Lauterbach hält Omikronwelle für kontrollierbar – und nimmt Öffnungen ins Visier
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Omikron-Welle zeigen laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bisher die erwartete Wirkung. „Mit den hohen Fallzahlen hatten wir gerechnet“, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lothar Wieler, dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), äußerte er sich zur aktuellen Pandemielage.
Die Zahlen könnten noch bis auf 400.000 pro Tag steigen. Das Ziel sei aber bisher erreicht worden, mit „so wenig schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen wie möglich“ durchzukommen. Die Sieben-Tage-Inzidenzen lägen jetzt im Schnitt bei 1.000, bei Jüngeren teils bei 2.000, in der Risikogruppe der Älteren, auf die es besonders ankomme, aber zwischen 200 und 300.
„Sonderprobleme“ in Deutschland
„Das ist unser Erfolg“, sagte Lauterbach. „Wir haben derzeit die Omikron-Welle in Deutschland gut in der Kontrolle.“ Das gelinge durch die bestehenden Alltagsauflagen und Zugangsregeln wie 3G, 2G und 2G plus. „Das werden wir weiter machen“, sagte der Minister. Er verwies auf das „Sonderproblem“ Deutschlands mit einer im Schnitt sehr alten Bevölkerung und einem hohen Anteil Ungeimpfter in der besonders gefährdeten Gruppe der Menschen ab 60 Jahre.
Er rief eindringlich dazu auf, Auffrischimpfungen umgehend wahrzunehmen und nicht auf mögliche Impfstoffe zu warten, die an Omikron angepasst seien. Das Risiko zu sterben sinke mit den vorhandenen Impfstoffen um 99 Prozent im Vergleich dazu, wenn man ungeimpft ist. Der Minister kündigte für kommende Woche Vorschläge zu Neuregelungen an. Dazu liefen noch enge Abstimmungen mit den Ländern.
Wiehler mahnt zur Vorsicht
Für Lothar Wieler sei es noch unklar, wie sich Omikron insbesondere auf die ältere ungeimpfte Bevölkerung in den kommenden Wochen auswirken werde.
Die Fallzahlen steigen weiter massiv an, aber tatsächlich steigen sie bei weitem nicht so heftig, wie es unter Omikron möglich wäre“, erklärte der RKI-Chef am Freitag.
Das liege auch daran, dass „sich die allermeisten Menschen verantwortungsvoll“ an die Pandemie-Regeln hielten. „Wir gewinnen tatsächlich mit jedem Tag Zeit, an dem sich viele weitere Menschen impfen lassen können und auch eine Auffrischungsimpfung nehmen“, sagte Wieler. Dadurch werde auch die Anzahl der schweren Krankheitsverläufe reduziert.
Neue Phase der Pandemie
Dennoch dürfe nicht vergessen werden, dass Deutschland „auf einen Höhepunkt“ der Pandemie zusteuere. In den vergangenen sieben Tagen hätten sich rund 890.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, das entspreche einem Prozent der Bevölkerung, erklärte Wieler.
In dieser Phase sei die reine Fallzahl nicht mehr das entscheidende Kriterium, betonte Wieler. „Wir müssen jetzt in erster Linie auf die Krankheitslast und die Krankheitsschwere schauen.“ Denn das Ziel bleibe, „schwere Verläufe zu verringern und die Arbeitsfähigkeit von Kliniken, aber natürlich auch von anderen kritischen Infrastrukturen aufrechtzuerhalten“.
Auch die Zahl der Menschen, die wegen Omikron im Krankenhaus behandelt werden müssten, steige wieder. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist laut Robert Koch-Institut (RKI) auf nun 1.073 angestiegen. Die Gesundheitsämter meldeten 190.148 neue Fälle innerhalb eines Tages. Die neue Omikron-Variante dominiert dabei mit 96 Prozent.
Lauterbach erwägt Lockerungen
Mehrere andere europäische Länder haben in den letzten Wochen bereits Lockerungen beschlossen. Hierzulande seien mögliche Lockerungen der Maßnahmen von den Infektionszahlen der Vulnerablen abhängig, sagte Lauterbach. Die Infektionszahlen würden im Laufe des Februars sinken. Lockerungen seien aber nur dann vertretbar, wenn dieser Rückgang auch die Gruppe der besonders Gefährdeten betreffe.
Die FDP drängte derweil darauf, schon jetzt über Öffnungsperspektiven zu sprechen. „Wenn die Kliniken der Omikron-Welle gut standhalten, muss die nächste Ministerpräsidentenkonferenz auch Öffnungen empfehlen“, sagte Fraktionschef Christian Dürr dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis zog zwei Jahre nach Beginn der Pandemie ein Zwischenfazit aus intensivmedizinischer Sicht. Insgesamt seien knapp 600.000 Patienten mit COVID-19 in deutschen Krankenhäusern gelandet, sagte er. Etwa 150.000 von ihnen hätten auf der Intensivstation künstlich beatmet werden müssen, die Hälfte davon sei gestorben. Für die Beschäftigten im Gesundheitswesen sei dies ein „Stresstest“ gewesen, sagte der Mediziner. „Man kann nur den Hut ziehen und sich tief verneigen.“ (dpa/mf)
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