in Bundesländern und Kommunen, die dazu bereit sind, aufzugeben. „Werfen Sie Ihr Herz über die Hürde“, sagte SPD-Innenexpertin Ute Vogt an den Minister gerichtet. Sie warb für ein „Bundesaufnahmeprogramm“, an dem sich Kommunen und Länder freiwillig beteiligen könnten.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte die von Seehofer angekündigte Aufnahme von bis zu 150 Minderjährigen aus dem abgebrannten Lager Moria als unzureichend. Flüchtlingslager wie Moria seien „der menschenrechtliche Tiefpunkt unserer Zeit“, sagte Bartsch. „Die 150 Menschen, die Sie jetzt aufnehmen wollen, ändern daran überhaupt nichts“, kritisierte der Fraktionschef der Linken.

Die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg forderte, die Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager auf andere EU-Staaten zu verteilen. „Es gibt keine Alternative dazu“, sagte sie. „Die Menschen brauchen sofort Hilfe.“ Amtsberg berichtete über die Missstände auf der Insel Lesbos und sagt, dass hier „mit zweierlei Maß gemessen wird“, da es sich „um Flüchtlinge handelt“. Sie fragt direkt Innenminister Seehofer zugedreht, „ist das wirklich alles, was wir tun können?“

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) forderte eine gemeinsame Linie von Bund und Ländern bei der freiwilligen Aufnahme von Flüchtlingen in Kommunen und Ländern.

Thorsten Frei (CDU/CSU) befürwortete ebenfalls eine gemeinsame europäische Lösung und kritisierte den Antrag der Linken, der für die Aufnahme von 13.000 Menschen aus Lesbos plädiert. „Wer ein deutsches Alleinvorgehen vorschlägt, der sorgt dafür, dass wir bei unserem Bestreben zu einem gemeinsamen europäischen Asylsystem nicht vorwärtskommen werden.“

AfD-Politiker Curio: Vor Ort zu helfen, „das wäre wahre Humanität“

Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio lehnte es kategorisch ab, Flüchtlinge aus Moria nach Deutschland zu bringen. Dies wäre ein „Fass ohne Boden“, sagte er. Die Migranten müssten vielmehr in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden, die ersparten Millionen könnte man vor Ort verwenden, „das wäre wahre Humanität“, so Curio. 

„Die Migranten haben das Feuer selbst gelegt. Es handelt sich hier um Menschen, die ihr Gastland nicht respektieren“, argumentierte Curio weiter. Der AfD-Politiker zitierte dann Stimmen aus anderen europäischen Ländern wie Österreich und der Niederlande und sagte: „Eine europäische Lösung wird es nicht geben“ – und erntete damit Buh-Rufe.

Michael Kuffer (CDU/CSU) wies in seinem Beitrag darauf hin, was für Konsequenzen durch die Aktion mit der Aufnahme anfallen könnten: „Wie viele Menschenleben würden wir gefährden, wenn der Eindruck entsteht, dass ein Brand die Eintrittskarte auf das europäische Festland sein kann? Und deshalb bleibe ich dabei: Es ist richtig, vor Ort zu helfen.“

Kuffer findet allerdings den Schritt richtig, die 150 unbegleiteten Minderjährigen aufzunehmen, und zeigt sich gegenüber Innenminister Seehofer und Bundeskanzlerin Merkel dankbar für „die richtige Richtung“, die sie vorgegeben haben.

Am Ende der Debatte wurde abgestimmt, dass der Antrag der Linken-Fraktion dem Innenausschuss übertragen wird.

(Mit Material von afp)

Hier ein Livestream der Bundestagsdebatte:

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