Landgericht Erfurt: AfD Thüringen muss Journalisten bei Wahlparty-Akkreditierung gleich behandeln

Mehrere Medien haben vor dem Landgericht Erfurt erfolgreich gegen das Akkreditierungsverfahren der AfD Thüringen zur Wahlparty geklagt. Die Partei kann nun Widerspruch einlegen – oder das Verfahren neu starten. Ein mögliches Vorbild gäbe dabei das OLG München vor dem NSU-Prozess.
Das Landgericht Erfurt verhandelt einen Fall gegen einen 74-jährigen Mann, der in seiner Wohnung operative Eingriffe an mehreren Männern gegen Bezahlung durchgeführt haben soll.
Das Landgericht Erfurt gab am Donnerstag statt, dass AfD Thüringen Journalisten bei Akkreditierung für Wahlparty am 1. September gleich behandeln muss.Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
Von 22. August 2024

Die AfD in Thüringen muss ihre Akkreditierungspraxis für Journalisten mit Blick auf ihre Wahlparty am 1. September überdenken. Mehrere Medien hatten gegen die Verwehrung einer Akkreditierung geklagt und am Mittwoch, 21. August, vor dem Landgericht Erfurt eine einstweilige Verfügung beantragt. Diesem Begehren gab das Gericht statt.

„Spiegel“ wirft AfD „Behinderung des kritischen Journalismus“ vor

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die AfD kann Widerspruch einlegen, in diesem Fall wäre eine mündliche Verhandlung durchzuführen und gegen ein Urteil wäre eine Berufung beim Thüringer Oberlandesgericht möglich. Bis zum Tag der Wahl und der Wahlparty sind jedoch nur noch zehn Tage Zeit.

Medien wie „Welt Digital/Print“, „Der Spiegel“, „taz“ oder „Bild“ hatten sich zusammengeschlossen, weil die AfD Thüringen ihren Reportern keine Akkreditierung erteilt hatte. Andere Medien waren jedoch zum Zug gekommen, unter anderem „Welt TV“.

Die „Spiegel“-Gruppe warf der Partei vor, „kritischen Journalismus“ seit Langem „regelmäßig zu behindern“. Deshalb wolle man durch die Klage mediale Gleichbehandlung und Pressefreiheit durchsetzen. Immerhin sei die Wahlparty einer Partei, der Umfragen den ersten Platz mit 30 Prozent der Stimmen zutrauen, eine „für die öffentliche Information bedeutsame Veranstaltung“.

Widersprüchliche Angaben zur Einladungspraxis

Die AfD will alle erforderlichen Vorkehrungen für eine ausgewogene Akkreditierungspolitik getroffen haben. Allerdings hatte sie uneinheitliche Begründungen für die Verweigerung von Akkreditierungen präsentiert. Gegenüber Nachrichtenagenturen äußerte Co-Landessprecher Stefan Möller, der Veranstaltungsraum sei für lediglich 200 Personen ausgelegt. Bereits Ende Juli hätte man alle 50 vorgesehenen Presseplätze vergeben gehabt.

Dagegen sprach, dass „Welt TV“ erst am vergangenen Dienstag seine Akkreditierung erhalten habe. Den darauf gerichteten Anträgen der klagenden Parteien seien zu diesem Zeitpunkt längst abschlägig beschieden worden.

Parteisprecher Torben Braga erklärte gegenüber der dpa, man habe keine Journalisten der Bundespresse eingeladen, „weil wir angenommen haben, dass die in Berlin sind oder in Sachsen“. Auf X postete er jedoch eine Liste mit ausgewählten akkreditierten Medien, auf der sich eine Vielzahl bundesweiter Medien fand.

Die AfD müsste nach dem derzeitigen Stand die Vertreter der klagenden Medien zur Wahlparty zulassen. Nun fürchtet man, dass noch mehr bislang nicht akkreditierte Pressevertreter Zutritt zur Veranstaltung verlangen könnten – und die Partei Journalisten diesen auch noch vorrangig gewähren müsste. Im äußersten Fall zuungunsten eigener Funktionsträger, geladener Gäste oder Wahlhelfer.

Losverfahren als möglicher Ausweg für die AfD Thüringen

Um dem Gebot der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen, ohne die vorgesehene Zahl der Pressevertreter drastisch zu erhöhen, erscheinen für die AfD Thüringen nun mehrere potenzielle Vorgehensweisen als denkbar. Eine davon wäre, sämtliche Pressevertreter auszuladen, was möglicherweise nicht im Sinne der Partei wäre, da in diesem Fall auch eine mögliche Live-Berichterstattung wegfiele.

Diese könnte von Funktionären der Partei genutzt werden, sich medial zu präsentieren. Darüber hinaus könnte das Landgericht Erfurt Bedenken hinsichtlich der Pressefreiheit geltend machen.

Eine andere scheint eine Wiederholung des Akkreditierungsverfahrens zu sein. Sollte die Zahl der Medien, die Einlass begehren, jene der vorgesehenen – möglicherweise nach Kategorien wie „Print“, „TV“, „Regional“ und „Ausland“ differenzierten – Presseplätze übersteigen, würden zwei mögliche Verfahren die Chancengleichheit gewährleisten.

Das eine wäre das „Windhundverfahren“, bei dem das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ gilt. Das andere wäre ein Losverfahren – wie es beispielsweise das OLG München mit Blick auf den NSU-Prozess angewendet hatte. Damals zog die „Welt“ den Kürzeren – unter anderem gegenüber dem Frauenmagazin „Brigitte“.



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