Länder wollen Lauterbachs Krankenhausreform blockieren – Vorstoß für Vermittlungsausschuss scheitert

Am Mittwoch war die geplante Krankenhausreform von Minister Lauterbach Thema im Bundesrat. Der Gesundheitsausschuss stimmte über eine Empfehlung ab, diese in den Vermittlungsausschuss zu bringen. Obwohl die Antragsteller über 34 von 35 nötigen Stimmen verfügten, scheiterte dieser.
Minister Karl Lauterbach spricht von einer «Revolution». (Archivbild)
Lauterbach sieht in seiner geplanten Krankenhausreform eine „Revolution“.Foto: Rabea Gruber/dpa
Von 7. November 2024

Der Gesundheitsausschuss im Bundesrat hat sich am Mittwoch, 6. November, mit der geplanten Krankenhausreform befasst. Das geplante Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), das als Prestigeprojekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gilt, soll im Vermittlungsausschuss nachverhandelt werden. Das war zumindest das Ziel eines Antrags, der dort diskutiert wurde.

Die Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen hatten diesen vorgelegt. Um die für den 22. November geplante Abstimmung im Plenum zu blockieren, wären 35 Stimmen aus den Ländern erforderlich gewesen. Die Antragsteller verfügten zusammen über 34, aber auch Hessen hatte sich bereits zuvor skeptisch gezeigt, wie das „Ärzteblatt“ berichtete. Der Bundestag hatte das Gesetz bereits am 17. Oktober beschlossen. Am Mittwoch scheiterte das Vorhaben jedoch, so die „Ärztezeitung“ – und nun wird alles auf den 22. November ankommen.

Was sich der Minister von der Krankenhausreform verspricht

Lauterbach sieht sein Reformkonzept als wichtigen Schritt, um ökonomischen Druck von Kliniken zu nehmen. Dazu sollen etwa 60 Prozent ihrer Kosten über Vorhaltepauschalen abgesichert werden. Dies markiere eine Abkehr vom System der Fallpauschalen, die aus Sicht des Ministeriums die Bereitschaft zu unnötigen Ausgaben erhöhe.

Um die Vorhaltepauschalen zu erhalten, müssten Kliniken bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Versorgungsstufen („Levels“) und Leistungsgruppen sollen Orientierung darüber geben, welche Leistungen eine Klinik anbieten dürfe. Diesbezüglich werde es einheitliche Vorgaben bei Ausstattung, Personal und Behandlungserfahrungen geben.

Die Leistungsgruppen sollen erkennbar machen, welche Schwerpunkte die jeweilige Klinik kennzeichneten. Dazu müssten die Bezeichnungen präziser werden – so würde etwa „Innere Medizin“ nicht mehr ausreichen. Stattdessen müssten konkrete Tätigkeitsbereiche wie die Kardiologie als Bereiche ausgewiesen werden, auf die Kliniken sich spezialisierten. Darüber hinausgehende Spezialleistungen müssten sie hingegen nicht anbieten – und würden auch nicht finanziert.

Lauterbach sieht vor allem ostdeutsche Kliniken als mögliche Profiteure

Wie er bereits im Mai in einer Pressekonferenz dargelegt hatte, sieht Lauterbach in seiner geplanten Krankenhausreform eine „Revolution“ im Bereich der Krankenhausfinanzierung. Kleine Kliniken könnten sich auf ihre Stärken beschränken, für komplexe Aufgaben wie Krebsbehandlungen sollen Spezialzentren zuständig sein.

Von der Krankenhausreform würden demnach vor allem Einrichtungen in Ostdeutschland profitieren. Dort seien zahlreiche Kliniken gefährdet, weil ihnen das bisherige System zu wenige Behandlungsfälle sichere. Die Level würden eine Einordnung der Krankenhäuser in eine von drei Gruppen ermöglichen.

Eines der Level stehe für eine wohnortnahe Grundversorgung, ein weiteres für Schwerpunkte oder Spezialisierungen in bestimmten Bereichen, das dritte für Spitzenversorgung. Darunter fielen etwa Unikliniken, die auch seltene Krankheiten behandeln. Die Länder müssten die entsprechenden Zuordnungen definieren.

Bundesländer fühlen sich bevormundet und fordern deutliche Änderungen

Mit dem, was Lauterbach ihnen als wichtige Rolle bei der Umsetzung der Krankenhausreform schmackhaft zu machen versucht, sind diese jedoch alles andere als zufrieden. Sie sehen sich bevormundet und überrollt. In einem weiteren kritischen Papier der Länder Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein heißt es:

Die Länder dürfen nicht zu einer nachgeordneten Behörde des Bundes degradiert und nur noch Vorgaben umsetzen, die auf Bundesebene definiert werden.“

Sie fordern Änderungen in zentralen Bereichen. Vor allem Facharztleistungen ließen sich nicht in ein starres Dreierschema von Leistungsgruppen pressen. Auch darüber hinaus müsse es Ausnahmen von diesem geben.

Auch müsse es Ausnahmen „mit Augenmaß“ von den Qualitätsvorgaben geben, die von den Ländern selbst zu definieren seien. Diese müssten Fälle wie Sicherstellung flächendeckender stationärer Versorgung, Leistungen im Fall von Katastrophen und die Möglichkeit von Verbünden und Kooperation gelten.

Ministerium: Ohne Krankenhausreform sind auch Übergangshilfen gefährdet

Im Kern werfen die Länder dem Bund vor, die geplante Krankenhausreform ignoriere regionale Besonderheiten. Zudem werde sie zu einer Vielzahl von Schließung von Kliniken führen. Die Kosten der Umsetzung des Vorhabens bürde Lauterbach wiederum den Beitragszahlern und ihren Arbeitgebern auf.

Der Bund will demgegenüber hart bleiben. Für den Fall einer Blockade im Bundesrat kündigte der Abteilungsleiter für Gesundheitsversorgung und Krankenversicherungen, Michael Weller, bereits Konsequenzen an. Gegenüber dem „Handelsblatt“ äußerte er:

Sollten die Länder das Gesetz blockieren, wird auch kein Geld fließen.“

Vonseiten des Ministeriums besteht man darauf, dass der Bundesrat am 22. November zustimmen solle, damit ein Inkrafttreten der Reform mit Beginn des nächsten Jahres möglich werde.

Von einer Befassung des Vermittlungsausschusses hält Weller gar nichts. Er sieht darin eher den Anfang vom Ende des Projekts. Es sei dann damit zu rechnen, dass das Vorhaben diesen für einen langen Zeitraum beschäftigen werde. Dies würde auch die Finanzierung gefährdeter Einrichtungen verzögern – oder gar verhindern.

Krankenhausgesellschaft hält Warnung für vorgeschoben

Weller sprach damit wohl die Überbrückungsfinanzierung von bis zu fünf Milliarden Euro an, die im Gesetzentwurf verankert ist. Diese solle finanziell prekäre Krankenhäuser kurzfristig entlasten und ihnen einen Übergang auf das neue System ermöglichen. Zwar könnten nicht alle, aber zumindest einige der gefährdeten Kliniken gerettet werden, so Weller. Neben Geld fehle auch Personal für bis zu 1.700 gefährdete Kliniken.

Thomas Lemke von der Deutschen Krankenhausgesellschaft geht davon aus, dass die Übergangsleistungen aufgrund der Krankenhausreform ohnehin zu spät kämen. Er meint gegenüber dem „Handelsblatt“:

„Der finanzielle Beitrag fürs nächste Jahr wird aufgrund des geringen Finanzvolumens und der nach wie vor vorhandenen strukturellen Unterfinanzierung die Insolvenzgefahr der Kliniken nicht mildern.“



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