Kurswechsel: Tanzt Merz jetzt mit links?

Eine Wende macht sich im Land bemerkbar. Die linke Politik bringt den designierten Bundeskanzler Friedrich Merz zum Umschwenken für eine Reform der Schuldenbremse zur Finanzierung von Militär, Infrastruktur und möglicherweise noch anderer Dinge.
Wie Union und SPD sich am 4. März während der Sondierungsverhandlungen geeinigt haben, soll für die Finanzierung der wachsenden Verteidigungsausgaben bis 1 Prozent des BIP über den Haushalt laufen, aber alle Ausgaben darüber hinaus sollen an der Schuldenbremse vorbeilaufen. Auch soll Ländern eine Neuverschuldung von 0,35 Prozent des BIP ermöglicht werden. Für diese Maßnahmen muss die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse geändert werden.
Zudem ist von Union und SPD geplant, die Schuldenbremse generell einer Reform zu unterwerfen, um mehr finanzielle Flexibilität für Investitionen zu schaffen. Dafür soll eine Kommission eingesetzt werden und die Gesetzgebung bis Ende 2025 abgeschossen sein.
Union und SPD suchen Verbündete
Wegen der dafür notwendigen Grundgesetzänderung benötigen Union und die SPD eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und auch im Bundesrat. Längst scheinen die Worte von Merz von vor der Wahl vergessen, die Schuldenbremse „so wie sie ist“ zu bewahren, und dass „darüber hinaus weitere Schulden zu machen […] unverantwortlich“ sei. Im Abkommen mit der vormalig stärksten Ampelkraft SPD ist der CDU-Chef jetzt auf der Suche nach den noch fehlenden Stimmen für eine Zweidrittelmehrheit.
Eile ist geboten, denn die Mehrheitsverhältnisse des neuen Bundestags (insbesondere die stark vertretene AfD) werden dem schwarz-roten Plan, gewaltige Finanzmittel freizumachen, wohl im Weg stehen. Doch der neue Bundestag hat sich noch nicht konstituiert – und bis dahin hat der alte das Sagen. Da sich der Ampelaussteiger FDP gegen eine Reform der Schuldenbremse ausspricht, bleibt dem Kanzlerkandidaten nur noch ein anderer vormaliger Ampelpartner: die Grünen.
Der Zeitplan steht und alle drei Lesungen und die Abstimmung im Bundesrat sollen bis 21. März über die Bühne gegangen sein.
Und für dieses Vorhaben gibt es noch eine weitere Unterstützung gegen die Schuldenbremse: die erstarkte Linkspartei. Diese schrieb auf X: „Merz braucht Geld“ und SPD und Grüne müssten ihm eine Reform der Schuldenbremse abringen. Man stehe bereit.
Neuer Schuldenberg auf dem Schuldenberg
Diese Hunderte Milliarden neue Schulden und ungeahnte weitere zukünftige Ausgaben lassen die Schuldenuhr beim Bund der Steuerzahler gnadenlos weiterlaufen. Schon jetzt zeigt diese 2,53 Billionen Euro an Staatsschulden an. Sekündlich werden es 2.800 mehr – und da ist der neue Schuldenhammer von Union und SPD noch nicht enthalten.
Der Bund der Steuerzahler e. V. warnte in vorausahnender Sorge nach der Bundestagswahl: „Die Schuldenbremse muss stehen!“ Man forderte ein „Ende der Diskussion um eine Reform“. Man erinnerte an das Wahlprogramm der Union, wo es hieß: „Wir halten an der Schuldenbremse des Grundgesetzes fest.“
Das sollte „nicht gleich taktischen Erwägungen geopfert werden“. Stattdessen: „Schonungslose Haushaltsanalyse“ und den Mut, die „üppigen Ausgaben des Bundes systematisch zu hinterfragen, zu strukturieren, zielgenau zu gewichten und schließlich – so, wie es die Schuldenbremse verlangt – zu priorisieren“.
Die Schuldenbremse ist im Grundgesetz Artikel 109 geregelt und soll die Neuverschuldung des Staates begrenzen, Zinsbelastungen tragbar halten und letztlich auch die nachfolgenden Generationen schützen. Dazu wird die jährliche Neuverschuldung auf 0,35 Prozent des BIP begrenzt, also des gesamten Marktwertes aller in einem Jahr in Deutschland produzierten Waren und Dienstleistungen (ohne Inflation). Es gibt eine „Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“.
Merz: „Links ist vorbei“
Das Einschwenken von Merz auf die linken Positionen wollte dieser eigentlich klar verhindern. Siegesbewusst hatte der Kanzlerkandidat von CDU und CSU einen Tag vor der Wahl, am 22. Februar, in München beim Wahlkampfabschluss eine spektakuläre Ansage getätigt:
Links ist vorbei. Es gibt keine linke Mehrheit mehr und keine linke Politik mehr in Deutschland.“
Man werde jetzt wieder Politik für die „Mehrheit der Menschen in diesem Land“ machen, für die, die „gerade denken“ und die „auch noch alle Tassen im Schrank haben“. Merz führte weiter aus, dass grüne und linke Kräfte eben nicht die Mehrheit der Bevölkerung darstellen.
SPD-Co-Chef Klingbeil reagierte prompt: Merz vertiefe „die Gräben in der demokratischen Mitte“, so der sozialdemokratische Spitzenpolitiker.
Doch das ist lange her, über zehn Tage – eine lange Zeit in diesen Tagen zwischen Wandel, Wende und Vergesslichkeit.
Links ist nicht vorbei: Merz darf nur mit der roten Braut tanzen
Doch mit wem sollte die Union auch koalieren? FDP und BSW scheiterten. An der Brandmauer zur AfD (und zur Linken) wird festgehalten. Dann bleibt nur eine Braut zur Wahl: die Sozialdemokraten. Wollte Merz nicht vor zehn Tagen genau dieser bislang durchgesetzten „linken Politik“ in Deutschland einen Riegel vorschieben?
Und wieder sitzt man mit Klingbeil am Verhandlungstisch, der eigenen Angaben nach vor seinem Gang in die Politik bei der Antifa aktiv gewesen war – um etwas „gegen Rechts“ zu machen. Man erinnere sich, dass es gerade jene Antifa war, die dafür mitverantwortlich war, dass die Wahlkampfveranstaltungen von CDU/CSU laut Merz nur unter Polizeischutz durchgeführt werden konnten.
Die SPD ist zwar durch den Wähler abgestraft und deutlich eingebrochen, aber für die Union sind die Sozialdemokraten jetzt enorm wichtig. Der Politikwissenschaftler Werner Patzelt brachte es im Epoch-Times-Interview auf den Punkt: „Die SPD weiß, dass sie die einzige Braut der Union ist. Und wenn sich die Braut hinlänglich stark ziert, kann sie vom werbenden Bräutigam jede Menge an Morgengaben verlangen.“
Und Klingbeil ist sich seiner Position durchaus bewusst. Er erklärte frühzeitig nach der Wahl, „dass Merz seinen Kurs und auch seinen Ton“ jetzt deutlich ändern müsse. Bald darauf war zu hören, dass die Gespräche zwischen der SPD und der Union laufen und Merz eine Regierung bis Ostern anstrebt.

25. Februar, zwei Tage nach der Bundestagswahl: Der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil und Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD). Foto: Sean Gallup/Getty Images
Erst „Demos gegen Rechts“, dann „Demos gegen Merz“
Im Januar 2024 forderten die Landwirte auf Großdemonstrationen den Rücktritt der Regierung. Damals wurde vergeblich versucht, den Bauernprotesten ein rechtsextremes Etikett anzuhängen.
Dann die Überraschung: Die Rechercheplattform „CORRECTIV“ veröffentlichte ihre „Geheimplan gegen Deutschland“-Geschichte und plötzlich kam es überall im Land zu „Demos gegen Rechts“ – also gegen eine der drei Hauptrichtungen der Politik in einer Demokratie: Links, Mitte, Rechts.

30. Januar 2025: Proteste vor dem Konrad-Adenauer-Haus, dem Sitz der CDU in Berlin. Das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ hatte zu dem Protest aufgerufen. Foto: Tobias Schwarz/afp via Getty Images
Ein Jahr später kam Aschaffenburg. Merz kündigte nach der tödlichen Messerattacke auf Kleinkinder an: „Das Maß ist endgültig voll“ – und der Kanzlerkandidat sprach von einer „fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik“. Kurz darauf brachte die Unionsfraktion einen „Fünf-Punkte-Plan“ zur Asylpolitik und für mehr Sicherheit in den Bundestag ein.
Doch die linksgerichtete Politiklandschaft – SPD, Grüne und Linke – wollte den von Merz eingebrachten Entschließungsantrag zu einer Migrationswende nicht unterstützen. Die FDP fand es sinnvoll und unterstützte ihn. Ebenso die AfD. Es reichte, um den Antrag durchzubringen. Die rot-rot-grüne Blockade war durchbrochen.
Doch plötzlich brauste ein politischer Sturm über Merz hinweg und machte den CDU-Kanzlerkandidaten zur Zielscheibe von politischen Massenprotesten. Und plötzlich hasste angeblich ganz Berlin die CDU, wie auf der Siegessäule zu lesen war. „Omas gegen Merz“-Plakate wurden in die Luft gehoben. Es kam zu gewalttätigen Vorfällen gegen die CDU, ihre Büros und ihre Befürworter.
Gegen Rechtsextreme? Wer hat hier ein Problem? pic.twitter.com/E6GLry7YVf
— Gert Wöllmann (@Gert_Woellmann) February 2, 2025

Massenprotest gegen Friedrich Merz, Kanzlerkandidat und Vorsitzender der CDU, bei einer Wahlkampftour der Partei am 4. Februar 2025 in Bonn. Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Linkspartei droht mit Opposition auf der Straße
Es bleibt abzuwarten, ob sich aus dieser Konstellation weitere gesellschaftliche Spannungen ergeben werden. Das Potenzial ist da und die Führung der Linkspartei gibt sich kämpferisch. Schon nach der Migrationsabstimmung im Bundestag hatte Heidi Reichinnek, Spitzenkandidatin der Linken im Wahlkampf, in einer hitzigen Rede angekündigt: „Auf die Barrikaden!“
In der ARD-Elefantenrunde am Wahlabend kündigte zudem Linken-Spitzenkandidat Jan van Aken an, man gehe auch „auf der Straße“ in die Opposition und man werde „gesellschaftliche Mehrheiten organisieren“. Es bleibt abzuwarten, wie sich das gesellschaftlich bemerkbar machen wird, vor allem bei den jungen und jüngeren Menschen, jenen Altersgruppen, in denen sowohl die Linke als auch die AfD sehr stark in der Bundestagswahl zum Zuge kamen.
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