Ex-Generalinspekteur Kujat: Ukraine versucht, „Westen in den Krieg hineinzuziehen“

Er warnt den Westen vor einem „Point of no Return“ im Fall der Ukraine: Harald Kujat. Der frühere Vorsitzender des NATO-Militärausschusses sagt, dass die Lieferung weitreichender Waffen an die Ukraine das Risiko einer Ausweitung des Konflikts erhöht. BSW-Chefin Wagenknecht forderte die Ukraine erneut auf, „Kompromisse zu schließen“ und auf eine NATO-Mitgliedschaft zu verzichten.
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Harald Kujat im Dezember 2019. Von 2002 bis 2005 war Kujat Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Dies ist die höchste militärische Position innerhalb der NATO-Kommandostruktur.Foto: Wolf von Dewitz/dpa/dpa
Epoch Times15. September 2024

Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, warnt vor der Lieferung weitreichender westlicher Waffen an die Ukraine und einer Freigabe für den Einsatz gegen militärische Stellungen im russischen Kernland.

„Wenn jetzt weitreichende Waffen geliefert werden, dann werden die Möglichkeiten der Ukraine, solche Ziele anzugreifen, die für Russland eine existenzielle Bedeutung haben, steigen – und damit auch das Risiko, dass dieser Krieg ausgeweitet wird“, sagte Kujat der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Deshalb könne man nur davor warnen. Der Ukraine warf Kujat vor, zu versuchen, „auch den Westen mit in diesen Krieg hineinzuziehen“.

Ukrainische Angriffe auf Militärinfrastruktur im russischen Kernland stellten ein „enormes Risiko“ dar, da das angegriffene russische Frühwarnsystem Teil des „nuklear-strategischen Gleichgewichts der beiden nuklearen Supermächte“ Russland und USA sei, sagte Kujat der NOZ. Angriffe auf diese Infrastruktur könnten unvorhersehbare Konsequenzen haben.

Der Westen müsse aufpassen, nicht andauernd „neue rote Linien“ zu überschreiten und schließlich an einen „Point of no Return“ zu kommen.

Von 2002 bis 2005 war Kujat Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Dies ist die höchste militärische Position innerhalb der NATO-Kommandostruktur. Zuvor war Kujat von 2000 bis 2002 Generalinspekteur der Bundeswehr und damit der ranghöchste Soldat Deutschlands.

Als Vorsitzender des NATO-Militärausschusses war er der höchste militärische Repräsentant der Allianz, auch wenn er kein NATO-General im klassischen Sinne war. Seine Erfahrungen und Strategien sind daher durchaus relevant, wenn er sich zu sicherheitspolitischen Themen äußert.

Scholz bekräftigte sein Nein

Bundeskanzler Olaf Scholz teilt offenbar einige von Kujats Bedenken. Er hat wiederholt sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine bekräftigt und warnt ebenfalls vor einer möglichen Eskalation des Konflikts.

Bei einem Bürgerdialog im brandenburgischen Prenzlau bekräftigte er sein Nein zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von der Ukraine bis nach Moskau (etwa 500 Kilometer) mit der Begründung, dass das „eine große Eskalationsgefahr“ mit sich bringen würde.

„Da habe ich Nein gesagt. Und das gilt natürlich auch für andere Waffen, wenn wir sie geliefert hätten, die in dieser weiten Distanz dort hineinschießen könnten“, sagte Scholz. „Das bleibt so. (…) Auch wenn andere Länder anders entscheiden.“

US-Außenminister Antony Blinken und andere westliche Politiker warnen vor einer gefährlichen Eskalation des Krieges, insbesondere im Zusammenhang mit möglichen iranischen Raketenlieferungen an Russland.

Ischinger und Kiesewetter für Lieferungen

Der ehemalige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, vertritt hingegen eine andere Position. Er spricht sich für eine Lockerung der militärischen Auflagen an die Ukraine zur Nutzung westlicher Waffen aus. Ischinger argumentiert, man solle der Ukraine lediglich die Verpflichtung auferlegen, die Waffen im Rahmen des Völkerrechts einzusetzen.

Es dürften nur militärische Ziele wie Flughäfen oder Abschussbasen angegriffen werden – dies aber auch auf russischem Gebiet, etwa um Angriffe mit Gleitbomben zu unterbinden. Andere Änderungen von Auflagen wie eine Kilometerbeschränkung für Waffeneinsätze auf russischem Gebiet seien dagegen wenig zielführend, sonst gebe es immer wieder die nächste Debatte, betonte Ischinger.

Auch der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter kritisierte erneut die Taurus-Blockade des Kanzlers. „Die ganzen roten Linien lassen sich inzwischen zu einem roten Teppich für Putin verweben“, sagte Kiesewetter ebenfalls in Kiew der „SZ“.

Er gehe zudem davon aus, dass es seitens der USA bald eine Freigabe zum Einsatz weitreichender Waffen gegen militärische Ziele in Russland geben werde, sagte der CDU-Politiker. Scholz habe dann die Wahl, „uneingeschränkt an der Seite der Bündnispartner“ zu stehen oder „er folgt dem Narrativ von Sahra Wagenknecht“.

Wagenknecht: Ukraine sollte Kompromisse schließen

Die als Russland-nah geltende BSW-Vorsitzende Wagenknecht erläuterte im Berliner „Tagesspiegel“ ihre Vorstellungen für eine Friedenslösung in der Ukraine. Demnach solle der Westen Russlands Präsident Wladimir Putin „einen Stopp der Waffenlieferungen“ anbieten.

Im Gegenzug solle es „einen sofortigen Waffenstillstand an der jetzigen Frontlinie“ geben und später „ein Referendum unter UN-Aufsicht“ in den von Russland kontrollierten ukrainischen Gebieten über deren staatliche Zugehörigkeit.

Wagenknecht forderte die Ukraine erneut auf, „Kompromisse zu schließen“ und auf eine NATO-Mitgliedschaft zu verzichten. Von Russland forderte sie eine Kompromissbereitschaft nicht, auch keinen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schlug die Bildung einer Kontaktgruppe vor, um zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln. Auf die Frage, aus welchen Ländern eine solche Kontaktgruppe bestehen könnte, sagte Mützenich: „Ich sehe da natürlich Länder wie China, Indien, die Türkei und Brasilien in der Verantwortung.“

Er begrüßte Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), wonach auch Russland an einem angestrebten neuen Friedensgipfel zur Ukraine teilnehmen solle.

(afp/dts/red)



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