Krankenkassen sprechen sich für Erhalt von telefonischer Krankschreibung aus
Nach Forderungen nach einer Abschaffung der telefonischen Krankschreibung haben sich die Vorstandsvorsitzenden von AOK und der Techniker Krankenkasse (TK) für einen Erhalt der Möglichkeit ausgesprochen. „Die Erfahrungen aus der Pandemie haben gezeigt, dass die telefonische Krankschreibung verantwortungsvoll genutzt wurde und eine Möglichkeit sein kann, die Arztpraxen gerade in Infektionswellen zu entlasten und zu einer Reduzierung von Kontakten mit erkrankten Personen beizutragen“, sagte AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann den Zeitungen des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“ (RND; Dienstagsausgaben).
Verantwortungsvoller Umgang
„Daher sollte diese Möglichkeit, die der Gemeinsame Bundesausschuss im Dezember 2023 dauerhaft beschlossen hat, aus meiner Sicht beibehalten werden“, forderte Reimann. „Für den hohen Krankenstand der letzten Monate und Jahre gibt es eine Vielzahl von Gründen. Die telefonische Krankschreibung gehört nach allem, was wir wissen, nicht dazu“, fuhr sie fort.
„Verschiedene Auswertungen des wissenschaftlichen Instituts der AOK zu den Fehlzeiten in der Pandemie lassen den Schluss zu, dass mit der damals neu eingeführten Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung sehr verantwortungsvoll umgegangen worden ist“, sagte Reimann weiter. „Weder 2020 noch 2021 waren im Zusammenhang mit der damals neu eingeführten Option höhere Krankenstände zu sehen.“
Ähnlich sieht das Jens Baas, der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse. In der Praxis anzurufen, anstatt krank im Wartezimmer sitzen zu müssen, entlaste das Praxispersonal und reduziere die Ansteckungsgefahr, sagte er. Das sei hauptsächlich „in der Erkältungssaison sinnvoll“.
Eine Krankmeldung per Anruf könne zwar „niedrigschwelliger als der Gang in die Arztpraxis“ sein, sei aber auch nur für die der Praxis bekannten Patientinnen und Patienten möglich, fuhr Baas fort. „In der Abwägung bringt die telefonische Krankschreibung aus meiner Sicht mehr Vorteile mit sich.“
Angesichts des hohen Krankenstandes war zuvor die Debatte um die während der Corona-Pandemie eingeführte Möglichkeit zur Krankschreibung per Telefon wieder aufgeflammt. Unter anderem Finanzminister Christian Lindner (FDP) und das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft sprachen sich dafür aus, diese Möglichkeit wieder einzuschränken.
Eine der wenigen erfolgreichen politischen Entbürokratisierungsmaßnahmen
Ärztevertreter kritisierten die Forderungen nach einer Abschaffung. So sagt etwa Jens Lassen, Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands Schleswig-Holstein: „Es wäre total hanebüchen, diese Maßnahme jetzt wieder abzuschaffen.“ Er nannte die Einführung der telefonischen Krankschreibung medizinisch und versorgungspolitisch eine richtige und sinnvolle Entscheidung, schreibt der „Norddeutsche Rundfunk“ (NDR) auf seiner Internetseite.
Damit würden Bürokratie und die ohnehin hohe Arbeitsbelastung in den Arztpraxen reduziert. Er begründete seine Haltung mit klar definierten Regelungen. So werde via Telefon maximal für fünf Tage krankgeschrieben. Voraussetzungen: Die Anrufer müssten der Praxis bekannt sein, zudem dürften keine schweren Symptome vorliegen.
Lassen wies die Unterstellung zurück, dass Patienten die bequeme Möglichkeit ausnutzten, um blau zu machen. „Wir schreiben doch jetzt nicht einfach völlig unkontrolliert in großem Stile krank“, betonte er.
Kritisch über die Fortführung der telefonischen Krankmeldung äußerte sich hingegen Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), gegenüber der „Rheinischen Post“ (RP). „Lasst uns zurückkehren zum bewährten Verfahren. Ungerechtfertigte Praktiken von digitalen Geschäftemachern müssen unterbunden werden. Das lässt Missbrauch wahrscheinlich erscheinen“, fürchtet er.
Missbrauch könne sie nicht bestätigen, sagte die Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, Nicola Buhlinger-Göpfarth. Stattdessen lobt sie die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung als „eine der ganz wenigen erfolgreichen politischen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens“. Eine Abschaffung nannte sie „schlichtweg absurd“.
Der Krankenstand steuert in diesem Jahr auf einen neuen Höchstwert zu, schreiben Agenturen. Experten machen dafür neben zahlreichen Atemwegserkrankungen auch die elektronische Krankschreibung verantwortlich – allerdings vor allem wegen der zuverlässigeren statistischen Erfassung der Krankheitstage.
(Mit Material von Agenturen)
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