In Leipziger Sporthalle
Kronzeuge: Straßenkampf-Training für Linksextreme
Seit mehr als einem Jahr stehen vier mutmaßliche Linksextremisten vor Gericht. Sie sollen mehrere Angehörige der rechten Szene zusammengeschlagen haben. Nun sorgt die Aussage eines Kronzeugen für Aufsehen: Es hätte ein Training auf dem Gelände von Fußball-Regionalligist Chemie Leipzig stattgefunden.

Vor einem Leipziger Gericht.
Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Eine Aussage des Aussteigers Johannes D. (30) sorgt für Aufsehen. Er ist Kronzeuge im Fall der mutmaßlichen Linksextremisten Lina E. und drei weiteren Beschuldigten. Ihnen wird die Mitgliedschaft in einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung vorgeworfen.
Der 30-Jährige sagte vor dem Oberlandesgericht Dresden aus, dass im August 2019 ein sogenanntes Großgruppentraining von Linksextremisten in einer Leipziger Sporthalle neben dem Alfred-Kunze-Sportpark stattgefunden hatte, berichtet der MDR. Das würde bedeuten, dass ein „Antifa-Training“ auf dem Gelände von Chemie Leipzig stattgefunden hätte. Die Verteidigung bezweifelt seine Glaubwürdigkeit.
Laut dem Kronzeugen sei trainiert worden, während im Stadion die Regionalligapartie zwischen Chemie Leipzig und Babelsberg 03 lief. Mehr als 50 Personen aus Städten wie Berlin, Magdeburg, Rostock und Bremen wären dafür angereist. Dabei wäre der Straßenkampf mit dem politischen Gegner trainiert worden. Konkret ging es darum, wie man sich effektiv in größeren Gruppen bewegt und Gegner beispielsweise am Rande von Demonstrationen angreift, gibt der MDR den Zeugen wieder.
Training für Straßenkampf mit politischem Gegner
Er habe daran zusammen mit der Angeklagten Lina E. teilgenommen. Es wären dabei gezielte Angriffe auf Rechtsextreme geübt worden. Doch auch an anderen Orten habe man trainiert. Vor allem auf dem Gelände des „Black Triangle“ eine Grünfläche in einem Gleisdreieck in Leipzig oder in einem alternativen Zentrum auf der Leipziger Gießerstraße, berichtet der MDR weiter.
Die Aussage des Zeugen D. sollen sehr detailliert gewesenen sein. So soll er davon berichtet haben, dass Teilnehmer des „Trainings“ in einer Pause in den Funktionsgebäuden des Chemie-Leipzig-Stadions zur Toilette gingen und dadurch die Aufmerksamkeit einiger Polizeibeamten erregten.
Eine Kontaktperson im Verein soll daraufhin auf die szenekundigen Beamten eingewirkt und ihnen gesagt haben, dass es sich dabei um Teilnehmer eines Hallenfußballturniers handele.
Mehr als 200 Seiten Protokoll
Die nach den Aussagen von D. vom Gericht extra vorgeladenen vier möglichen Zeugen konnten den Vorfall nicht bestätigen. Unter den Zeugen waren zwei Vereinsmitarbeiter, ein Leiter des Stadionsicherheitsdienstes sowie ein ehemaliger Beamter der Leipziger Polizei.
Falls dieses Gruppentraining tatsächlich stattgefunden hat, stünde die Mitwisserschaft von Verantwortlichen des Vereins Chemie Leipzig im Raum. Zum anderen wäre dies für das Gericht möglicherweise ein weiterer Baustein für die Verurteilung der Gruppe als Teil einer kriminellen Vereinigung.
D. soll zum inneren Zirkel der mutmaßlichen Linksextremisten gezählt haben. Seit April 2022 steht er als Aussteiger unter Schutz durch das Landeskriminalamt Sachsen. Zuvor hatte ihn das Bundesamt für Verfassungsschutz als Informant angeworben. Seitdem gab es mindestens sieben Gespräche mit den Ermittlern, bei denen mehr als 200 Seiten Protokoll entstanden.
Auch in der rechtsextremen Szene gibt es ähnliche Trainings. Hierbei geht es meistens gezielt um Kampfsport-Trainings. Sie dienen der Vorbereitung auf Angriffe und Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner.
„Bundesweit hohes Radikalisierungsniveau“
Laut Verfassungsschutzbericht von 2021 hat sich nach zwei Jahren mit einem Höchststand im letzten Jahr 2021 „die Anzahl linksextremistischer Straftaten auf hohem Niveau gefestigt“.
Die Zahl der gewaltorientierten Linksextremisten im Berichtszeitraum stieg demnach um rund 700 auf nunmehr 10.300 Personen. „Bundesweit besteht im gewaltorientierten Linksextremismus ein hohes Radikalisierungsniveau.“ Gewalttaten würden von konspirativ und professionell agierenden Kleingruppen planvoll und gezielt durchgeführt.
Und weiter: Die Gewaltbereitschaft sei bei einigen Szeneangehörigen derart ausgeprägt, dass sie sich vom Rest des gewaltorientierten Spektrums abgrenzen würden und in kleinen Gruppen eigene, akribisch geplante und häufig äußerst brutale Taten begingen.
„Tod der Opfer wird zumindest in Kauf genommen“
Diese Entwicklungen zeigen sich laut Verfassungsschutz insbesondere in den Schwerpunktregionen Berlin, Hamburg und Leipzig. „Aber auch in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich ein kleiner Teil der gewaltorientierten Szene zunehmend radikalisiert.“
Dabei käme es immer wieder zu direkten körperlichen Angriffen gegen politische Gegner oder Polizeibedienstete, wobei die Täter auch schwere körperliche Verletzungen verursachen.
Einige Täter würden bereits jetzt so brutal vorgehen, dass sie auch den möglichen Tod der Opfer zumindest in Kauf nähmen.
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