Kubicki will „aufrüsten, so schnell es geht“ – und bei Taurus notfalls Scholz überstimmen
Wird der Krieg in der Ukraine der FDP den passenden Vorwand liefern, um die Ampelkoalition zu sprengen? Ein am Dienstag, 5. März, im „Münchner Merkur“ erschienenes Interview mit Parteivize Wolfgang Kubicki deutet auf ein mögliches Szenario dieser Art hin.
Sollte die Union demnächst einen Antrag auf Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine einbringen, könnte dieser mit Stimmen aus den Reihen von Grünen und FDP eine Mehrheit finden. Die Ampelpartner würden damit Bundeskanzler Olaf Scholz und der SPD offen in den Rücken fallen. Es wäre unwahrscheinlich, dass die Koalition ein solches Szenario überstehen würde.
Kubicki sieht Erklärungsbedarf bei General Gerhartz
Anlass für das Gespräch mit dem Blatt war der Abhörskandal rund um ein Webex-Gespräch zwischen Offizieren der Luftwaffe. Diese, unter ihnen mit Ingo Gerhartz sogar ein General, hatten in einem ungeschützten Kommunikationsraum unter anderem potenzielle Angriffsszenarien auf die Krim-Brücke bei Kertsch erörtert. Russische Geheimdienste hatten dies mitgehört und die Gesprächsaufzeichnungen in staatlichen Medien veröffentlichen lassen.
Bezüglich der Abhöraffäre äußerte Kubicki, Gerhartz, der auch Luftwaffeninspekteur ist, müsse „sich erklären“. Es sei „schwer nachvollziehbar, dass Menschen mit so hoher Sicherheitsstufe so unbedarft handeln“. Es stelle sich die Frage, ob ein solcher Umgang mit sicherheitsrelevanten Informationen mit einer solchen Tätigkeit noch vereinbar sei.
Auf die Frage nach einem Rücktritt des Generals äußerte Kubicki:
„Das muss ich gar nicht fordern, das werden sicherlich andere tun.“
Hohn über Kanzler Scholz – und Vorwurf der Wahltaktik
Im Einklang mit anderen Befürwortern einer noch stärkeren militärischen Unterstützung der Ukraine nützt auch Kubicki die Enthüllung zur Flucht nach vorn. Dem Inhalt des Gesprächs der Offiziere zufolge sei es nicht erforderlich, Bundeswehrsoldaten zur Schulung an der Steuerung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine zu schicken.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte unter anderem das als Argument für seine Weigerung angeführt, auf diese Weise eine mögliche weitere Eskalation zu riskieren. Kubicki höhnt im Interview über dessen „Erinnerungslücken“ und wirft ihm indirekt vor, sich lediglich aus wahltaktischen Motiven gegen die Taurus-Lieferungen zu stellen.
Er verweist auf Altkanzler Gerhard Schröder, der sich 2002 auch mit öffentlicher Kritik an den Irak-Kriegsplänen der US-Regierung seine Wiederwahl gesichert hatte:
„Scholz will dokumentieren, dass er alles tun will, um zu vermeiden, dass der Krieg sich bis auf unser Territorium frisst. Der nächste Wahlslogan der SPD könnte lauten: Besonnenheit rettet Leben.“
Kubicki will diesmal ebenfalls mit der Union stimmen
Damit reiht sich Kubicki ein bei seiner Parteikollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die besonders vehement auf einen Konfrontationskurs mit Russland drängt. Er halte es zwar für „vermessen“, wenn einige Menschen offenbar „glauben, weil das Gute auf ihrer Seite ist, gewinnen sie jede Schlacht“.
Allerdings sei auch er mittlerweile davon überzeugt, dass ein russischer Angriff auf Deutschland möglich wäre. Deshalb müsse man nun „aufrüsten, so schnell es geht, und mit allem, was wir haben“.
Für deutsche Taurus-Marschflugkörper in der Ukraine müsse nach dem Dafürhalten Kubickis immer noch Platz sein. Der Kanzler müsse nun erklären, warum er weiter an einem „Nein“ festhalte. Sollte die Union in der nächsten Woche erneut einen diesbezüglichen Antrag stellen, würden, so Kubicki, „diesmal mehr Abgeordnete dafür stimmen“.
Dieses Mal wäre, so Kubicki, auch für ihn „der Punkt erreicht, es zu tun“. Die Union müsse in der Formulierung ihres Antrags lediglich Polemik gegen die Ampel unterlassen. Unterbleibe diese, gäbe es „mindestens ein Dutzend Stimmen aus der FDP, die mitmachen“.
Koalitionsbruch für Taurus wäre für die FDP ein Spiel mit dem Feuer
Aktuellen Umfragen zufolge müsste die FDP bei einer Bundestagswahl um den Wiedereinzug bangen. Die Ansichten innerhalb der Partei und der Wählerschaft gehen auseinander, ob ein Ausstieg aus der Ampel die Chancen auf bessere Ergebnisse steigern oder weiter trüben würden.
Zuletzt hatte die Partei ein mögliches Verlassen der Ampel bei mehreren Gelegenheiten anklingen lassen, ohne jedoch die Koalitionsdisziplin tatsächlich zu brechen. Je nach Anwesenheit von Abgeordneten bei der Abstimmung müsste etwas mehr als die Hälfte der FDP-Abgeordneten dem Unionsantrag zustimmen, um eine Mehrheit herbeizuführen.
Dieses Szenario würde voraussetzen, dass Union und Grüne geschlossen für die Lieferungen und die SPD wie auch die übrigen Fraktionen geschlossen dagegen stimmen würden. Die Hürde für einen Koalitionsbruch wäre hoch. Ebenso wäre es das Risiko, dass ein Platzenlassen der Ampel im alleinigen Interesse der Kriegsverlängerung in der Ukraine zum Bumerang an der Wahlurne wird.
2002 hat die Union wegen ihrer unklaren Position zum Irak-Krieg die Wahl verloren. Seit dieser Zeit könnten sich die Befindlichkeiten der Deutschen geändert haben. Ein Vorführen des Kanzlers und des eigenen Koalitionspartners würde allerdings vorzeitige Neuwahlen unausweichlich machen.
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