Lange Debatte: Bundesregierung beschließt China-Strategie
Das Bundeskabinett beschließt heute nach langer und teils kontroverser Diskussion die mit Spannung erwartete deutsche China-Strategie. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will die Grundsätze der künftigen deutschen China-Politik anschließend im Berliner China-Institut Merics vorstellen und diskutieren. Es wird erwartet, dass sich auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit im Rahmen der routinemäßigen Regierungspressekonferenz zu dem Kabinettsentscheid äußert.
Anders als bei der Vorstellung der Nationalen Sicherheitsstrategie für Deutschland Mitte Juni verzichtet die Bundesregierung bei der China-Strategie auf eine Vorstellung in großem Rahmen. Die Sicherheitsstrategie war von Kanzler Olaf Scholz (SPD) gemeinsam mit vier Ministerinnen und Ministern öffentlich vorgestellt worden. Neben dem Kanzler und Baerbock saßen damals Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit auf dem Podium.
Rivalität und Wettbewerb haben zugenommen
Schon in der Nationalen Sicherheitsstrategie wird China im Einklang mit Formulierungen auf EU-Ebene als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale bezeichnet. „Wir sehen, dass dabei die Elemente der Rivalität und des Wettbewerbs in den vergangenen Jahren zugenommen haben“, heißt es in dem Dokument. Was dies bedeutet, soll nun in der China-Strategie ausbuchstabiert werden.
Baerbock hatte am Mittwoch am Rande des Nato-Gipfels im litauischen Vilnius angekündigt, von der Strategie solle die Botschaft ausgehen, „dass wir gemeinsam mit allen Partnern auf dieser Welt, mit allen Ländern auf dieser Welt in Frieden und Freiheit leben wollen – und dass wir zugleich nicht naiv sind“. Einseitige Abhängigkeiten müssten als Lehre aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine reduziert werden.
Unterschiedliche Akzente gegenüber Peking
In der Bundesregierung gibt es unterschiedliche Akzente in der China-Politik. Die Grünen treten mit Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck für einen härteren Kurs ein als Kanzler Scholz. Das zeigte sich zuletzt vor allem bei der Beteiligung des chinesischen Staatsunternehmens Cosco an einem Container-Terminal im Hamburger Hafen, die gegen den Widerstand der Grünen zustande kam.
Mit Besorgnis wird in Deutschland neben der Einschränkung von Freiheits- und Menschenrechten sowie dem Umgang mit Minderheiten in China vor allem das Großmachtstreben des Landes in der Indopazifik-Region gesehen.
Taiwan dürfte eine Rolle spielen
Die Drohungen Chinas mit einer Invasion der demokratischen Inselrepublik Taiwan dürften in der neuen China-Strategie eine Rolle spielen. Baerbock hatte eine militärische Eskalation um das von China beanspruchte Taiwan bei ihrem China-Besuch Mitte April ein „Horrorszenario“ für die Welt genannt. 50 Prozent des globalen Handelsverkehrs gingen durch die Meerenge der Taiwanstraße.
Zugleich bekräftigte Baerbock die Ein-China-Politik, wonach Peking als einzig legitime Regierung Chinas anerkannt wird und keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan unterhalten werden. Eine gewaltsame Veränderung des Status quo sei aber nicht zu akzeptieren, sagte sie damals.
Peking kritisierte Sicherheitsstrategie
Schon die deutsche Sicherheitsstrategie war in China auf deutliche Kritik gestoßen. Internationale Beziehungen aufzubauen, „indem man andere als Konkurrenten, Rivalen oder sogar Gegner betrachtet und normale Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit und Politik verwandelt, wird unsere Welt nur in einen Strudel der Spaltung und Konfrontation treiben“, hatte Außenamtssprecher Wang Wenbin gesagt.
Auch nach der Vorstellung der China-Strategie dürfte es Kritik aus Peking geben. Wobei viele Punkte dort schon bekannt sein dürften – die Bundesregierung hatte ihre Meinung zum Umgang mit China in den vergangenen Monaten auch öffentlich immer wieder deutlich gemacht. (dpa)
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