Kurzarbeit in fast einer halben Million Unternehmen in Deutschland
In der Corona-Krise haben bereits fast eine halbe Million Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Bis Ende vergangener Woche waren es rund 470.000, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte. Wie viele Menschen von Kurzarbeit betroffen sein werden, lasse sich derzeit aber noch nicht genau abschätzen. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, versicherte, es gebe „keine finanzielle Limitierung“ beim Kurzarbeitergeld.
Heil sagte am Dienstag in Berlin, es sei damit zu rechnen, dass in der Corona-Krise mehr Menschen in Kurzarbeit sein werden als während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009; damals betraf dies 1,4 Millionen Menschen. Verlässliche Angaben gebe es erst, „wenn abgerechnet ist“, sagte BA-Chef Scheele. Das hängt demnach unter anderem davon ab, wie viele Beschäftigte pro Betrieb kurzarbeiten, wie groß der Arbeitszeitausfall und wie lang die Kurzarbeitszeit-Periode ist. Eine erste „Wasserstandsmeldung“ wolle die BA in vier Wochen geben.
Heil: „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“
Die Bundesregierung hatte wegen der Ausbreitung des Virus im Eilverfahren Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld beschlossen, die rückwirkend bereits ab 1. März gelten. Unternehmen können demnach bereits dann Kurzarbeitergeld beantragen, wenn zehn Prozent der Beschäftigten im Betrieb von Arbeitsausfall betroffen sind statt zuvor ein Drittel. Zudem werden Arbeitgebern die Sozialversicherungsbeiträge, die sie auch bei Kurzarbeit zu zahlen haben, in voller Höhe erstattet. Ziel ist es, Arbeitsplätze zu erhalten.
Die Bewältigung der Krise sei eine „historische Aufgabe“, sagte Heil. „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“. Zugleich sagte er, dass es Anlass „zur realistischen Zuversicht“ gebe. Deutschland habe einen der stärksten Sozialstaaten auf der Welt.
Scheele verwies zur Finanzierung der Maßnahmen erneut auf die Rücklagen BA in Höhe von 26 Milliarden Euro. Zudem habe die BA bereits jetzt überplanmäßig rund zehn Milliarden Euro zusätzlich bei ihrem Verwaltungsrat und dem Bundesarbeitsministerium beantragt. „Niemand muss fürchten, kein Geld zu erhalten.“ Kurzarbeitergeld sei eine Pflichtleistung, die in jedem Fall ausgezahlt werde.
Beim Kurzarbeitergeld springt die BA ein und zahlt rund 60 Prozent des ausgefallenen Lohns; bei Arbeitnehmern mit mindestens einem Kind im Haushalt sind es 67 Prozent. Heil appellierte an die Arbeitgeber, das Kurzarbeitergeld aufzustocken „wo das möglich ist“. Entsprechende Vereinbarungen seien etwa in der Metallindustrie und in der Systemgastronomie zwischen den Tarifparteien geschlossen worden. Er wünsche sich solche Vereinbarungen „wo immer möglich“. Das sei die „Nagelprobe auf das, worauf wir in Deutschland stolz sind: die Sozialpartnerschaft“.
„Keine gute Idee“ sei es zudem, Ausbildungsverträge in der Krise zu kündigen, sagte der Arbeitsminister weiter. „Diese Fachkräfte werden wir nach der Krise händeringend brauchen.“
Arbeitnehmer in Kurzarbeit können woanders Geld dazuverdienen
Um das Kurzarbeitergeld aufzustocken, verwies Heil auch auf die in der Krise gelockerten Zuverdienstmöglichkeiten. Arbeitnehmer in Kurzarbeit können sich demnach einfach woanders Geld dazuverdienen.
Von der Krise betroffene Solo-Selbstständige verwies der Arbeitsminister auf die Grundsicherung. Ab Mittwoch könne diese „soziale Bürgerversicherung“ von jedem, der sie benötige, beantragt werden. Der Staat übernehme Wohn- und Heizkosten ohne vorherige Vermögensprüfung. Das treffe auch für die Menschen zu, die trotz eines Jobs eine aufstockende Grundsicherung bräuchten. „Dafür ist die Solidargemeinschaft da.“
Heil betonte, der Staat kämpfe „um jeden Arbeitsplatz“. Er könne allerdings auch nicht jeden Arbeitsplatz beschützen. Der Arbeitsminister und der BA-Chef rechnen mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, wollten aber am Dienstag noch keine Zahlen nennen. Scheele verwies auf Schätzungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, wonach es mindestens 90.000 Arbeitslose in diesem Jahr mehr geben dürfte – bei längerer Krise auch mehr. (afp)
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