Kritik von allen Seiten an der SPD: Wieso sollten bereits verhaftete IS-Kämpfer ihren deutschen Pass behalten können?

"Wer für den IS kämpft, hat sein Recht verwirkt, Deutscher zu sein" – und das sollte auch für die gelten, die bereits heute im Gefängnis sitzen, erklärt die CSU. Es sei völlig unverständlich, dass die SPD gefasste IS-Kämpfer verschonen will.
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Ein Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte steht in den Ruinen von Al-Rakka.Foto: Asmaa Waguih/dpa
Epoch Times4. März 2019

Volljährigen Dschihadisten mit doppelter Staatsangehörigkeit soll künftig der deutsche Pass entzogen werden können. Auf eine entsprechende Gesetzesinitiative einigte sich das Bundesinnenministerium nach eigenen Angaben vom Montag mit dem Justizressort.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, beharrt darauf, dass das geplante Gesetz zum Verlust des Doppelpasses für deutsche Mitglieder der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) auch rückwirkend angewendet wird. „Wer für den IS kämpft, hat sein Recht verwirkt, Deutscher zu sein“, sagte Müller dem „Handelsblatt“. Das gelte allerdings nicht erst für künftige Fälle, sondern auch für alle, die bereits heute im Gefängnis säßen.

Es ist völlig unverständlich, dass die SPD gefasste IS-Kämpfer verschonen will.“

Kritik von CDU, FDP, Linke und AfD

Kritik kam auch vom innenpolitischen Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg (CDU). Unzufrieden äußerten sich auch FDP, Linke und AfD.

„Dass eine Regelung nicht rückwirkend möglich ist, ist bedauerlich, muss aus rechtsstaatlichen Gründen aber wohl hingenommen werden“, sagte Middelberg unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Danach wäre eine Ausbürgerung der aktuellen IS-Rückkehrer nur dann möglich gewesen, wenn schon mit der Gesetzesinitiative des Bundesinnenministers aus dem Jahr 2016 „ein Verlustgrund in Geltung gesetzt“ worden wäre. „Umso ärgerlicher ist daher das jahrelange Zögern des damaligen Bundesministers der Justiz, Heiko Maas, und seiner Nachfolgerin, Katarina Barley“, sagte Middelberg.

Der CDU-Politiker hält das Erreichte dennoch für wichtig. „Denn von der Schaffung eines Verlusttatbestandes würde nach langem politischen Ringen eine Signalwirkung ausgehen, mit der klaren Botschaft an die islamistische Szene in Deutschland“, sagte Middelberg. Zudem bestünde eine Rechtsgrundlage, wenn es eine erneute Ausdehnung von Kampfgebieten oder die Entstehung neuer territorialer Krisenherde geben sollte.

Wann die Neuregelung kommt, ist offen

Eine Sprecherin von Justizministerin Katarina Barley (SPD) verwies darauf, dass die SPD-Politikerin am Wochenende eine zeitnahe Umsetzung des Gesetzesvorhabens angekündigt hatte. Wann genau, blieb offen.

Den Plänen zufolge sollen Doppelstaatler, die für Dschihadistenmilizen an Kämpfen teilnehmen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Die Entscheidung darüber soll bei den Ländern liegen. Gelten soll die Neuregelung nur für diejenigen, die sich ab deren Inkrafttreten an Kampfhandlungen beteiligen. Andernfalls läge ein Verstoß gegen das sogenannte Rückwirkungsverbot vor.

SPD-Vize Ralf Stegner verteidigte den Verzicht auf eine Rückwirkung der Regelung. „Es gehört zu den Grundwerten unserer freiheitlichen Demokratie, dass Gesetze nicht rückwirkend gemacht werden“, sagte er dem „Bild“-Talk „Die richtigen Fragen“.

Kommentare aus den Parteien

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae bezeichnete das Gesetzesvorhaben als „Schaufensterpolitik“, die das Problem nicht löse.

Vielmehr muss die Bundesregierung endlich Position beziehen, wie sie mit den gefangenen deutschen IS-Kämpfern umgehen will, die weiterhin ein großes Sicherheitsrisiko darstellen.“

Die Linke-Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut kritisierte, der Vorschlag der Bundesregierung sei „nicht gründlich durchdacht“. So sei etwa ungeklärt, auf Grundlage welcher Erkenntnisse Kampfhandlungen für eine Dschihadistenmiliz nachgewiesen werden könnten, wenn es kein Urteil eines deutschen Gerichts dazu gab.

Der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart sieht dieses Problem nicht. Die Voraussetzungen müssten nicht zu eng gefasst werden, sagte er dem „Handelsblatt“. „Der Nachweis einer Beteiligung an konkreten Kampfhandlungen dürfte wohl nicht zwingend erforderlich sein“, sagte er. „Anderweitige, etwa logistische Unterstützung müsste ausreichen.“

Nach Ansicht der AfD-Fraktion kommt das Gesetz zu spät. Andere Regierungen „haben längst gehandelt, um ihre Bevölkerungen vor der Rückkehr doppelstaatlicher Terrorkämpfer zu schützen“, sagte Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann. (afp)



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