Lauter als die Polizei erlaubt: Kampf gegen PS-Protzer

Der viel befahrene Mannheimer Kaiserring, kurz vor Sonnenuntergang: Ein junger Mann lässt seinen Motor aufheulen, erst zaghaft, dann immer lauter.
Titelbild
"Autoposer" fahren mit ihren oft getunten Fahrzeugen vor allem in den Abendstunden durch die Innenstädte und zeigen lautstark, wie viel PS ihr Wagen hat.Foto: Uwe Anspach/dpa
Epoch Times20. August 2016
Der viel befahrene Mannheimer Kaiserring, kurz vor Sonnenuntergang: Ein junger Mann lässt seinen Motor aufheulen, erst zaghaft, dann immer lauter. Der Spaß ist diesmal aber gleich null: Hinter dem Auto hockt ein Polizist und hält ein Messgerät 50 Zentimeter vor den dicken Auspuff.

Fazit: Viel zu laut – die Fahrt des PS-Protzers ist hier zu Ende. Wenige Minuten später baumelt der Schlitten über dem Abschleppwagen.

In jeder größeren Stadt und auch in kleineren Orten kennt man sie: Autoposer, die mit ihrem Gefährt protzen und lärmend durch die Straßen brausen – gern immer und immer wieder. „Es gibt offensichtlich Menschen, meist maskulin, die glauben, sich darstellen zu müssen“, sagt Mannheims Verkehrspolizeichef Dieter Schäfer. Neu sei das nicht, aber zuletzt wieder massiv. „Wir kämpfen schon seit zehn Jahren immer wieder gegen das Phänomen.“

Jetzt greifen Stadt und Polizei härter durch. Mehr als 30 Autos von Lärmsündern hat Schäfers Team in den vergangenen drei Wochen schon aus dem Verkehr gezogen. Mannheims Sicherheitsdezernent Christian Specht (CDU) sagt, die Fahrer lachten über die normalen Verwarnungsgelder nur.

Anwohner in der Mannheimer Innenstadt schrecken an Wochenenden teils mehrmals in der Nacht wegen Autolärms aus dem Schlaf hoch. Viele wollten sich das nicht mehr gefallen lassen und haben eine Unterschriftensammlung bei der Stadt eingereicht. Sie notieren auch Nummernschilder besonders dreister Autoposer.

Wolffried Wenneis ist einer der geplagten Anwohner. „Das Problem ist, dass diese Fahrzeuge eine Ringstrecke fahren“, sagt der 78-Jährige. „Diese Krachmacher kommen in einer Stunde fünfmal bei mir am Haus vorbei.“ An einen erholsamen Schlaf sei nicht zu denken. Verkehrspolizeichef Schäfer erzählt, seit Beginn der Kontrollen sei es bereits deutlich ruhiger geworden.

Ein Experte für Fahrzeugtechnik vom Tüv Nord sagt: „Die Szene, die in Mannheim die Umgebung kirre macht, wird nachträglich manipulierte Auspuffanlagen haben.“ Der ADAC nennt das Gehabe der Autoposer blödsinnig. Es sei eine Unsitte, wenn jemand etwa an der roten Ampel den Motor aufheulen lasse, sagt ein Sprecher des Verkehrsclubs. „Das ist ein vorpubertäres Verhalten und kein verantwortungsbewusstes Verhalten im Straßenverkehr.“

Die Mannheimer sind nicht nur genervt von den Lärmsündern – sie fürchten auch um ihre Gesundheit. „Lärm ist ein Stressfaktor“, schreibt das Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt. „Er aktiviert das autonome Nervensystem und das hormonelle System.“ Die Folge seien Veränderungen bei Blutdruck, Herzfrequenz und anderen Kreislauffaktoren. Der Körper schütte vermehrt Stresshormone aus. Mögliche Langzeitfolgen chronischer Lärmbelastung könnten zum Beispiel Herzkrankheiten sein.

Für den jungen Mann in der Mannheimer Kontrolle wird es teuer: Für Dinge wie Abschleppen, Gutachten, Rückbau des Tunings und spätere neue Zulassung kämen locker 1000 Euro zusammen, sagt Schäfer. Er ist an diesem Abend mit 30 Mann angerückt – und die Großkontrolle zeigt die gewünschte Wirkung: Schaulustige versammeln sich an der Absperrung, machen Handybilder. In den sozialen Netzwerken werde sich das hier rasend schnell verbreiten, sagt Schäfer. Bestenfalls schrecke es Fahrer auch an anderen Abenden vom PS-Protzen ab.

(dpa)

Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion