Lars Klingbeil übernimmt Fraktionsvorsitz: „Handlungsfähige Regierung“ auch der Wille der SPD

Lars Klingbeil, der Co-Parteichef der SPD, ist am Mittwoch, 26. Februar 2025, zum neuen Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag gewählt worden. 85,6 Prozent der 120 sozialdemokratischen Abgeordneten stimmten für den 47-Jährigen. Er rückt an die Stelle von Rolf Mützenich (65), der das Amt seit September 2019 innegehabt hatte.
Er wisse um die Verantwortung der Sozialdemokratie, „dieses Land stark zu machen und dafür zu sorgen, dass wir eine handlungsfähige Regierung bekommen. Das ist der Wille auch der SPD“, so Klingbeil nach seiner Wahl vor der Presse.
Nun liege es am CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, dass das Vorhaben gelingen könne. Das Angebot „nach vernünftigen, nach ordentlichen, nach ernst gemeinten Gesprächen“ sei jedenfalls vorhanden. „Ich bin jetzt gespannt, was die andere Seite zu bieten hat.“
Unterschiedliche Haltung zu NGOs
Gefragt nach den jüngsten Forderungen der Unionsfraktion für eine politische Neutralität von NGOs, stellte sich Klingbeil vor die Nichtregierungsorganisationen: „Das, was da gestern passiert ist, mit dieser Anfrage, ist ein Foulspiel. Und die Union sollte sehr schnell nochmal in sich gehen, ob sie daran festhält.“
Die Union würde mit ihrer Kleinen Anfrage „Organisationen, die unsere Demokratie schützen“ an „den Pranger“ und „infrage stellen“, sagt SPD-Chef Klingbeil zu den 551 Fragen der CDU über die „Demos gegen Rechts“, NGOs und Steuergelder.
„Nach Auffassung der Fragesteller stellen… pic.twitter.com/mWcEXL7KhQ
— Epoch Times Deutsch (@EpochTimesDE) February 26, 2025
Überhaupt seien für ihn Vorschläge, von denen er aus der Zeitung erfahre, „automatisch vom Tisch“. Die Union müsse für sich klären, „wie ernsthaft“ sie in die Gespräche gehen wolle.
Schon am Vortag hatte Klingbeil im ZDF-Interview erklärt, er erwarte, dass Merz „seinen Kurs und auch seinen Ton deutlich ändert“. Es sei noch „überhaupt nicht ausgemacht“, dass es eine gemeinsame Regierung geben werde.
Gemeinsamer Fahrplan soll demnächst stehen
Bei der nächsten Unterredung mit Merz werde es um einen Fahrplan für weitere Verhandlungen zwischen der SPD-Parteiführung und der Union gehen, bestätigte Klingbeil. Ein zeitnaher Austausch sei bereits verabredet.
Als Vertreter der Fraktion werde er „Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche Stärke und die Sicherung von Arbeitsplätzen“ in den Mittelpunkt der Gespräche stellen, kündigte Klingbeil an. Zudem gehe es ihm um Sicherheit im Land und um mehr Geld für „hart arbeitende“ Beschäftigte. Es gelte auszuloten, „ob wir da mit der Union auf einen gemeinsamen Weg kommen“. Ein wichtiges Anliegen sei ihm auch, die „demokratische Mitte in diesem Land“ zu stärken.
Für ihn selbst gehe es „jetzt erst mal darum, ein gemeinsames Verständnis für die Größe der Aufgabe zu entwickeln, die vor uns liegt“.
Es müsse „erstmal ein gemeinsames Verständnis für die Größe der Aufgabe“ entwickeln werden, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Lars Klingbeil über die Regierungsbildung mit Merz und CDU. Ein Angebot „nach vernünftigen, nach ordentlichen, nach ernst gemeinten Gesprächen ist da.“ pic.twitter.com/562uR4R5lm
— Epoch Times Deutsch (@EpochTimesDE) February 26, 2025
Klare Abgrenzung zur AfD
„Die Rolle der Fraktion wird eine andere sein“, sagte Klingbeil voraus. Denn „die rechtsextremen Kräfte in diesem Parlament“ seien „nochmal viel stärker geworden“.
Es werde jedenfalls keine Stimmen seiner Fraktion „für einen AfD-Vizepräsidenten in diesem Parlament“ geben. „Wir machen unsere Kreuze nicht bei Rechtsextremen“, betonte der ehemalige Antifa-Aktivist (Kurzvideo auf X).
Gerade „wenn die Landkarte blau“ sei, gehe es darum, „das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen“. Die „klare Haltung“ zur AfD werde seine Fraktion nicht aufgeben.
Streit um Otto-Wels-Saal
Auch dem Wunsch der AfD-Fraktion, einen größeren Sitzungssaal als bisher im Reichstagsgebäude von der geschrumpften SPD-Fraktion zu übernehmen, erteilte der neue Fraktionschef eine Absage: Wie sein Vorgänger Mützenich würden er und die gesamte SPD-Fraktion „alles dafür tun, dass der Otto-Wels-Saal fest in sozialdemokratischer Hand bleibt“.
Nach Informationen der „Bild“ hatte Mützenich den Raum aus historischen Gründen nicht hergeben wollen. Er ist benannt nach jenem Sozialdemokraten, der sich 1933 wortgewaltig gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten gewehrt hatte (Audio auf YouTube). Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, hatte laut „Bild“ bereits erklärt, dass der Ältestenrat des Bundestags über die Streitfrage zu entscheiden habe.
Klingbeil möchte Vielfalt der SPD nach außen sichtbar machen
Darüber hinaus, so Klingbeil, habe er sich als Fraktionsvorsitzender vorgenommen, „deutlich zu machen, dass es sehr unterschiedliche Perspektiven und Blickwinkel in dieser Fraktion gibt: ältere Abgeordnete, jüngere Abgeordnete, Stadt, Land, Mann, Frau, Migrationshintergrund“. Diese Vielfalt solle unter ihm auch nach außen sichtbar werden.
Am Tag nach der Wahl hatte Klingbeil erklärt, dass die Gräben zwischen Union und SPD in den vergangenen Wochen eher tiefer geworden seien. Hintergrund waren die Ereignisse der letzten Januarwoche. Damals hatte Merz in Kauf genommen, mehrere Pläne für eine Migrationswende gemeinsam mit den Stimmen der AfD-Fraktion durchzusetzen. Das Zustrombegrenzungsgesetz der Union war am 31. Januar im Plenum aber nicht durchgekommen.
Grenzschließungen mit SPD nicht zu machen
Klingbeil hatte Grenzschließungen schon am 7. Februar gegenüber der „Bild“ strikt ausgeschlossen. Es gebe eine „rote Linie“, die die SPD auch als Bündnispartner nicht überschreiten werde: „Und das ist die Frage des Grundgesetzes, der europäischen Verträge und des Völkerrechts. Wir können nichts machen, was am Ende dazu führt, dass Deutschland faktisch die Grenzen zumacht.“
Als Wahlkampfmanager seiner Partei hatte Klingbeil am 23. Februar eine schwere Schlappe hinnehmen müssen: Nach gut drei Jahren unter Kanzler Olaf Scholz war die SPD mit nur noch 16,4 Prozent um 9,3 Punkte im Vergleich zu Wahlergebnis 2021 abgestürzt.
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