Kraftwerke für wenige Tage im Jahr? Habeck-Pläne zum Stromsystem lassen Fragen zu Kosten offen

Bis Ende August will Minister Habeck sein jüngst präsentiertes Konzept für eine Reform des Stromsystems einer öffentlichen Konsultation unterziehen. Dieses fasst im Kern bereits während der vergangenen Jahre diskutierte Vorschläge zusammen. Über die Kosten ist wenig bekannt.
Beeindruckt von der Start-up-Idee: Wirtschaftsminister Habeck.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 4. August 2024

Wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Freitag, 2. August, mitteilte, läuft derzeit eine Konsultation über dessen Pläne zur Reform des Stromsystems. Noch bis Ende August wird es um einen „neuen Kapazitätsmechanismus“ und ein „Strommarktdesign“ gehen, das die Stromversorgung in Deutschland sicher, bezahlbar und klimaneutral halten soll.

Die zentralen Fragen, die Habeck mit seinem Vorstoß beantworten möchte, kreisen um die Verfügbarkeit von Versorgungsreserven in Phasen ohne ausreichende Versorgung durch erneuerbare Energieträger. Außerdem soll die Steuerung des Verbrauchs optimiert werden. Die Endkunden sollen erkennen können, zu welchem Zeitpunkt es am günstigsten ist, Strom zu verbrauchen.

Habeck will Gaskraftwerke mit Umrüstungskapazitäten aufbauen

Bis 2028 soll der Kapazitätsmechanismus umgesetzt sein, zu dem Habeck unterschiedliche Modelle zur Diskussion stellt. Er soll die Abhängigkeit von Importen sowie von Kohle und Gas beenden und Wind und Sonne zu den primären Trägern der Energieversorgung in Deutschland machen. Für Phasen, in denen weder Wind noch Sonne verfügbar sind, will der Minister ein Netz von „flexiblen“ Kraftwerken schaffen.

Perspektivisch sollen es mit grünem Wasserstoff betriebene Kraftwerke sein, die immer dann produzieren sollen, wenn die Kapazitäten der Erneuerbaren nicht ausreichen. Nur dann soll der Wasserstoff verfeuert werden, für den bislang weder ein eigenes Netz noch ausreichende Produktionsanlagen in Sicht sind.

Deshalb soll zunächst der Bau weiterer Gaskraftwerke mit einer Leistung von insgesamt fünf Gigawatt ausgeschrieben werden. Diese sollen jedoch umgehend ihren eigenen Ausbau hin zur Wasserstofffähigkeit in Angriff nehmen und ab dem achten Jahr mit diesen betrieben werden können. Andernfalls drohen Strafzahlungen und die Verpflichtung zur Rückzahlung gewährter Fördermittel für grünen und blauen Wasserstoff.

Bezug von grünem Wasserstoff aus Norwegen noch offen

Weiter sollen Kraftwerke entstehen, die von Beginn an mit Wasserstoff betrieben werden können und eine Leistung von 500 Megawatt gewährleisten sollen. Außerdem sollen einige bereits bestehende Gaskraftwerke mit einem Leistungsvolumen modernisiert werden, damit auch sie mit Wasserstoff laufen können.

Bereits im Vorjahr hatte Bundeskanzler Olaf Scholz ein ähnliches Modell skizziert und auf Erfahrungswerte aus Belgien hingewiesen, die für eine Tragfähigkeit des Konzepts sprächen. Ob die damals abgeklungene Versorgung bis 2030 mit grünem Wasserstoff aus Norwegen damit vom Tisch ist, bleibt offen.

Das Habeck-Ministerium hatte damals erklärt, das Land könne bis zu diesem Zeitpunkt etwa 50 Terawattstunden grünen Wasserstoffs liefern – bis 2040 sogar 150. Allerdings gab es damals bereits Bedenken aus Brüssel aufgrund des hohen Aufwandes an Subventionen, die das Konzept erfordern würde.

Experten sehen enormen Investitionsaufwand und Teuerungspotenziale

Generell hält sich Habeck bedeckt bezüglich der zu erwartenden Kosten für die Umsetzung des Konzepts – und darüber, wie sich dieses auf den Strompreis von Unternehmen und Verbrauchern auswirken wird. Deutlicher werden Experten. So ging das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) im Januar 2024 davon aus, dass der Aufbau der Kraftwerkskapazitäten für den Reservebetrieb bis 2030 rund 60 zusätzliche Milliarden Euro erfordern würde.

Mit 200 Euro pro Megawattstunde sei der durchschnittliche prognostizierte Preis für Strom aus Wasserstoff bis 2030 zudem deutlich teurer als jener aus Erdgas – selbst unter Berücksichtigung der CO₂-Bepreisung.

Wie der Strompreis dadurch für die Bürger günstiger werden soll, verrät Habeck nicht. Er verweist zwar an anderer Stelle auf den geplanten flächendeckenden Einbau von Smart Metern. Diese sollen Kunden helfen, Strom dann zu verbrauchen, wann dieser am günstigsten ist. Der Effekt ist jedoch unklar. Bestimmte Unternehmen oder berufstätige Personen dürften nur bedingt in der Lage sein, Tätigkeiten etwa in die frühen Morgenstunden zu verlegen.

Habeck spricht kaum über die Kosten

Auch ist nicht absehbar, ob die Bedingungen für potenzielle Betreiber von Reservekraftwerken attraktiv genug sein werden, um sich zu diesem bereit zu erklären. Der Gedanke, gewinnbringend Kraftwerke zu betreiben, die lediglich an wenigen Tagen im Jahr Strom produzieren, erscheint bislang vielen Energieunternehmen als fremdartig. Dies ist einer der Gründe, warum diese sich überwiegend noch reserviert zeigen.

In dem Papier aus dem Habeck-Ministerium ist auch deshalb wenig von Kosten die Rede. Es wird lediglich darauf verwiesen, welche Faktoren diese beeinflussen könnten. Dazu zählten etwa die Ergebnisse der Ausschreibungen und die Preisentwicklung beim Wasserstoff. Einen Teil des Vorhabens will der Minister über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanzieren. Die Förderung der neuen Gaskraftwerke soll hingegen über eine Umlage finanziert werden. Stromkunden ahnen, was das am Ende für sie bedeuten dürfte.



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