Lindner will Migrationsgipfel mit Scholz, Merz und Habeck

Die Migrationsgespräche zwischen Ampel und Union sind geplatzt. Ein sichtlich verärgerter Kanzler schimpft über CDU-Chef Merz – doch diese beiden will der Finanzminister nun an einen Tisch bekommen.
Unionsfraktionschef Merz vermutet eine Blockade durch die Grünen als Grund für das Scheitern der Gespräche über eine umfassende Zurückweisung von Asylbewerbern. Und attackiert scharf den Kanzler.
Unionsfraktionschef Merz vermutet eine Blockade durch die Grünen als Grund für das Scheitern der Gespräche über eine umfassende Zurückweisung von Asylbewerbern. Und attackiert scharf den Kanzler.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times11. September 2024

Nach dem Scheitern der Migrationsgespräche zwischen Ampel-Regierung und Union fordert FDP-Chef Christian Lindner einen neuen Anlauf auf höchster Ebene.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz sollte mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und ihm selbst persönlich verhandeln, schrieb Lindner auf der Plattform X. „Die Absage der Union an den Asylgipfel darf nicht das letzte Wort sein.“ Er fügte hinzu: „Wir werden gemeinsam das Problem lösen.“ Deutschland brauche Kontrolle und Konsequenz bei der Migration.

Andere Ampel-Politiker warfen der Union wegen des Abbruchs der Gespräche Verantwortungslosigkeit und mangelndes Teamplay vor, die größte Oppositionskraft wiederum unterstellte der Regierung fehlenden Willen zur Begrenzung illegaler Migration.

Schlagabtausch im Bundestag

In einer emotionalen Rede ging Kanzler Scholz selbst den CDU-Chef Merz scharf an. Der Streit dürfte auch das heutige Rededuell der beiden Spitzenpolitiker bei den Haushaltsberatungen im Bundestag prägen.

Scholz und Merz treffen heute Vormittag in der traditionellen Generaldebatte zum Haushalt für das kommende Jahr aufeinander. Eröffnet wird diese in der Regel vom Oppositionsführer, also Merz. Erst dann ist der Kanzler an der Reihe, danach die anderen Fraktionen.

Die Generaldebatte ist der Höhepunkt der Haushaltswoche im Bundestag und wird von der Opposition traditionell zur Abrechnung mit der Regierungspolitik genutzt.

Merz hatte die Migrationsgespräche mit der Regierung zuvor für gescheitert erklärt. An den zwei Treffen vergangene Woche und am Dienstag hatten Scholz und Merz nicht selbst teilgenommen.

Auf Ampel-Seite waren unter anderem Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dabei, von der Union der Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU).

Scholz wirft Union „Provinzbühnenschauspielerei“ vor

Mit Blick auf das Vorgehen der Union sagte Scholz am Abend beim Sommerfest des konservativen Seeheimer Kreises der SPD: „Das Rausgehen aus dieser Runde, das stand schon vorher fest.“ Und das sei „blamabel für diejenigen, die das zu verantworten haben“, kritisierte der Kanzler. „Führung sieht anders aus. Charakter, Ehrlichkeit und Festigkeit sind für dieses Land gefragt. Und nicht solche kleinen Taschenspielertricks und Provinzbühnenschauspielerei“.

Auch Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte die Union. „Offenkundig waren nicht alle Herren, die zu den Gesprächen im Innenministerium erschienen sind, an Teamplay interessiert“, sagte die Grünen-Politikerin dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Grünen-Chef Omid Nouripour sprach beim Nachrichtenportal „t-online“ von einem „Schmierentheater“. „Wenn die zu Ernsthaftigkeit zurückfinden, können wir weiterreden“, sagte er in den ARD-„Tagesthemen“.

Union fordert „Stoppschild an den Grenzen“

Die Ampel und die Union hatten die neuen Gespräche über die Migrationspolitik, an denen auch Ländervertreter beteiligt waren, nach dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag von Solingen aufgenommen.

Nach der zweiten Runde kritisierte Merz, die Koalition sehe sich offensichtlich nicht zu umfassenden Zurückweisungen an den deutschen Staatsgrenzen in der Lage – dies hatte er zuvor zur Bedingung gemacht. „Damit ist der Versuch gescheitert, einen gemeinsamen Weg zu gehen“, fügte er hinzu. Er vermisse Führung durch Kanzler Scholz.

„Der heutige Tag zeigt einmal mehr: Die Bundesregierung ist nicht bereit für eine Zeitenwende bei der Migration“, sagte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) dpa. „Wir brauchen ein wirkliches Stoppschild an den deutschen Grenzen, weil die Belastungsgrenze überschritten ist“, forderte Rhein im „Heute Journal“ im ZDF.

Was Innenministerin Faeser vorgeschlagen hat

Bundesinnenministerin Faeser hatte bei dem Gespräch ein Modell vorgeschlagen, um Asylbewerber, die anderswo schon registriert wurden, künftig rascher in für sie zuständige europäische Staaten zu bringen.

Justizminister Buschmann sagte, das Festhalten der Menschen im grenznahen Raum sei effektiver als ein Zurückschieben über die grüne Grenze, wo damit zu rechnen sei, dass die Zurückgeschobenen an anderer Stelle dann einen weiteren Einreiseversuch unternehmen würden. Diese Pläne will die Ampel-Regierung nach Angaben Faesers nun auch ohne die Union verfolgen.

Hessens Regierungschef Rhein, aktuell auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, entgegnete: „Der Vorschlag sieht vor, dass Migranten erst einmal einreisen. Ab da wird es enorm kompliziert – und belastet Justiz und Bundespolizei mit einem aufwendigen, langwierigen Verfahren und geringer Aussicht auf Erfolg.“

Er sprach von einem „Bürokratiemonster“. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sieht den Vorschlag der Bundesregierung dagegen als einen „gangbaren Weg, um die Zugangszahlen und die Anreize für eine Weiterreise aus anderen EU-Staaten nach Deutschland zu reduzieren“.

Vertreter von SPD und Grünen machten europarechtliche Bedenken gegen den Vorschlag der Union geltend, auch Menschen, die um Asyl ersuchen und nicht mit einer Einreisesperre belegt sind, direkt an der Grenze zurückzuweisen.

FDP fordert Rückkehr an den Verhandlungstisch

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, sagte, man habe bei dem Gespräch angeboten, „das Modell der Union, das einfache Zurückweisungen vorsieht, an bestimmten Grenzpunkten einzuführen“. Dennoch habe die Union die Gespräche verlassen. „CDU und CSU sollten an den Verhandlungstisch zurückkehren und dies gemeinsam mit uns umsetzen“, forderte Dürr.

Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU) kritisierte, es sei kein gutes Signal, dass die Gespräche ergebnislos zu Ende gegangen sind. „Wir hoffen aber, dass die Tür nicht endgültig geschlossen bleibt“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. (dpa/red)



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