Kritik an Seehofers Gesetz: „Wer betrügt, darf keine Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland haben“
Nach dem Kabinettsbeschluss zum „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die Union bei den bevorstehenden Bundestagsberatungen noch Änderungen erreichen. „Wer betrügt, darf keine Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland haben“, sagte Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. „Das wollen wir im parlamentarischen Verfahren noch stärker herausarbeiten.“ Seehofer erklärte sich gegenüber dem „Spiegel“ „grundsätzlich offen“ für Änderungen.
„Allerdings müssen die Kritiker schon konkret darlegen, was sie stört“, sagte der Innenminister dem „Spiegel“. Sein Regelwerk basiere „eins zu eins auf dem Koalitionsvertrag“.
Thorsten Frei sagte AFP am Donnerstag, der Druck auf diejenigen Ausreisepflichtigen, die täuschen, ihre Papier vernichten und nicht mitwirken, solle weiter erhöht werden. „Zugleich wollen wir die Hürden für den Ausreisegewahrsam und die Abschiebehaft weiter senken.“
Kam Seehofer der SPD zu weit entgegen?
Kritisch äußerte sich auch die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU). „Ich hätte mir von dem Geordnete-Rückkehr-Gesetz mehr erwartet“, sagte sie dem „Spiegel“. CDU-Innenexperte Armin Schuster erklärte, er sei „nicht glücklich mit dem Ergebnis“. Geplante Verschärfungen der Abschieberegeln „wurden teils derart aufgeweicht, dass die Instrumente in der Praxis kaum taugen werden“.
Seehofers vom Kabinett am Mittwoch gebilligte Gesetz sieht eine härtere Gangart gegenüber ausreisepflichtigen Flüchtlingen vor. Die Möglichkeiten der so genannten Sicherungshaft sollen ausgeweitet und ein Status zur Duldung von Menschen mit ungeklärter Identität eingeführt werden. Dies soll mit Arbeitsverboten und Bußgeldern verbunden sein. Berichten zufolge wird Seehofer in der Union vorgeworfen, der SPD bei den Beratungen im Vorfeld der Kabinettsberatung zu weit entgegengekommen zu sein.
Integrationskurse für abgelehnte Asylbewerber öffnen?
Noch härter ging Frei mit dem ebenfalls von der Regierung gebilligten Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ins Gericht. „Die Integrationskurse und berufsbezogene Deutschsprachförderung für abgelehnte Asylbewerber zu öffnen, ist ein Irrweg“, sagte der CDU-Politiker.
Fortschritte, die wir jetzt bei der Durchsetzung der Ausreisepflichten machen können, drohen durch das Gesetz des Arbeitsministers wieder rückgängig gemacht zu werden.“
Aufhebung von Trennungsgebots von Straf- und Abschiebehaft ist rechtlich bedenklich
Auch dem CDU-Abgeordneten Philipp Amthor bereiten einzelne Aspekte des Pakets der Minister Seehofer und Heil „Bauchschmerzen“. Er sagte dem „Spiegel“, die Gesetzesentwürfe seien aus seiner Sicht „zunächst nur eine Grundlage für weitere intensive Verhandlungen im Parlament“.
Aus den Ländern gab es erneut Kritik an der in Seehofers Rückkehr-Gesetz enthaltenen Regelung, Abschiebehäftlinge künftig auch in Strafvollzugsanstalten unterzubringen. Der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sagte am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk, dies sei rechtlich unmöglich. Das besage die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und auch des Europäischen Gerichtshofes.
Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) nannte die von Seehofer vorgesehene Aufhebung des Trennungsgebots von Straf- und Abschiebehaft „nicht nur europarechtlich bedenklich, sie ist auch wenig praktikabel und gefährdet die Sicherheit in unseren Vollzugsanstalten“. „Das ist kein Geordnete-Rückkehr-, sondern ein Organisiertes-Chaos-Gesetz für den Strafvollzug“, sagte sie dem „Handelsblatt“.
Seehofer hatte den Kritikern aus den Ländern entgegen gehalten, das Gesetz solle lediglich die Möglichkeit zur Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Strafanstalten schaffen. Die Länder könnten auch auf andere Weise zusätzliche Kapazitäten schaffen. (afp)
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