„Krieg bis spätestens 2025 beenden“: Selenskyj wirbt auf Europatour für „Siegesplan“

Der große Ukraine-Gipfel in Ramstein fällt wegen der Absage des US-Präsidenten aus. Selenskyj kommt trotzdem nach Deutschland, zu seinem zweitwichtigsten Waffenlieferanten.
Für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj ist es eine entscheidende Reise zu den großen europäischen Verbündeten.
Für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj ist es eine entscheidende Reise zu den großen europäischen Verbündeten.Foto: Kin Cheung/AP/dpa
Epoch Times11. Oktober 2024

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Auf seiner Tour durch Europa besucht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach London, Paris und Rom heute Berlin. Am Donnerstagabend traf Selenskyj in Rom Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Für Freitagmorgen ist noch eine Audienz bei Papst Franziskus im Vatikan geplant.

Selenskyj will bis Dezember Veränderungen in „Richtung Frieden“

Selenskyj wirbt auf seiner Europatour für seinen sogenannten „Siegesplan“, von dem bisher nicht viel bekannt ist. Es gehe darum, Bedingungen „für ein gerechtes Ende des Krieges“ zu schaffen, sagte er am Donnerstag in London. Zuvor hatte er bei einem Ukraine-Südosteuropa-Gipfel im kroatischen Dubrovnik deutlich gemacht, dass er die nächsten Monate für entscheidend hält. „Im Oktober, November und Dezember haben wir eine reale Chance, die Dinge in Richtung Frieden und dauerhafter Stabilität hin zu verändern.“ Die Situation auf dem Schlachtfeld erlaube es, den Krieg spätestens 2025 zu beenden.

Unter einem gerechten Kriegsende versteht Selenskyj den Rückzug russischer Truppen aus den besetzten Gebieten. Die ukrainische Staatsführung wies einen italienischen Medienbericht zurück, wonach Kiew zu einem Waffenstillstand entlang der derzeitigen Frontlinie bereit sei. „Eine Feuereinstellung ist kein Thema unserer Beratungen mit den Verbündeten, und wir sprechen nicht darüber“, sagte Selenskyj nach seinen Gesprächen mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron in Paris. Auf russischer Seite gibt es ebenfalls keine Anzeichen dafür, im Krieg gegen die Ukraine zurückzuweichen.

Italien will im Juli 2025 eine Wiederaufbau-Konferenz für die Ukraine ausrichten. Die Konferenz werde am 10. und 11. Juli 2025 stattfinden, sagte die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Donnerstag. „Die Ukraine ist nicht allein, und wir werden ihr zur Seite stehen, solange es nötig ist“, sagte Meloni in Rom weiter.

Zwei Deutschland-Besuche in fünf Wochen

Eigentlich wollte Selenskyj am Samstag an einem Ukraine-Gipfel mit 50 verbündeten Ländern auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein teilnehmen. Nach der Absage von US-Präsident Joe Biden wegen des Hurrikans „Milton“ wurde der Gipfel aber verschoben. Statt Biden kommt nun Selenskyj zu einem bilateralen Besuch nach Berlin.

Es ist der zweite Deutschland-Besuch des ukrainischen Präsidenten innerhalb von fünf Wochen und das dritte persönliche Gespräch mit Scholz in diesem Zeitraum. Anfang September hatte Selenskyj an einem Verteidigungsministertreffen der Verbündeten in Ramstein teilgenommen und Scholz in Frankfurt am Main getroffen. Nur drei Wochen später kamen die beiden dann noch einmal kurz vor der UN-Generalversammlung in New York zu einem Gespräch zusammen.

59 Prozent wünschen sich Telefonat von Scholz und Putin

Deutschland ist der zweitwichtigste Waffenlieferant der Ukraine nach den USA. Der Kanzler hat immer wieder deutlich gemacht, dass er dafür nach fast zwei Jahren Funkstille auch grundsätzlich bereit ist, wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sprechen. Eine klare Mehrheit der Deutschen hält das für richtig. Nach einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur wünschen sich 59 Prozent ein Telefonat der beiden, in Ostdeutschland sind es sogar 68 Prozent.

Gespalten sind die Deutschen in der Frage, ob die Ukraine für Frieden mit Russland auf einen Teil ihres Staatsgebiets verzichten sollte. 39 Prozent sagen, sie sollte keinen Zentimeter preisgeben. 22 Prozent meinen dagegen, die Ukraine sollte auf die bereits 2014 von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim verzichten. Weitere 23 Prozent plädieren sogar dafür, dass Kiew neben der Krim auch Gebiete aufgeben sollte, die seit der Invasion im Februar 2022 von Russland besetzt wurden. Zusammen sind also 45 Prozent für einen Gebietsverzicht.

Uneinigkeit bei Erlaubnis für weitreichende Waffen

Uneinigkeit besteht auch in der Frage, ob die Ukraine die Erlaubnis erhalten sollte, mit weitreichenden westlichen Waffen bis tief in russisches Territorium zu schießen. 42 Prozent sind eher dafür und 43 Prozent eher dagegen.

Der ukrainische Präsident fordert von den westlichen Verbündeten schon seit langem eine solche Erlaubnis. Scholz sieht das skeptisch. Anders als die USA, Großbritannien und Frankreich hat Deutschland weitreichende Waffen erst gar nicht geliefert. Den Marschflugkörper „Taurus“ mit einer Reichweite von 500 Kilometern will Scholz nicht bereitstellen, weil er befürchtet, dass Deutschland und die Nato dann in den Krieg hineingezogen werden könnten.

Forderungen nach „Taurus“ verstummen nicht

Die Forderungen nach einer Lieferung weitreichender Waffen auch aus Deutschland verstummen aber nicht. Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter sagte der „Rheinischen Post“ vor dem Treffen von Scholz und Selenskyj: „Wir müssen deutlich mehr Luftverteidigung, Munition und weitreichende Waffen an die Ukraine liefern. Reichweitenbeschränkungen gelieferter Waffen tragen nicht zur Deeskalation bei, sondern ermöglichen weitere russische Angriffe.“

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), kritisierte, dass Scholz anders als die USA, Großbritannien und Frankreich auf die Lieferung weitreichender Waffen verzichtet.

Auch der CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul erneuerte seine Forderung, der Ukraine deutsche Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen. „Die Lieferung von Taurus wäre eine wichtige Hilfe. Das zeigen die erfolgreichen ukrainischen Angriffe auf russische Depots weit im Hinterland durch Marschflugkörper mit vergleichbarer Schlagkraft.“ (dpa/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion