Staatsmedizin und „One-Man-Show“ – Kritik an Lauterbachs Krankenhaus-Reform

Erneut erfuhren die Bundesländer erst durch die Medien von den Plänen Karl Lauterbachs zur Klinikreform. Die bayerische Gesundheitsministerin wirft ihm eine „absolut umprofessionelle" Haltung vor.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will mit der Reform die Kliniklandschaft verändern.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hofft auf mehr Organspender mit der neuen .Foto: Felix Müschen/dpa
Epoch Times17. März 2024

Der Entwurf zur geplanten Klinikreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist bei der Opposition und der Deutschen Krankenhausgesellschaft auf scharfe Kritik gestoßen. Aus der Ampel-Regierung kommt Zustimmung für den Gesetzesentwurf.

Gegenüber „Bild am Sonntag“ sagte die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU): „Ich bin entsetzt über Lauterbachs Pläne, die nun über die Medien bekannt geworden sind. Der Bundesminister hat ein weiteres Mal die Länder nicht vorab einbezogen. Wir erfahren zuerst aus den Medien über seine Pläne für die Krankenhausreform. Das geht so nicht.“

Staatsmedizin und „One-Man-Show“

Gerlach wirft Lauterbach eine „One-Man-Show“ vor. Das sei „absolut unprofessionell und stößt die Bundesländer und Krankenhauslandschaft erneut vor den Kopf“. Monatelang habe der Minister die Reform blockiert. „Nun will er seine Sicht auf die Reform mit aller Macht durchdrücken. Ich rufe den Bundesminister auf, nun endlich auch die Länder und die anderen Akteure der Krankenhausversorgung angemessen einzubinden.“

Ähnlich kritisch äußerte sich der bayerische CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek: „Die Reform von Lauterbach löst in keinster Weise das aktuelle Problem, sondern sieht weiter zu, wie die Krankenhäuser sterben und sich die Versorgung der Patientinnen und Patienten gerade auf dem Land dramatisch verschlechtert.“

Die Reform sei der Weg in die Staatsmedizin und hebele die zentrale Steuerung und die Krankenhausplanung der Länder völlig aus. Die Reform sei „verfassungswidrig und gefährdet den sozialen Frieden im Land nachhaltig“.

„Kliniksterben geht ungehindert weiter“

Auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, kritisierte Lauterbach für seinen Gesetzesentwurf. Er sagte „Bild am Sonntag“: „Die Vorschläge zur Finanzierung sind völlig unausgegoren und führen vor Ort zu weiterer Verunsicherung. Das Kliniksterben geht ungehindert weiter.“

Zusätzlich plane Minister Lauterbach ein Gesetz zulasten Dritter, so Sorge. „Die Länder und die Versicherten sollen 50 Milliarden Euro aufbringen, weil Lauterbach sich im Bund gegenüber Finanzminister Lindner seit zwei Jahren nicht durchsetzen kann.“

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft DKG zeigte sich unzufrieden mit dem Gesetzesentwurf. Ihr Vorsitzender Gerald Gaß sagte „Bild am Sonntag“: „Was wir im Entwurf absolut vermissen, ist eine wirksame wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser als Inflationsausgleich im Jahr 2024.“

Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte zu AFP, Lauterbach mache „seine Reform am Reißbrett und mit dem Rechenschieber“. Es fehle „der Blick in die Praxis und auf den Patienten“.

Um was geht es?

Kernstück ist ein neues Vergütungssystem, das die Kliniken von dem ökonomischen Druck befreien soll, immer mehr Patienten zu behandeln.

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Krankenhäuser nicht wie bislang nach Fallzahlen bezahlt werden. Damit wird der Anreiz für Kliniken geringer, jede Behandlung zu übernehmen. Berichten zufolge ist zusätzliches Geld ab 2027 jährlich unter anderem für die Bereitstellung von Stationen für Kindermedizin (288 Millionen Euro), Geburtshilfe (120 Millionen Euro), Schlaganfall (35 Millionen Euro) und Intensivmedizin (30 Millionen Euro) vorgesehen. Auch Unikliniken sollen mehr Geld bekommen.

Krankenhäuser auf dem Land sollen erhalten bleiben. „Es werden die jährlichen Förderbeträge für bedarfsnotwendige ländliche Krankenhäuser erhöht“, auf bis zu eine Million Euro pro Jahr und Krankenhaus, zitierte die „Bild“-Zeitung aus dem Entwurf. Das solle Kliniken in der Fläche retten, die die medizinische Grundversorgung gewährleisten.

Bestehende Kliniken können demnach auch in eine „sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung“ umgewidmet werden. Dort sollen wohnortnah keine komplizierten Eingriffe mehr gemacht werden, sondern unter anderem Pflege und kleinere Operationen.

Der Gesetzentwurf sieht demnach außerdem vor, dass flächendeckend Krankenhäuser in maximal 30 Minuten Auto-Fahrzeit erreicht werden müssen. Das gelte für Kliniken mit Abteilungen für Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie. Alle anderen Krankenhäuser müssen dem Bericht zufolge in mindestens 40 Pkw-Fahrminuten erreichbar sein.

Für die Reform solle ein 50-Milliarden-Euro-Fonds über zehn Jahre aufgebaut werden, etwa für Krankenhaus-Umbauten. Die Hälfte des Geldes kommt demnach von den Krankenkassen; die andere Hälfte sollen die Bundesländer übernehmen, 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Lob aus der Ampel-Regierung

Unterstützung für die Reform-Pläne kommt aus der Ampel-Regierung. Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, sagte: „Ein Krankenhaussterben wird es nur geben, wenn wir die notwendigen Reformen verschleppen. Wir brauchen die Reformen, um eine bessere Versorgung der Bevölkerung zu erreichen.“

Die Bundesländer hätten „über Jahre hinweg ihrer Investitionsverpflichtung kaum nachgekommen und haben bei der Krankenhausplanung teilweise versagt“, so Ullmann. Deswegen sei die Ampel-Koalition nun gezwungen, weitreichende Schritte zu unternehmen, „damit wir in einigen Jahren nicht vor den Ruinen der Krankenhäuser stehen, die vormals Leben gerettet haben“.

Auch Dagmar Schmidt, SPD-Vizefraktionsvorsitzende verteidigt die Pläne zur Klinikreform: „Karl Lauterbachs Reformvorschläge der Krankenhausversorgung sind dringend geboten und ein riesiger Beitrag für eine flächendeckende und qualitativ bessere Medizin für alle. Mit der Reform stellen wir sicher, dass gute Versorgung dort hinkommt, wo sie gebraucht wird und nicht dort, wo sie sich rechnet.“ (dts/dpa/red)



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