Lauterbach plant Anhebung der Krankenkassenbeiträge
Auf die Krankenversicherten kommen höhere Beiträge zu, weil den Krankenkassen Geld fehlt. Dies kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Donnerstag an. Um welchen Prozentsatz die Beiträge steigen sollen, wollte der Minister aber noch nicht sagen. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) bezifferte den Fehlbetrag für das kommende Jahr auf 17 Milliarden Euro.
Die Beitragserhöhung sei eine von „vier Stellschrauben“ zur Lösung des Finanzierungsproblems, sagte Lauterbach der Zeitung. Die anderen drei seien: „Effizienzreserven im Gesundheitssystem heben, Reserven bei den Krankenkassen nutzen, zusätzliche Bundeszuschüsse gewähren.“
Kassen und Opposition forderten rasch Klarheit, woher das Geld kommen soll, doch der Gesundheitsminister mahnte zur Geduld: „Ich werde rechtzeitig einen wohl überlegten Gesetzentwurf vorlegen“, sagte Lauterbach. Auf einen Termin vor der Sommerpause wollte er sich nicht festlegen.
GKV kritisiert Mehrwertsteuer auf Arzneimittel
Die gesetzlichen Kassen schlugen ihrerseits unter anderem eine Mehrwertsteuersenkung auf Medikamente vor. „Während für Schnittblumen oder Ölgemälde lediglich der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent fällig ist, müssen die, die Krankenkassen für Blutdrucksenker und Krebsmedikamente mit 19 Prozent mehr als doppelt so hohe Steuern bezahlen“, betonte der Verband. „Die Absenkung des Steuersatzes auf das Niveau für Brot und Käse wäre angemessen und sozial.“ Dies würde die Kassen laut GKV „um über fünf Milliarden Euro pro Jahr entlasten“.
Der GKV-Spitzenverband warb für eine Reihe weiterer Vorschläge, deren Einsparpotenzial sich auf 15 Milliarden Euro summiere. Unter anderem solle die Gesundheitsversorgung für Empfänger von Arbeitslosengeld II komplett vom Staat übernommen werden. Dies sei eine „staatliche Aufgabe“, erklärte der GKV-Spitzenverband. Hierfür gäben die Kassen derzeit jährlich zehn Milliarden Euro mehr aus, als sie aus Steuermitteln erstattet bekämen.
Kritik von Gewerkschaften und Linkspartei
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warb für eine Entlastung der Kassen durch den Bund. „Beitragszahler jetzt für die gesundheitspolitischen Fehler der Vergangenheit zahlen zu lassen, ist ebenso falsch wie ungerecht“, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Einer dieser Fehler liege darin, dass die Kassen zu viel für die Versorgung von Hartz-IV-Empfängern zahlen müssten. Für den DGB liege „die richtige und gerechte Lösung“ in einer Erhöhung des Bundeszuschusses.
Die Linkspartei kritisierte eine soziale Schieflage von Lauterbachs Plänen. „Mit der nun angekündigten Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge will er den Normal- und Geringverdienern jetzt noch tiefer in die Tasche greifen, um die Haushaltslöcher des maroden Krankenkassensystems zu stopfen“, kritisierte Linken-Fraktionsvize Susanne Ferschl.
Der allgemeine Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung liegt derzeit bei 14,6 Prozent des Lohns oder der Rente. Dies reicht den Kassen aber in der Regel nicht, um ihre Kosten zu decken. Sie können deshalb Zusatzbeiträge erheben. Diese liegen dieses Jahr im Schnitt bei 1,3 Prozent, schwanken aber von Kasse zu Kasse. Beide Beitragsteile werden je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt.
Kostenlose Corona-Tests auch über den Mai hinaus möglich
Gesundheitsminister Lauterbach kündigte darüber hinaus an, „in wenigen Wochen“ die Mitglieder für die Expertenkommission zur Krankenhausreform zu benennen. „Es wird eine Expertenkommission sein, die nicht mit den üblichen Verbändevorsitzenden bestückt ist. Ich setze auf die Wissenschaft.“
Die Kommission hatten SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart. Zum Auftrag an das Gremium sagte Lauterbach: „Die Versorgung muss qualitativ besser und effizienter werden. Und wir müssen trotz extremen Personalmangels die Versorgungssicherheit gewährleisten.“ Man laufe auf eine Situation zu, „in der wir in vielen Regionen zu wenige Pflegekräfte und zu wenige Ärzte haben. Darauf müssen wir Antworten finden.“ Zusätzlich müssten mehr stationäre Leistungen ambulant gemacht werden, wo das medizinisch sinnvoll sei.
Unterdessen deutete Lauterbach an, dass Corona-Tests (Bürgertests) auch über den Mai hinaus kostenlos bleiben könnten: „Wenn es die Corona-Lage erfordert, werden die Bürgertests auch über den 31. Mai hinaus zur Verfügung stehen. Wir entscheiden nach Situation“, sagte der Minister. (afp/dts/dl)
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