Lieber beim Wald und bei der Tierhaltung sparen? FDP mit neuen Ideen
Innerhalb der Ampelkoalition geht der Streit um Be- und Entlastungen für Landwirte in die nächste Runde: Aus den Reihen der FDP bekommt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) Unterstützung für seine Pläne, „wenigstens eine der beiden Maßnahmen im Kabinett wegzuverhandeln“, die die Bauern ab 2024 mit einer knappen Milliarde zur Kasse bitten wollen. Das berichtet unter anderem die „Bild“. Doch Özdemir solle im Gegenzug selbst entscheiden, an welcher Stelle er stattdessen in seinem Ressort kürzen will.
„Auch der Haushalt des Landwirtschaftsministeriums hat erheblichen Spielraum für Einsparungen“, meinte Gero Hocker, der agrarpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, im Gespräch mit der „Bild“.
Zwei Streich-Vorschläge
Ginge es nach ihm, kämen als Erstes das Förderprogramm zum Stallumbau für die Tierhaltung und das Programm für den klimafreundlichen Umbau des Waldes auf den Prüfstand.
Für den Stallumbau seien sowohl 2024 als auch 2025 je 250 Millionen Euro veranschlagt, für die „klimafreundliche“ Waldwirtschaft seien in diesem Jahr nur 130 von 200 Millionen abgerufen worden. Deshalb habe Hocker vorgeschlagen, den Posten für das Wald-Update auf nur noch 100 Millionen zu begrenzen und die Ausgaben für den Stallumbau komplett zu streichen. Denn für Letzteres liege ab 2026 kein Finanzierungskonzept vor. „Damit ist für Hocker das Programm unsinnig und streichbar“, heißt es bei der „Bild“.
Hocker gehe davon aus, dass allein durch diese beiden Sparmaßnahmen den Landwirten zumindest bis zu 350 Millionen Zusatzkosten erspart bleiben könnten. Nach den Beschlüssen der Ampelregierung sollen sie insgesamt 920 Millionen Euro für den Bundeshaushalt 2024 tragen.
Mit den Worten „Minister Özdemir muss sich bekennen, ob er es mit seinen vollmundigen Versprechungen wirklich ernst meint. Dann sollte er neben diesen beiden Positionen auch weitere eigene Vorschläge unterbreiten“, habe Hocker den Hut in den Ring geworfen.
Grünen-Fraktionschefin sieht Etat-Kompromiss in Gefahr
Da Hockers Ideen vorwiegend zulasten „grüner“ Förderprogramme gingen, ließ die Replik von Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge nicht lange auf sich warten: Man dürfe nicht „einzelne Bausteine“ des aktuellen Haushaltskompromisses herausziehen, sonst stürze „das gesamte Paket zusammen“, hatte Dröge mehreren Medienberichten zufolge gegenüber der Mediengruppe Bayern geäußert. Sie vertrete den Standpunkt: „Wer eine neue Lösung will, muss gemeinsam eine funktionierende Alternative finden“.
Es bestehe die Gefahr, dass ansonsten der Etat-Kompromiss der rot-grün-gelben Koalition scheitere, so Dröge. Die Diplom-Volkswirtin habe betont, dass vor zwei Tagen auch die Fraktionsvorsitzenden der FDP im Koalitionsausschuss informiert worden seien und Mitverantwortung für die Etatpläne übernommen hätten. „Wenn man so tut, als hätte man mit seinen eigenen Entscheidungen nichts tun“, erwecke dies „kein Vertrauen“, stichelte Dröge in Richtung der FDP.
Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, hatte am vergangenen Montag auf einer Protestveranstaltung am Brandenburger Tor erneut davor gewarnt, die Landwirte finanziell schlechter zu stellen. Das könne sich am Ende auch auf die Verbraucherpreise auswirken: Lebensmittel könnten deutlich teurer werden.
Ampel bleibt unnachgiebig
Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch, 13. Dezember, sein großes Kürzungspaket für den Haushalt 2024 vorgelegt. Die Minister sahen offenbar keinen anderen Ausweg mehr, als die seit Jahren gewährten Agrardiesel-Subventionen zu kürzen und die Kfz-Steuerbefreiung für Traktoren zu streichen. Zuvor hatten unter anderem die Grünen gefordert, „klimaschädliche Subventionen“ abzubauen.
Nach Angaben der „Bild“ soll die künftige Besteuerung des Dieselkraftstoffs 440 Millionen, die Kfz-Steuer für die bäuerlichen Fahrzeuge 480 Millionen in die Kassen des Bundeshaushalts spülen.
Am vergangenen Montag war es daraufhin zu einer Protestdemonstration von rund 8.000 Bauern mit 3.000 Traktoren im Herzen Berlins gekommen. Auf der Bühne kam auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir zu Wort. Er sicherte den wütenden Demonstranten zu, sich am Verhandlungstisch für die Bauern einsetzen zu wollen, damit entweder die Agrardiesel-Subvention oder die Steuerbefreiung für Traktoren bleiben könne. Trotzdem hatte er schwer mit Buhrufen, Pfiffen und „Ampel weg“-Rufen vonseiten der aufgebrachten Landwirte zu kämpfen (Video auf „X“).
Zwei Tage später zeigte sich das Bundeskabinett allerdings unbeeindruckt: „Die Regierung hält an ihren Zielen fest“, verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor der Presse.
Ob das Parlament den Haushaltsentwurf 2024 Ende Januar absegnen wird, scheint zumindest fraglich: Die FDP-Fraktion hatte bereits am 17. Dezember ein Veto gegen die Pläne der Regierung zur Streichung der Steuervergünstigungen für Landwirte angekündigt. Nach Einschätzung von FDP-Fraktionschef Christian Dürr wären andernfalls die „faire[n] Wettbewerbsbedingungen im europäischen Vergleich“ für die deutschen Bauern in Gefahr. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gab an, „kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe“ zu sein. Er sei „für Alternativen offen“.
Nach BVerfG-Urteil: 17-Milliarden-Loch im Haushalt
Hintergrund der Sparpläne des Bundes ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. November 2023. Der Zweite Senat des höchsten deutschen Gerichts hatte das „Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021“ (2. NHG 2021) für nichtig und grundgesetzwidrig erklärt: Es sei nicht erlaubt, übrig gebliebene Milliardenbeträge aus dem Corona-Sonderfonds nachträglich für klimapolitische Maßnahmen zu verwenden. Das BVerfG war damit einer Klage der Unionsfraktion im Bundestag gefolgt (Az: 2 BvF 1/22).
Das Urteil riss zunächst eine Lücke von 60 Milliarden in den Sonderfonds für Klima und Transformation (KTF). Zwei Wochen und etliche ampelinterne Verhandlungs- und Rechenstunden später hatte Finanzminister Lindner festgestellt, dass durch das Urteil auch im Haushalt 2024 17 Milliarden Euro fehlen würden.
Seither dreht sich die finanzpolitische Debatte in Deutschland um Nachtragshaushalte, Sondervermögen, Sparpotenziale, höhere Kosten für Energie und die Schuldenbremse. Als Sofortmaßnahme strich das Bundeswirtschaftsministerium kurzfristig die „Umweltprämie“ für E-Automobile.
Finanzminister Lindner hatte seine ursprüngliche Absicht, den Etat 2023 ohne die Aushebelung der Schuldenbremsregelung zu bestreiten, schon Ende November aufgegeben. Für das Haushaltsjahr 2024 könnte die Schuldenbremse abermals fallen – nämlich dann, wenn es zu einer Verschärfung der Lage der Ukraine im Krieg gegen Russland kommen sollte.
Bauernverband verspricht „sehr heißen Januar“
Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte bereits „einen sehr heißen Januar“ für den Fall angekündigt, dass die Regierung ihre Maßnahmen nicht ersatzlos zurücknehmen würde. Die Landwirte würden dann „ab 8. Januar überall präsent sein, in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt“ habe. Man nehme die „Kampfansage“ der Bundesregierung an, sagte Rukwied im Beisein von Minister Özdemir (Video ab ca. 4:45 Min. auf „YouTube“).
Auf dem Portal „Change.org“ wurde am 17. Dezember eine Online-Unterschriftenaktion gestartet, die sich „gegen die Streichungen der Agrardieselrückvergütung & Kfz-Steuerbefreiung“ auf Kosten der Landwirtschaft richtet. Stand 22. Dezember schlossen sich dem Petitionsentwurf bereits weit mehr als eine Million Menschen an.
(Mit Informationen von Agenturen)
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