Krise wie in der Corona-Zeit? Bundesregierung weitet Kurzarbeitergeld aus

Das Bundeskabinett hat am 18. Dezember 2024 beschlossen, die maximale Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld zu verlängern. Unternehmen können die Unterstützung nun bis zu 24 Monate in Anspruch nehmen. Ziel ist es, die deutsche Wirtschaft durch die aktuelle Krise zu führen, Arbeitsplätze zu sichern und Fachkräfte zu halten.
Ohne die Verlängerung der Bezugsdauer fürchtet das Arbeitsministerium einen «erheblichen Personalabbau bei den von Kurzarbeit betroffenen Betrieben». (Archivbild)
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hofft, mit dem verlängerten Kurzarbeitergeld ein Signal der Planungssicherheit zu setzen.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 19. Dezember 2024

Das rot-grüne Minderheitskabinett hat am Mittwoch, 18.12., einen Verordnungsentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gebilligt. Dadurch wird die Möglichkeit für Unternehmen, Kurzarbeitergeld in Anspruch zu nehmen, von 12 auf 24 Monate verlängert. Befristet ist diese Regelung bis zum 31.12.2025. Eine Zustimmung von Bundestag und Bundesrat ist dafür nicht erforderlich.

Mit Kurzarbeitergeld soll Nettoentgeltausfall kompensiert werden

Das Kurzarbeitergeld können Unternehmen beanspruchen, bei denen mindestens ein Drittel der Beschäftigten aufgrund der eingeschränkten Anzahl an Arbeitsstunden einen Entgeltausfall von mehr als zehn Prozent erleiden. Bestehen Arbeitszeitkonten, müssen Minusstunden aufgebaut werden, um diese Form von Unterstützung in Anspruch nehmen zu können.

Sind die gesetzlichen Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt, bezahlt das Unternehmen dem Arbeitnehmer einen Teil des ausgefallenen Nettoentgelts. Dieser Anteil beträgt 60 beziehungsweise – wenn ein unterhaltsberechtigtes Kind vorhanden ist – 67 Prozent des Nettoentgeltausfalls. Die dafür entstehenden Kosten ersetzt die Bundesagentur für Arbeit anschließend dem Arbeitgeber.

Differenz zwischen regulärem und reduziertem Netto relevant

Ein Arbeitnehmer mit Steuerklasse III und Kind, der im Osten ansässig ist und ein Monatsbrutto von 4.000 Euro verdient, hätte bei 50 Prozent Kurzarbeit ein reduziertes Brutto von 2.000 Euro. Sein reguläres Netto bei einer Abgabenlast von 1.034,66 läge bei 2.965,34. Für die Berechnung der Abgabenlast wurden 800 Euro SV-Abgaben und 234,66 Euro Lohnsteuer angenommen.

Vom reduzierten Brutto läge die Summe der gemäß Paragraf 153 SGB III pauschal zu berechnenden Abgaben bei 400 Euro. Das reduzierte Netto beliefe sich demzufolge auf 1.600 Euro. Die Differenz gegenüber dem regulären Netto läge bei 1.365,34 Euro. Aus diesem ist der Leistungssatz zu berechnen, also der Betrag, der jenem Anteil entspricht, zu dem das Kurzarbeitergeld die entstandenen Nettoeinbußen ersetzt.

Bei einem Kurzarbeiter mit Kind beträgt dieser 67 Prozent, was in diesem Fall einem Kurzarbeitergeld von 914,78 Euro entspräche. Sein insgesamt Nettobezug während der Kurzarbeit beliefe sich demnach auf 2.514,78 Euro im Monat. Weitere Beispiele lassen sich über den „Kurzarbeitergeld-Rechner 2025“ finden.

Bundesregierung erhofft sich durch Kurzarbeitergeld ein Stabilitätssignal

Minister Heil sieht in der Neuregelung zum Kurzarbeitergeld eine Chance, den Standort Deutschland durch die Krise zu bringen. Kündigungen sollen unterbleiben, weil die Regelung die Arbeitgeber bei den Kosten entlastet. Außerdem gehe es, so der Minister, „jetzt darum, Fachkräfte zu sichern“.

In einer Erklärung weist Heil auch auf die Möglichkeit hin, Qualifizierungsgeld in Anspruch zu nehmen. Dieses sei insbesondere in der derzeitigen konjunkturellen Lage ein sinnvolles Instrument, um Weiterbildung und die Modernisierung von Unternehmen zu finanzieren.

Gegenüber den vorangegangenen Jahren war die Zahl der Kurzarbeitenden im September 2024 erheblich angestiegen. Mit etwa 268.000 Betroffenen lag diese dem Ministerium zufolge um 76 Prozent höher als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Gegenüber September 2022 sei sie sogar fast dreimal so hoch.

Hat die Wirtschaftskrise das Ausmaß von Corona erreicht?

Ungewiss ist, welchen psychologischen Effekt die Entscheidung haben wird, die Möglichkeit zum Bezug von Kurzarbeitergeld zu verlängern. Im günstigeren Fall nimmt die Wirtschaft die Verordnung als einen Zugewinn von Planungssicherheit und Stabilität wahr – für jenen Zeitraum, der noch vergehen wird, ehe Deutschland aus seiner wirtschaftlichen Schwächephase herauskommt. Diesen Effekt will die Bundesregierung mit der Verlängerung erreichen.

Das Risiko dabei ist jedoch eine stärkere Krisenwahrnehmung, die aus der zeitlichen Nähe zur Corona-Pandemie resultieren könnte. Immerhin war Kurzarbeit einer der zentralen Ansätze für die deutsche Bundesregierung, um den betroffenen Unternehmen durch die Krise zu helfen. Kurzarbeit jetzt erneut stärker zu unterstützen, könnte auch als Signal wahrgenommen werden, dass das Ausmaß der derzeitigen Wirtschaftskrise jenes der Corona-Krise erreicht habe.

Jedoch bestehen zwischen der nunmehrigen Kurzarbeitergeld-Regelung und jener der Corona-Jahre einige Unterschiede. Während der Pandemie reichte es aus, dass zehn Prozent der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen waren, um Kurzarbeitergeld beantragen zu können. Mit einem Drittel der Beschäftigten ist die Hürde seit dem 1.7.2023 wieder deutlich höher. Diese bleibt 2025 unverändert.

Höhere Hürden seit Juli 2023 bleiben aufrecht

Auch gab es bei Unternehmen mit Arbeitszeitkonten in der Corona-Zeit keine Verpflichtung, Minusstunden aufzubauen, ehe Kurzarbeitergeld beantragt werden konnte. Diese ist mit Ende der Corona-Sonderregelung wieder zurückgekehrt. Anders als während der Pandemie sind auch Leiharbeitnehmer von der neuen Regelung ausgenommen.

Vor allem aber ist eine gestaffelte Erhöhung beim Kurzarbeitergeld auch 2025 nicht vorgesehen. Unter Corona-Bedingungen stieg der erstattete Anteil von 60 oder – wenn Kinder vorhanden waren – 67 ab dem vierten Monat auf 70 oder 77 Prozent. Ab dem siebenten waren es sogar 80 beziehungsweise 87 Prozent.

 



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