Leichnam von André freigegeben: Eltern des getöteten Jungen dürfen Abschied nehmen
Die Mutter und der Stiefvater des bei dem Weihnachtsmarkt-Attentat von Magdeburg getöteten neunjährigen André dürfen am 2. Januar 2025 ihr Kind zum ersten Mal wieder sehen. Das hat das Paar am Vorabend in einem erneuten TikTok-Video bekannt gegeben. Nach Angaben der mit den Ermittlungen beauftragten Generalstaatsanwaltschaft Naumburg ist der Leichnam in der Rechtsmedizin Magdeburg allerdings noch nicht zur Beerdigung freigegeben.
Ob sie das Angebot der Inaugenscheinnahme annehmen werde, hänge davon ab, ob der Bestatter den Leichnam „so weit regeneriert“ bekomme, dass dies „ruhigen Gewissens“ möglich sei, erklärte Andrés Mutter Desirée G. in dem Video.
Keine Kontaktaufnahme „von oben“
Sowohl sie selbst als auch der Stiefvater ihres Jungen, Patrick S., bedankten sich zudem für die große Anteilnahme der Bevölkerung, insbesondere bei ihren Freunden, der Familie, ihrem Seelsorger und ihren TikTok-Followern. „Nach wie vor hat sich von da ganz oben niemand gemeldet“, stellte S. mit Blick auf staatliche Stellen klar (Video auf TikTok).
Fast zwei Wochen Warten
Kurz vor Silvester hatte das Paar in einem überall im Netz geteilten Video beklagt, dass man ihm elf Tage nach dem Terroranschlag verweigert habe, Abschied von André zu nehmen. Der „Staat“ sowie die Stadt Magdeburg lasse die Familie „tierisch im Stich“ und mache ihr „das Leben so richtig schwer“, kritisierte Stiefvater S. damals.
Nach Darstellung von G. sei es erst vorangegangen, seit sie selbst gedroht habe, einen Anwalt einzuschalten. Daraufhin habe man dem Paar wenigstens in Aussicht gestellt, den Leichnam ihres Sohnes innerhalb von zwei Tagen freizugeben. Dieses Versprechen wurde nun also offenbar eingehalten. Das Paar hatte die Öffentlichkeit darum gebeten, seine Stellungnahme so weit wie möglich in den sozialen Medien zu verbreiten (Video auf TikTok).
Aus „Pietätsgründen“ nicht kontaktiert
An welche Stellen genau sich das Paar mit seinem Anliegen gewendet hatte, ist unklar. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg soll es nicht gewesen sein: Von einer entsprechenden Anfrage wisse er nichts, erklärte ein Sprecher am 2. Januar gegenüber der Epoch Times.
Nach seiner Aussage hätte es den Eltern auch grundsätzlich schon früher frei gestanden, sich den Leichnam nach Absprache mit der Polizei anzusehen. Es sei jedenfalls nicht die Aufgabe der Generalstaatsanwaltschaft, sich proaktiv bei den Eltern zu melden. Ihnen habe jederzeit der Weg zu einer Opferschutzstelle frei gestanden.
Nach seinem Kenntnisstand habe die Polizei bislang davon Abstand genommen, die Eltern zur Identifizierung zu kontaktieren, um diese aus Pietätsgründen so kurz nach dem Tod ihres Sohnes nicht zu sehr zu belasten.
Die Epoch Times fragte auch bei der Polizei Magdeburg nach den Gründen für die Verzögerung zur Freigabe des Leichnams von André nach. Die Fragen blieben bis zum Redaktionsschluss am 2. Januar unbeantwortet. Auch das Innenministerium von Sachsen-Anhalt reagierte bis zum Nachmittag nicht auf einen schriftlichen Fragenkatalog.
Eine Million an Spenden für alle Betroffenen eingegangen – Stadtrat soll Verteilungsrichtlinie beschließen
Ein Sprecher der Stadt Magdeburg teilte der Epoch Times allerdings auf Anfrage mit, dass die Stadt sich ebenfalls der Pietät wegen dagegen entschieden habe, Betroffene direkt über die sozialen Medien zu kontaktieren. Die Stadt sei aber dabei, die Kontaktdaten sämtlicher Toter und Verletzter zusammenzutragen. Das sei schwieriger, als man sich das gemeinhin vorstelle: Viele der inzwischen von Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) eingeräumten „weit mehr als 300 Opfer“ seien am Abend des 20. Dezember in aller Eile vom Rettungsdienst versorgt oder in mehr als 15 Krankenhäuser transportiert worden. Die Feststellung der Personalien sei von daher in manchen Fällen erst später erfolgt.
Schon am Tag nach der Terroraktion hatte allerdings die Stadt Magdeburg ein Spendenkonto für alle Verletzten und für die Angehörigen der Toten einrichten lassen. Wer spenden will, kann das laut Magdeburger Website ohne Verwendungszweck per Banküberweisung tun:
Landeshauptstadt Magdeburg
IBAN: DE89 8105 3272 0641 0958 72
BIC: NOLADE21MDG
In wenigen Tagen, so der Stadtsprecher, sei bereits fast eine Million Euro auf dem Spendenkonto eingegangen, darunter allein rund 200.000 Euro seit dem Jahreswechsel.
Nach seinen Worten werde der Stadtrat noch im Januar eine Sondersitzung abhalten, um über den Umgang mit dem Geld zu beraten. Bei so vielen Opfern bedürfe es einer „Richtlinie“, um die Spenden „schnellstmöglich und rechtssicher“ zu verteilen. Dabei müsse der Stadtrat berücksichtigen, dass es noch andere Spendenkonten gebe. Auch an gezielte Privatspenden für bestimmte Anschlagsbetroffene oder auch Leistungen von Unfallversicherungen sei zu denken, betonte der Sprecher.
„Lasst meinen kleinen Teddybär nochmal um die Welt fliegen“
Bereits kurz nach der Tat hatte Andrés Mutter ein Foto ihres getöteten Sohnes öffentlich gemacht. Dazu postete sie einen Abschiedstext, der viele Menschen dazu brachte, das Porträt viral gehen zu lassen:
Lasst meinen kleinen Teddybär nochmal um die Welt fliegen…. André hatte keinem was getan…. er war doch erst 9 Jahre bei uns auf der Erde…. wieso du…. wieso nur ich verstehe es nicht….. nun bist du bei Oma und Opa im Himmel sie haben dich sehr vermisst…. so sehr wie wir dich nun hier vermissen du wirst immer in unseren Herzen weiterleben…. das verspreche ich dir“
Todesfahrt vier Tage vor Heiligabend
Am frühen Abend des 20. Dezember war der aus Saudi-Arabien stammende Taleb A. mit einem angeblich Tage zuvor gemieteten SUV in die Menschenmenge des Magdeburger Weihnachtsmarkts gerast. Neben dem kleinen André kamen offiziellen Angaben zufolge vier weitere Besucher zu Tode.
Taleb A. ließ sich nach seiner Terrorfahrt widerstandslos festnehmen. Seitdem sitzt er in nicht-öffentlicher Untersuchungshaft in einer Justizvollzugsanstalt, wie der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg bestätigte. Bis zu einer Gerichtsverhandlung werde es aber wohl noch länger dauern, da es sich um Ermittlungen von außergewöhnlichem Umfang handele: „Wir werden uns bemühen, die Sache innerhalb von sechs Monaten zu einer Anklage zu bringen“, so der Sprecher. Danach würden sicher noch einige weitere Monate ins Land gehen, bis ein Urteil gefällt werden könne.
Der Anschlag hatte viele Fragen über die Motive des Täters, seinen Lebensweg, seine Ankündigungen in den sozialen Netzwerken und über Versäumnisse bei der Absicherung des Areals aufgeworfen. Der Fall sorgte international für Entsetzen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion