Krankenhausreform: Gutachter warnen vor Nachteilen für Patienten und Kliniken

Fast jeder zweite Patient befürchtet laut einer Umfrage längere Wartezeiten für Operationen im Zuge der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Krankenhausreform. Wie ein Gutachten des Verbands der Privaten Krankenversicherung zeigt, ist diese Befürchtung nicht unbegründet.
Lange Wartezeiten für Patienten könnten mit der geplanten Krankenhausreform zukünftig zum Alltag von Patienten gehören. Foto: iStock
Lange Wartezeiten für Patienten könnten mit der geplanten Krankenhausreform zukünftig zum Alltag von Patienten gehören.Foto: iStock
Von 17. September 2023

Beinbruch, Mandel-OP, Krebsbehandlung. Bislang wurden Krankenhäuser nach Fallpauschalen und somit nach der Anzahl der behandelten Patienten bezahlt. Durch die geplante Krankenhausreform sollen künftig eine Reihe von Behandlungen nur noch von bestimmten Kliniken angeboten werden. Vor allem ältere Patienten verbinden dies mit einer deutlich längeren Wartezeit auf einen notwendigen Operationstermin. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage von 1.200 Bundesbürgern hervor, die im Auftrag der Asklepios Kliniken durchgeführt wurde.

Zwei Drittel der Befragten sind bereit, maximal vier Wochen auf einen Termin zu warten, bevor sie sich nach einer anderen Klinik umschauen. Fast die Hälfte der Befragten wäre jedoch bereit, die Wartezeit durch eine Zuzahlung zu reduzieren. Knapp die Hälfte lehnt eine solche Bezahlung hingegen ab.

Krankenhausreform bietet Fehlanreize

Ein im Auftrag des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) erhobenes Gutachten gibt Grund zur Annahme, dass sich die Krankenhausreform nachteilig auf das Patientenwohl auswirkt. Nach den im Eckpunktepapier aufgeführten Rahmenbedingungen zur Krankenhausreform sollen sich die Einnahmen der Krankenhäuser zukünftig zu 60 Prozent an Vorhaltekosten für Personal und Technik orientieren, einer Strategie, die als Vorhaltevergütung bezeichnet wird.

Durch die geplante Vorhaltevergütung seien „gravierende Fehlanreize“ zu erwarten, schreiben die Gutachter. Die Gesundheitsökonomen sehen die Gefahr, „dass Anreize zur Reduktion der Leistungsmenge entstehen und das Risiko für Unterversorgung und Wartelisten erhöht wird“.

Durch die vorgeschlagene Vorhaltevergütung würden sich zahlreiche neue Optionen ergeben, „das System unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten und losgelöst vom Bedarf zu optimieren“. So bestünde die Gefahr, dass durch die Vorhaltefinanzierung Anreize zur Reduktion der Leistungsmenge entstünden, wodurch das Risiko für Unterversorgung und Wartelisten steige.

Kein Schutz für Klinikbestand

Das grundlegende Problem – die unzureichende Übernahme der Investitionskostenfinanzierung durch die Bundesländer – werde durch die Krankenhausreform laut Gutachten nicht gelöst.

„Im Jahr 2021 bezifferte sich die Investitionslücke auf rund 3,4 Milliarden Euro. Solange die Bundesländer ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, wird auch trotz der Reform die strukturelle Unterfinanzierung des Krankenhaussektors fortbestehen“, warnen die Gutachter. Im Gegenteil, die unzureichende Finanzierung könne sich zulasten der Krankenhausträger, der Kostenträger sowie Patienten sogar weiter manifestieren.

Weiterhin betrachten die Gutachter die im Eckpunktepapier zugesagte Kostenneutralität der Reform als unrealistisch. Es gebe zahlreiche Anhaltspunkte, dass die Umsetzung der Krankenhausreform nicht kostenneutral erfolgen könne.

Zwar halte auch der PKV eine Krankenhausreform für nötig, doch eine Vorhaltefinanzierung nach dem Motto „Geld ohne Leistung“ berge große Gefahren. Kliniken würden sich dann weniger am Bedarf der Patienten ausrichten, sondern mehr an bürokratischen Verteilungskriterien orientieren. Deswegen schlägt der PKV vor, die Vorhaltepauschalen deutlich geringer anzusetzen, und plädiert für einen „behutsamen Einstieg“ in das neue Vergütungssystem.



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