Sachsen: Landeswahlleiter gibt Endergebnis bekannt – Chance auf AfD-Sperrminorität gering

In Sachsen waren am 1. September rund 3 Millionen wahlberechtigte Bürger aufgerufen, in 60 Wahlkreisen, eine Direktstimme und eine Listenstimme zur Landtagswahl 2024 abzugeben. Mit einem Softwarefehler und Wahlfälschungen bei der Briefwahl sorgte die Wahl nachträglich für Aufsehen. Das Endergebnis der Wahl wurde am Freitag bekannt gegeben.
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Der Landeswahlausschuss gibt das Endergebnis der Landtagswahlen 2024 bekannt.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 13. September 2024

Der Landeswahlausschuss hat am Freitag, 13. September, in öffentlicher Sitzung in Kamenz das endgültige Ergebnis der Landtagswahl in Sachsen bekannt gegeben. Das Ergebnis wurde vom Ausschuss einstimmig festgestellt.

Wie Epoch Times vor Ort erfuhr, gab es dabei keine Veränderungen zwischen dem vorläufigen Ergebnis und dem Endergebnis. Somit blieb es dabei, dass die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer mit 31,9 Prozent vor der AfD mit 30,6 Prozent Wahlsieger ist. Es folgt das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 11,8 Prozent vor der SPD mit 7,3 Prozent.

Den Grünen ist mit 5,1 Prozent knapp der Einzug in den Landtag geglückt, während die Linke mit 4,5 Prozent die Fünf-Prozent-Hürde verpasste, aber über zwei errungene Direktmandate doch noch im Parlament vertreten ist.

Auch bei der Sitzverteilung gab es daher keine Veränderung.

Von den 120 möglichen Sitzen kommt die CDU demnach auf 41, die AfD auf 40, das BSW auf 15, die SPD auf zehn, die Grünen auf sieben und die Linke auf sechs Sitze. Zudem gewann ein Kandidat der Freien Wähler ein Direktmandat.

Wahlfälschung bei Briefwahl

Laut Landeswahlleitung gab es klassische Wahlfehler in den 60 Wahlkreisen wie Zahlendreher, Verrutschen in der Zeile, falsch übertragene Zahlenwerte und falsch ausgegebene Wahlzettel.

Grundsätzliche sei die Wahl sehr korrekt gelaufen, so Landeswahlleiter Martin Richter gegenüber Epoch Times. „Die Wahlvorstände haben sehr gute Arbeit geleistet. Wir hatten nur sehr wenige, kleine Korrekturen.“

Aber es gab auch mutmaßliche Wahlfälschungen, wie durch Dritte für Bewohner in einem Pflegeheim ausgefüllte Briefwahlzettel. Das betraf 42 Stimmabgaben, von denen letztlich elf Stimmabgaben nicht zugelassen wurden.

Zudem gab es erstmalig in einem hohen Maße eine nachträgliche Veränderung von Briefwahlzetteln. Diese 132 Stimmzettel wurden zum Vorteil der als vom Landesverfassungsschutz als „rechtsextrem“ eingestuften Partei „Freie Sachsen“ verändert.

Dem Landeswahlleiter ist dabei nicht klar, wie die Briefwahlzettel verändern werden konnten. Das herauszufinden sei nun Aufgabe der jetzt ermittelnden Generalstaatsanwaltschaft.

„Was ein besonderes Vorkommnis bei dieser Wahl war, waren versuchte Wahlmanipulationen bei Briefwahlstimmen in einem insgesamt natürlich im Verhältnis zu 2,3 Millionen [gültigen] Stimmen relativ geringen Umfang von 132 Stimmen.“

Das sei ein Vorkommnis, was das Landeswahlamt „sehr besorgt“, weil das (…) in dieser Form erstmalig aufgetreten sei.

All diese registrierten Wahlfehler hätten jedoch keine mandatsrelevante Veränderung zur Folge, hieß es während der Ausschusssitzung durch den Landeswahlleiter. Die gefälschten Briefwahlzettel wurden für ungültig erklärt. Die restlichen Wahlfehler wurden rechnerisch rausgerechnet beziehungsweise korrigiert.

Zu dem Softwarefehler, der letztlich der AfD die zuvor zugesprochene Sperrminorität wieder absprach und drei Parteien einen zusätzlichen Sitzplatz verschaffte, gab die Landeswahlleitung eine ausführliche Erklärung ab. Hintergrund sei nicht ein falsch angewandtes Berechnungsverfahren gewesen, sondern ein Rundungsfehler.

Sperrminorität für AfD theoretisch noch möglich

Damit besitzt die AfD mit aktuell 40 Sitzen keine Sperrminorität. Denn dafür hätte sie mehr als ein Drittel der Sitze, also mindestens 41, erlangen müssen.

Theoretisch wäre diese Situation auch jetzt noch möglich. Denn bei der Landeswahlausschusssitzung am Freitag ging es nicht um das eine Direktmandat der Freien Wähler. Matthias Berger errang dies als parteiloser Freie-Wähler-Kandidat in Leipzig.

Durch einen Wechsel zur AfD-Fraktion könnte er ihr noch 41 Sitze verschaffen – und damit die Sperrminorität. Allerdings teilte er gegenüber „Bild“ kürzlich mit, dass er nicht zur AfD wechseln wolle. Er bot aber der CDU seine Zusammenarbeit an, zitierte ihn das Medium weiter.

Gegenüber der Epoch Times erklärte Berger am 3. September, dass er nicht sicher sei, ob er sein Mandat überhaupt annehme.

Laut der „Leipziger Volkszeitung“ habe er sich nun entschieden, tatsächlich in den Landtag einzuziehen. „Es ist unglaublich wichtig, dass wir in diesem Land Veränderungen herbeiführen“, begründete Berger am Freitagmittag bei einer Pressekonferenz in Grimma seinen Entschluss. Und die lange Zeit des Überlegens begründet Berger damit: Das sei die wichtigste Entscheidung seines Lebens gewesen: „Grimma ist mein Leben.“

Mit der Mandatsannahme steht fest, dass er das Oberbürgermeisteramt, das er seit 23 Jahren in Grimma inne hat, aufgeben muss.

Hätte Berger das gewonnene Mandat nicht angenommen, wäre der nächst platzierte Kandidat auf der Freien-Wähler-Liste nachgerückt. Das wäre der Landeschef Thomas Weidinger (62).

Durch den Einzug des bürgerlich-konservativen Berger, der sich offen zeigt, auch für AfD-Anträge zu stimmen, wenn sie ihm vernünftig erscheinen, könnte Berger künftig mit seiner Stimme den fehlenden Sitz der AfD im Landtag für eine Sperrminorität ausgleichen.

Der Landtag wird sich voraussichtlich am 1. Oktober konstituieren.

Matthias Berger. Foto: Matthias Kost

Sperrminorität bietet mehr parlamentarischen Einfluss

Sperrminorität bedeutet, dass eine Partei, die mehr als ein Drittel der Sitze in einem Parlament erreicht, Beschlüsse des Parlaments, für die eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, blockieren kann.

Mit einer Sperrminorität der AfD wäre eine Änderung der sächsischen Verfassung ohne Zustimmung der Partei nicht möglich gewesen. Auch die Wahl der sächsischen Verfassungsrichter, die Ernennung des Präsidenten des Landesrechnungshofes oder einige Landesgesetze bedürfen einer Zweidrittelmehrheit. Damit hätte die AfD etwa die höchsten Gerichte des Landes unter Druck setzen können.

Auch die Neubesetzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums hätte die AfD mit ihrer Sperrminorität blockieren können. Dieses Gremium dient der parlamentarischen Kontrolle des Landesverfassungsschutzes, jener Sicherheitsbehörde, die die sächsische AfD als „sicher rechtsextrem“ eingestuft hat und beobachtet.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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