Kritik am BMAS: Mangelnde Kontrolle bei der Förderung von Arbeitslosen

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gerät wegen mangelnder Kontrolle bei der Förderung von jugendlichen Langzeitarbeitslosen in die Kritik. Ein Bericht des Bundesrechnungshofes spricht von hohen Fehlerquoten und Verstößen gegen das Haushalts- und Zuwendungsrecht.
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit, wünscht sich mehr Berufsorientierung an Schulen.
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit, wünscht sich mehr Berufsorientierung an Schulen.Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Von 17. September 2023

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geht offenbar zu freizügig mit Trägern um, die sich mit Langzeitarbeitslosen und Menschen unter 25 Jahren beschäftigen, die erhebliche Vermittlungshemmnisse aufweisen. Das berichtet die Onlineplattform „Berlin.Table“ und beruft sich auf einen entsprechenden Bericht des Bundesrechnungshofes. So ergaben mehrere Prüfungen „eine konstant hohe Fehlerquote“ mit angeblich zahlreichen Verstößen gegen das Haushalts- und Zuwendungsrecht.

Die obersten Finanzkontrolleure befinden, dass die freie Förderung, die dem Träger einen gewissen Handlungsspielraum lässt und eigentlich aufgewertet werden müsste, enger kontrolliert werden müsste. Der Rechnungshof „hält ein aktives Handeln des BMAS für dringend geboten“. Das Ministerium müsse „konsequent Maßnahmen umsetzen, um Verstöße gegen das Haushalts- und Zuwendungsrecht“ und daraus folgende Mehrkosten für den Bund zu minimieren.

Kritik kommt zu einem schlechten Zeitpunkt

Für das Ministerium von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kommt die Kritik zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Gerade hat sich Heil mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) darauf geeinigt, die Leistungen für diesen Personenkreis, die bisher im Jobcenter angesiedelt sind, zukünftig in die Arbeitsagentur zu ziehen. Damit möchte man vermeiden, dass Unterstützung doppelspurig läuft. Vor allem wurde diese Entscheidung aber auch aus Kostengründen getroffen. Lindner, der für den kommenden Haushalt den Ministerien einen strikten Sparkurs verordnet hat, möchte so im Bundeshaushalt 900 Millionen Euro einsparen.

Personal und Fördergelder für diese jungen Leute würde dann nicht mehr über das steuerfinanzierte Bürgergeld aufgebracht werden, sondern die Beitragskasse der Arbeitslosenversicherung hätte die Ausgaben zu tragen. Dagegen formiert sich seit Bekanntwerden der Pläne heftiger Widerstand. Kritik schlägt von vielen Seiten ein.

Lindner und Heil unter Beschuss

Neben dem Bundesrechnungshof, der diese Maßnahme in seinem Bericht stark kritisiert, gibt es auch viele Vertreter der Kommunen, die gegen die Entscheidung Sturm laufen. Aber auch die Personalräte im Jobcenter üben nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) deutliche Kritik an den Heil- und Lindner-Plänen.

So schrieb die „Tagesschau“ Anfang August über ein Schreiben der Personalräte, in dem sie ihrem Ärger Luft machen. „Die Jobcenter haben in den vergangenen fast 18 Jahren eine Beratungskompetenz aufgebaut, sind mit ihrer sozialraumorientierten Arbeit etabliert und respektiert und stellen auch in den Jugendberufsagenturen die treibende Kraft und tragende Säule dar“, heißt es in einem Brief, der dem NDR vorliegen soll. Außerdem fehle es den Arbeitsagenturen an Personal. Die Befürchtung ist, Tausende junge Erwachsene zu verlieren.

Kritiker beschreiben laut „Tagesschau“ die Situation so: Viele der rund 700.000 jugendlichen Bürgergeldempfänger seien den 406 Jobcentern in Deutschland schon über Jahre bekannt. Es gehe um schwierige Familienverhältnisse, Drogen, Sucht, Gewalt und Schulden. Größte Aufgabe der Jobcenter: Diese Menschen überhaupt fit für den Arbeitsmarkt zu machen; also sie in sichere Bahnen zu lenken.

Auch der Bundesrechnungshof, der sonst immer einen sehr genauen Blick auf die Finanzen wirft, warnt in seinem Bericht, die Unterstützung für die Jugendlichen drohe sogar schlechter zu werden – und die Kostenverlagerung auf die Beitragskasse sei auch keine echte Einsparung.

In der FAZ bringt es der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Stephan Stracke (CSU) auf den Punkt: „Die Pläne der Bundesregierung sind ein Stück aus dem Tollhaus.“ Es gebe „mehr Bürokratie bei gleichzeitig schlechterer Betreuung und Vermittlung der jungen Menschen.“

Der Bericht des Rechnungshofes wurde Anfang September intern an das Arbeitsministerium verschickt. Die FAZ zitiert aus diesem Bericht: Da das Ministerium „die angestrebte Aufgabenverlagerung kurzfristig aufgrund haushaltspolitischer Ziele realisieren will, fehlt es an einer planvollen Vorbereitung.“

Jobcenter weist schon heute Beratungsmängel auf

Auch wenn die Kritik an der Verlagerung der Leistungen weg vom Jobcenter hin zur Arbeitsagentur umstritten ist, gibt es schon jetzt Probleme bei der kompetenten Bereitstellung der Leistungen im Jobcenter. Die Rechnungsprüfer benennen explizit „Mängel, sowohl bei der Beratung als auch bei der Förderung und Vermittlung der Personengruppe“. Daher mahnen die Finanzkontrolleure das Arbeitsministerium. Die Prüfer erwarten ausdrücklich, dass sich das Ministerium „vertieft mit dem Thema befasst und dabei auch seinen Vorschlag berücksichtigt, in einer zentralen Einheit die Expertise für Zuwendungen zu bündeln“.

Details von dem, was im Haushaltsgesetz gerade erst beschlossen wurde, sollen in naher Zukunft in ein entsprechendes „Fachgesetz“ gegossen werden. Das Arbeitsministerium kündigt laut FAZ an, das Gesetz noch in diesem Jahr auf den parlamentarischen Weg zu bringen.

Ein politischer Grundkonflikt zeichnet sich in diesem Zusammenhang schon jetzt ab: Die Union geht davon aus, dass ein solches Gesetz wegen der Auswirkungen auf die Jobcenter im Bundesrat zustimmungspflichtig ist. So müssten die unionsregierten Länder so einer Änderung zustimmen. Das sieht das Arbeitsministerium allerdings anders. Es sei in dieser Sache „kein Artikel des Grundgesetzes einschlägig, der die Zustimmungsbedürftigkeit begründen würde“.



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