Länder wollen Bezahlkarte für Migranten bis Herbst einführen
Die Bundesländer haben sich auf Standards zur Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge geeinigt. 14 der 16 Länder streben ein gemeinsames Vergabeverfahren an, wie die hessische Staatskanzlei am Mittwoch in Wiesbaden für die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mitteilte.
Die Einführung ist im Sommer oder spätestens im Herbst geplant. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern streben die Einführung ebenfalls an, wollen bei der Vergabe aber eigene Wege gehen.
Guthaben statt Bar
Mit der Karte sollen Flüchtlinge nach einheitlichen Standards einen Teil der ihnen zustehenden Leistungen als Guthaben statt per Barauszahlung erhalten. Die Debitkarte soll ohne Kontobindung funktionieren und bundesweit in allen Branchen einsetzbar sein.
Die Länder entscheiden selbst über die Höhe des Betrags und weitere Zusatzfunktionen und können die Nutzung regional einschränken und Branchen ausschließen.
Die Karte kann nicht im Ausland eingesetzt werden. Überweisungen von Karte zu Karte oder sonstige Überweisungen im In- und Ausland sind nicht möglich. Berechtigte sollen ihren Guthabenstand einsehen können.
In einem Vergabeverfahren soll ein Dienstleister bis Sommer den Zuschlag für die Umsetzung erhalten, sagte eine Sprecherin der niedersächsischen Staatskanzlei. Anschließend soll „im Sommer oder spätestens Herbst“ die Ausgabe an die Betroffenen erfolgen.
Arbeitsgruppe für bundeseinheitlichen Mindeststandards
Bereits Anfang November hatten die MPK, der Hessen derzeit vorsteht, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Einführung vereinbart. Daraufhin setzte die MPK eine Arbeitsgruppe ein, um ein Modell mit bundeseinheitlichen Mindeststandards zu erarbeiten.
„Mit der Einführung der Bezahlkarte senken wir den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen, unterbinden die Möglichkeit, Geld aus staatlicher Unterstützung in die Herkunftsländer zu überweisen, und bekämpfen dadurch die menschenverachtende Schlepperkriminalität“, erklärte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU).
Die Einführung der Karte sei ein wichtiger Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu senken.
„Ich freue mich, dass sich alle Länder so schnell auf gemeinsame Standards für eine Bezahlkarte geeinigt haben“, erklärte der niedersächsische Ministerpräsident und MPK-Ko-Vorsitzende Stephan Weil (SPD). Damit könne auf Bargeldauszahlungen an Flüchtlinge weitgehend verzichtet werden, was den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen minimiere.
Pro Asyl kritisiert die Karte
Pro Asyl kritisierte die Karte als „Diskriminierungsprogramm“. Damit werde „vor allem der Zweck verfolgt, den Menschen das Leben hier schwer zu machen und sie abzuschrecken“, betonte Andrea Kothen von Pro Asyl. „Schon allein wegen dieses unverhohlenen Motivs wirft die Bezahlkarte verfassungsrechtliche Fragen auf.“
Sie werde „absehbar zu einer Menge Ärger im Alltag führen und das Ankommen und die Integration der Menschen erschweren – aber rein gar nichts verbessern“, so Kothen.
FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr sieht mit der Einführung Anreize für irreguläre Migration effektiv reduziert. Von den Bundesländern forderte er eine schnelle Umsetzung. „Unsere wichtigste Aufgabe ist die Abschaffung sogenannter Pull-Faktoren, damit weniger Menschen irregulär nach Deutschland kommen“, sagte Dürr der „Rheinischen Post“. „Das ist uns jetzt gelungen.“
Lob vom Deutschen Landkreistag
Lob kam auch vom Deutschen Landkreistag. „Die flächendeckende Einführung von Bezahlkarten für Asylbewerber ist richtig und muss so schnell wie möglich realisiert werden“, sagte Präsident Reinhard Sager dem „Handelsblatt“.
„Zentral ist, dass überall dieselben Mindeststandards gelten.“ Sager verwies darauf, dass bereits einige Landkreise eigene Lösungen geschaffen haben. „Unseres Wissens nach wirken diese Projekte gut“, sagte er.
Nach Einschätzung des Migrationsforschers Herbert Brücker wird die Bezahlkarte aber nicht zu niedrigeren Flüchtlingszahlen führen. Es gebe „so gut wie keine belastbaren Erkenntnisse dazu, dass die Höhe der Leistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber die Zahl der Asylanträge beeinflusst“, sagte der Migrationsexperte vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der „Rheinischen Post“. (afp)
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