Länder streiten über Asylrecht-Aufweichung
Zwischen den Bundesländern ist ein Streit über eine mögliche Neuausrichtung des Grundrechts auf Asyl entbrannt. Anlass ist der Vorstoß des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) für eine Verfassungsänderung zur Bewältigung der Migrationskrise.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erteilte dem Vorschlag eine klare Absage. „Das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte ist ein elementarer Teil unserer Verfassung“, sagte Weil dem „Handelsblatt“.
Die Väter und Mütter des Grundgesetzes hätten es gerade aufgrund der in der NS-Zeit begangenen Grausamkeiten in die Verfassung aufgenommen.
Kretschmer will Asyl-Grundrecht anpassen
Kretschmer, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, die ab Mittwoch ihre Jahreskonferenz in Leipzig abhält, hatte dafür plädiert, das Asyl-Grundrecht an die aktuelle Situation anzupassen, um eine Reduzierung der Asylbewerberzahlen von derzeit 200.000 auf 30.000 pro Jahr zu erreichen.
Weil hält das für illusorisch. „Um das von der Union formulierte Ziel zu erreichen, müsste Deutschland aus diversen internationalen Vereinbarungen aussteigen, zum Beispiel aus der Europäischen Flüchtlingskonvention“, sagte der SPD-Politiker. „Ein Alleingang Deutschlands ist aber genau der falsche Weg.“
Auch Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) wies Kretschmers Vorstoß zurück. „Was wir nicht gebrauchen können, ist ein rhetorisches Anheizen der Debatte, weil das kein einziges Problem löst, sondern nur das gesellschaftliche Klima vergiftet“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Das hilft niemandem weiter.“
Bovenschulte mahnte, sich auf eine Lösung der tatsächlichen Probleme zu konzentrieren – etwa auf die schnelle Umsetzung der bereits beschlossenen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS).
Bund soll mehr Kosten tragen
Vor der Konferenz in Leipzig hat der rheinland-pfälzische Regierungschef Alexander Schweitzer (SPD) den Bund zu einer größeren Beteiligung an den Kosten der Flüchtlingsversorgung aufgefordert.
„Wenn man den sozialen Frieden nicht gefährden will, müssen Länder und Kommunen Flüchtlingskosten stemmen können, ohne die Handlungsfähigkeit an anderer Stelle einschränken zu müssen“, sagte der SPD-Politiker dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
„Deswegen muss der Bund auch die erheblichen finanziellen Aufwendungen der Kommunen für solche Antragsteller abfedern, die das Verfahren bereits durchlaufen haben, und für die nicht dem Asylrechtskreis unterliegenden Ukraine-Flüchtlinge.“
Vergangenes Jahr hatte der Bund unter anderem eine jährliche Pauschale für Asyl-Erstantragssteller in Höhe von 7.500 Euro zugesagt. Der Städte- und Gemeindebund hält die Zahlung für zu gering und pocht auf eine Ausweitung. Die bisher festgelegte Pauschale sei bei Weitem nicht ausreichend, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger dem RND.
„Zudem sollte die Pauschale auch abgelehnte, aber geduldete Migranten umfassen.“ Um die Finanzierung dauerhaft sicherzustellen, brauche es eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Migration und Integration“ im Grundgesetz, fügte Berghegger hinzu. (dts/red)
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