Die Grundmandatsklausel als Defibrillator der PDS-Nachfolgepartei
Längere Zeit musste Die Linke bangen, ob sie überhaupt im nächsten Bundestag als Fraktion vertreten sein wird.
„Das ist ein schwerer Schlag für Die Linke“, meinte Janine Wissler, die Parteivorsitzende der Linken in Deutschland. Die Träume einer möglichen Regierungsbeteiligung der Linkspartei lösten sich am gestrigen Wahlabend in Luft auf.
Am Montagmorgen, 6 Uhr, veröffentlichte der Bundeswahlleiter das vorläufige Ergebnis der Bundestagswahl 2021.
Die Linke war im Vergleich zu 2017 (9,2 Prozent, Sahra Wagenknecht als Spitzenkandidatin) um 4,3 Prozentpunkte abgestürzt und erreichte nur noch 4,9 Prozent der Wählerstimmen.
Linke umholpert Sperrklausel
Die Linke scheiterte zwar an der Fünfprozenthürde, kommt aber dennoch mit Ach und Krach wieder in den Bundestag. Grund dafür ist die sogenannte Grundmandatsklausel, die bei mindestens drei Direktmandaten in den Wahlkreisen zum Tragen kommt und einer Partei dadurch die Sitze aus der Erststimme und den Einzug als Fraktion in den Bundestag sichert.
Bei der Linken wird dies auch gern als „Lebensversicherung“ angesehen. Bei der diesjährigen Bundestagswahl erlangte Die Linke gerade so diese benötigten drei Mandate: Gregor Gysi (Berlin-Treptow), Gesine Lötzsch (Berlin-Lichtenberg) und Sören Pellmann in Leipzig II. Insgesamt erhält Die Linke nun voraussichtlich 39 Mandate, 36 von den Landeslisten (4,4 Prozent) und die drei Direktmandate.
Am Rande des Abgrunds
Obwohl sich die Hoffnung von Linken-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch erfüllte, dass Die Linke im Parlament sitzt, bescheinigt die „Welt“ der Linkspartei einen „unmittelbaren Bedeutungsverlust“. Sie sei seit der Bundestagswahl 2002 nicht mehr so nah am „Status einer Kleinpartei“ gewesen.
Im Nachhinein meinte Bartsch, dass man sich fragen müsse, ob die Aussicht auf Rot-Grün-Rot für Die Linke im Wahlkampf wohl nicht der „richtige Ansatz“ gewesen sei. Bartsch verwies auch auf die Menschen im Osten, die man künftig wieder erreichen wolle und wobei „der Beitrag von Sahra Wagenknecht sicherlich ein wichtiger“ sei. Deren Buch „Die Selbstgerechten“ hatte zuletzt heftige Diskussionen ausgelöst.
In einer Kampfveranstaltung der „Antikapitalistischen Linken“ in NRW mit dem vorherigen Linken-Parteichef Bernd Riexinger wurde Wagenknechts Abrechnung mit den „Lifestyle-Linken“ stark kritisiert, was im Anschluss sogar zu „Bekämpft sie“-Forderungen in den sozialen Medien führte. Wagenknecht hatte sich auch gegen linke Massenbewegungen ausgesprochen, die derzeit vielfach medial gehypt werden, wie „Fridays for Future“, „Unteilbar“ oder auch „Black Lives Matter“.
Die seit Ende Februar amtierende Co-Parteichefin der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, eine große Befürworterin von Regierungsbestrebungen der Linkspartei, sieht die Gründe für den herben Niedergang der Linken jedoch nicht in den vergangenen sechs Monaten, sondern in der Zeit vor ihrem Parteivorsitz.
Auch Bartsch sieht das so. Der ehemalige Bundesgeschäftsführer der Linken bestätigte, dass die Gründe für die Niederlage in der Zeit vor Wissler und Hennig-Wellsow lägen. Die „FAZ“ sieht darin einen Hinweis auf die „destruktive Wirkung der jahrelangen Grabenkämpfe, vor allem zwischen der früheren Vorsitzenden Katja Kipping und Wagenknecht“.
PDS schon zweimal mit Direkt-Infusion
Bereits die Linken-Vorgängerpartei PDS konnte über Direktwahlmandate in den Bundestag einziehen. Die aus der SED der DDR hervorgegangene PDS erreichte damals nur 4,4 Prozent der Wählerstimmen, konnte sich jedoch vier Direktmandate (u.a. Gregor Gysi) in Berlin sichern: in Prenzlauer Berg, Lichtenberg, Marzahn und in Pankow/Weißensee. Im Bundestag erhielt sie dann 30 Sitze (26 + 4).
2002 konnte das schwache Abschneiden der Partei mit 4,0 Prozent auch nicht mehr durch die Direktmandate aufgefangen werden. Im 14. Bundestag wurde die PDS-Politik nur noch durch Gesine Lötzsch (Berlin-Lichtenberg) und Petra Pau (Berlin-Marzahn) vertreten.
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